Gottorf

Schloß Gottorf und dessen Umgebung

von T. Bracklow

Hamburg. B. S. Behrendsohn

1847.

 

 

I.

Schwerlich giebt es in ganz Europa einen Ort, der so überschwänglich reich wäre an geschichtlichen Begebenheiten, als die nächste Umgegend des Schlosses Gottorf und zum Theil dieses Gebäude selbst. Ein ganzes Jahrtausend hindurch wurde fast fortwährend auf diesem Fleckchen Erde für die Freiheit eines kleinen Völkchens, oder für die Leidenschaften und die gegründeten oder nicht gegründeten Ansprüche irgend eines Fürsten gekämpft.

 

Trat auch einmal Ruhe ein, vielleicht gar für ein oder zwei Decennien, so war es immer nur in Folge gänzlicher Erschöpfung, oder derjenige Theil, der im Besitz dieses Eris-Apfels war, fand es gerade für den Augenblick nicht der Klugheit gemäß, Etwas mit den Waffen gegen den Theil zu unternehmen, der während dessen den habsüchtigen Blick darauf gerichtet hatte; suchte aber ganz im Stillen den günstigen Augenblick wo dies geschehen konnte herbeizuführen.

 

Auch jetzt tönt dort das Geklirre der Waffen nicht durch die Marken: aber unheilschwangere Wolken lagern bereits, herangezogen durch den hochaufgethürmten elektrischen Brennstoff auf diesem Fleckchen Erde , über demselben. Ein Blitz von Oben, und eine furchtbare Explosion erschüttert weit umher die Lande.

 

Dieses Schloß Gottorf liegt auf einer kleinen Insel der Schlei und präsentirt seine sehr hübsche südliche Fronte, die Friedrich IV. 1689 bauen ließ, dem Theile

 

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der Stadt Schleswig, welcher den Friedrichsberg mit dem Lollfuß verbindet; dieser Stadttheil heißt der große Damm, liegt südöstlich vom Schlosse und ist mit alten hohen Bäumen geschmückt. Eine hölzerne und eine steinerne Brücke verbinden die Schloß-Insel mit diesem Damm. Die nördliche Seite des Schlosses umgeben waldige Anhöhen, an denen hinauf sich der fürstliche Garten, Neuwerk genannt, zieht.


Einfügung: Gottorf Barockgarten



Vom westlichen Flügel des Gebäudes läßt eine freie Fläche die Waldung mehr in den Hintergrund treten und verschönert so die Aussicht. Schleswig liegt in einem Halbkreise am westlichen Ende der Schlei, zwischen den Städten Rendsburg und Flensburg, und übertrifft an Alter selbst Hamburg. Die Altstadt war in ältesten Zeiten ein Dorf, lag höchst wahrscheinlich auf der kleinen, jetzt unter dem Namen Holm bekannten Insel, und wurde Sliesdorf, auch wohl Slasvuik genannt.

 

Schon isländische Schriftsteller erwähnen der Stadt unter dem Namen Slesviko oder auch Heidebu.


Einfügung: Haitabu-Lageplan



Letztere Benennung wurde dem Orte wahrscheinlich deshalb gegeben, weil die wenigen Anbauungen am jenseitigen Ufer welche Heidebu oder Haddebye *) hießen, durch zwei Brücken mit Schleswig verbunden waren. In ihrer Mitte lag der Möveberg, auf welchem später die Jürgensburg erbaut wurde.

 

Schon im achten und neunten Jahrhundert war dieser Ort wegen seines Handels wichtig, und besonders pflegten ihn Russen sehr häufig mit ihren Schiffen zu besuchen. Auf dem Mövenberge lag die Jürgensburg und war die Residenz der Herzöge von Schleswig, bevor Gottorf dazu eingerichtet war, weshalb sie bis zum Jahre 1291 die alte Burg genannt ward.

 

Im Anfange des neunten Jahrhunderts zerstörte Gottfried, der Sohn des südjūtischen Königs Gorm,

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*) lies. Haddebű.

 

 

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eine ohnweit Wismar belegene Handelsstadt, Rerik oder Rorik genannt, und führte die reichsten und angesehesten Einwohner derselben, namentlich Kaufleute, nach Schleswig, durch welche der Handel bald um so eifriger gefördert wurde. Nach Christiani fand dies 801 statt. Derselbe Fürst führte 808 den hohen, von der Ostsee bis zur Eider laufenden Erddamm, welcher später unter dem Namen Dannawirk so berühmt geworden ist, auf. Da dieses eigenthümliche Festungswerk in der Geschichte eine so außerordentlich wichtige Rolle spielt, möge hier eine nähere Beschreibung desselben, nach Schröder's Topographie von Schleswig, erfolgen. Die ursprüngliche Länge des Dannawirk reichte wahrscheinlich nur vom Dannawirker-See bis an den Krummwall bei Kurburg. Ein anderer, weiter nach Westen laufender Theil, welcher durch sumpfige Wiesen, bis nach Hollingstedt, wo er vormals mit einer viereckigen Schanze endigte, fortläuft, wird höchst wahrscheinlich später von der Königin Thyra Danebod aufgeführt worden sein, indem diese westliche Strecke bei Gottfried's Zeiten durch Sumpf und Wald genugsam gesichert gewesen sein mag. Die übrigen Theile sind theils von Waldemar I. und Knud IV., theils von der Königin Margaretha angelegt und verbessert; der östliche Theil des Werkes führt auch, bis auf den heutigen Tag den Namen Margarethen-Wall. Dieser Wall liegt südlich von Schleswig und seine ganze Länge, vom Selker-Moor bis Hollingstedt, beträgt über zwei Meilen.

 

Ein Thor führte, dort wo das Dorf Hollingstedt liegt, durch den Wald und war durch ein Blockhaus stark befestigt. Nach Andern soll ein zweites Thor, dort wo jetzt die Landstraße von Flendsburg nach Rendsburg den Wall durchschneidet, befindlich und durch eine Schanze mit einem Thurm vertheidigt gewesen sein. Der Thurm war auf einer Grundlage von über einander gelegten, angebrannten Bohlen erbaut; von der

 

 

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Schanze sind noch Spuren vorhanden. Die neuern Theile des Werkes sind theils aus Steinen, theils aus Palisadenwerk aufgeführt und mit Außenwerken, Schanzen und Thürmen versehen gewesen.


Einfügung: Danewerk-Lageplan



Die Höhe desselben war nicht überall gleich; der Burgwall jedoch, einer der Theile des Walles, die sich bis jetzt am besten erhalten haben, ist durchschnittlich 35 Fuß hoch.


Einfügung: Danewerk - Waldemars Wallstück von 1170



Der ganze Wall war außerdem an der Südseite durch einen breiten Graben noch mehr gedeckt.

 

Der Zweck dieses Bauwerkes war, Schleswig und Jütland gegen die Angriffe der Sachsen zu schützen.

 

Der Begründer der Feste Dannawirk, Gottfried, war lange Carls (genannt der Große) heimlicher Feind gewesen, glaubte sich durch den Wall hinlänglich gegen jeden Angriff in seinem Lande geschützt und griff plötzlich Friesland mit einer Flotte an; verheerte die Insel, schlug die Friesen dreimal und erpreßte 100 Pfund Silber von ihnen. Hierauf drohte er die kaiserliche Residenz Aachen zu zerstören und das Reich zu erobern; ehe er seine Drohungen vollführen konnte gewann man von irgend einer Seite einen Krieger Gottfrieds und Dieser mordete ihn meuchlings auf der Falkenjagd. Dies geschah 810.

 

Um Irrthümern vorzubeugen muß ich bemerken, daß die Könige von Jütland keine Könige von Dänemark waren, denn ein einziges Dänemark, zu welchem Jütland gehörte, bestand damals noch nicht; ja, nicht einmal ganz Jütland stand unter einem Könige, und die Könige von Südjütland beherrschten das Herzogthum Schleswig, das von dort, wo Kolding jetzt liegt, bis an das Dannawirk reichte.

 

Die erste Schlacht bei Schleswig, von der die Sage meldet, soll 850 bei dem Dorfe Selk stattgefunden haben, zwischen den Söhnen des Dänenkönigs Regner Lodbrog's,

 

 

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Sivard und Björn und dem Könige Sigward; die Schlacht soll sehr blutig gewesen und die bei dem Dorfe noch jetzt befindlichen Grabhügel, die Denkmäler derselben sein. In den dänischen Sagen finde ich nur Sivard genannt und die Sache folgendermaßen geschildert:

 

Regner Lodbrog's Sohn Sivard, zog gegen die Sachsen, die in Schleswig eingedrungen waren, zu Felde und gewann bei dem Dorfe Selk mit vieler Mühe den Sieg nach einer blutigen Schlacht. Sein Bruder Ivar führte ihm eine Flotte von 1500 Schiffen zu Hülfe, die ganze Flotte aber wurde von den Sachsen, Wenden und Obotriten total vernichtet. Der Sachsenkönig Ismar war sein Besieger. Hierauf mußte sich Sivard zurückziehen, ward aber in einem Walde bei Kolding von den Sachsen, die sich auch jetzt mit den Schleswigern vereinigt hatten, eingeholt und sein ganzes Heer vernichtet. Sein Sohn Jarmerik wurde gefangen und als Sklave verkauft und er mußte sich verpflichten den Sachsen Schatzung zu bezahlen.“

 

Die ganze folgende Zeit bis 855 schlugen sich die Fürsten aus verschiedenen südjütischen Stämmen um den Besitz Schleswig's. Zu jener Zeit aber bestieg Gorm den Gamle (der Alte), den Königsthron in Ledra (der Königssitz auf Seeland hieß Ledra), und er bezwang alle kleinen jütländischen Fürsten; einer isländischen Sage zufolge, soll er seine Herrschaft bis an das Dannawirk ausgedehnt haben. Als er aber so dreist wurde, in die nordalbingischen Marken zu fallen und dort zu rauben und zu morden, trat Heinrich der Vogler, König der Deutschen, 931 gegen den alten Räuber in die Schranken, schlug ihn in einer großen Schlacht, und zwang ihn, forthin Friede zu halten. Zu größerer Sicherheit verpflanzte er eine sächsische Colonie nach Schleswig, legte eine Besatzung hinein und bestellte daselbst einen Markgrafen, der das Gebiet zwischen der

 

 

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Eider und Schlei gegen die Dänen zu beschützen hatte. Im Jahre 948 ward in Schleswig der erste Bischof, Namens Hored oder Jehored, eingesetzt.

 

Den 26. Juli 965 erließ der Kaiser Otto, von Magdeburg aus, einen Freibrief an die zwei dänischen Bischöfe in Ripen und Aarhus und an den Bischof zu Schleswig, durch welchen er ihr damaliges und künftiges Eigenthun in Dänemark und Schleswig von des Kaisers Schatzung und Diensten befreiete; auch ihre Sklaven und Lansten, welche auf ihren Ländereien wohnten, sollten lediglich dem Dienste der Bischöfe verpflichtet und der Gerichtsbarkeit der bischöflichen Vögte allein unterworfen sein; auch außer den Bischöfen Niemandem Dienste leisten. Zugleich schickte er eine Gesandtschaft an den Dänenkönig, um ihn an den Zins zu mahnen.

 

Als Antwort erhielt der Kaiser die Nachricht, daß die Dänen die Mark überfallen, und die von Heinrich nach Schleswig gesetzten sächsischen Colonisten, nebst der geringen Besatzung und den Markgrafen selbst, in genannter Stadt ermordet hätten.

 

Der Kaiser brach alsbald auf, diese Gräuelthat zu rächen, ging unerwartet und unangefochten durch das Dannawirk und bis an das äußerste Meer, den Inseln Morse und Wendil gegenüber. Diese Inseln waren damals durch einen schiffbaren Sund ganz von Jütland getrennt; erst im zwölften Jahrhundert verschloß ihn im Westen eine Sandbank und auf diese Weise ward ein tiefer Meerbusen oder Fiord, der Limfiord genannt, daraus. Auf einer Stelle, der Halbinsel Thyt gegenüber, warf der Kaiser seinen Speer in’s Wasser, zum Zeichen, daß er Besitz von demselben genommen habe; deshalb heißt der Fiord auf dieser Stelle bis auf den heutigen Tag noch der Ottesund.

 

Bei seinem Rückzuge verwüstete der Kaiser das ganze Land mit Feuer und Schwert. Erst dicht an der Gränze trat Harald ihm mit einer Landmacht, die er während

 

 

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deß an der Schleswiger Bucht ausgeschifft hatte, entgegen; es kam zur Schlacht und Harald wurde geschlagen und mußte sein Reich vom Kaiser Otto von Deutschland zu Lehen nehmen. Also 966 wurde Dänemark ein deutsches Lehen. Die Mark wurde gleichfals wieder hergestellt.

 

Im Jahre 973 und 974 begann der Dänenkönig Harald aufs Neue die nordalbingische Gränze zu verheeren und Kaiser Otto III. sah sich genöthigt, diesen Raubanfällen ein Ende zu machen, wie es sein Vater schon 966 gethan hatte. Er rückte gegen die Nordgränze vor, fand das Dannawirk besetzt und selbst Jarl Hakon war mit norwegischen Hülfstruppen anwesend. Der Kaiser kämpfte vier und zwanzig Stunden um den Durchgang durch das Dannawirk und mußte unverrichteter Sache wieder abziehen. Er zog sich nach Holstein zurück, um dort zu überwintern und drohte beim Abzuge, bald wieder zu kommen. Im nächsten Frühling rückte er mit einem weit stärkeren Heere wieder vor, aber Hakon vertheidigte das Dannawirk abermals so nachdrücklich, daß der Kaiser zum zweiten Male die Belagerung aufgeben und seine Truppen einschiffen mußte. Aufgemuntert durch den Grafen Heinrich von Stade und mehre andere Fürsten rückte der Kaiser zum dritten Male vor den verhängnißvollen Wall und nachdem er den Anschlag des Norwegers Claus Trygwäson, der gerade anwesend war, indem er mit einer kleinen Räuberflotte seinen Schwiegervater, den rügischen Lehnskönig Burislef besuchen wollte, befolgte, welcher ihm rieth, durch mit Reisern gefüllte Theer- und Pechtonnen das Holzwerk des Walles anzustecken, vertrieb er die Besatzung und bahnte sich den Durchgang. Es kam in Jütland zur Schlacht und Harald ward geschlagen, worauf er sich auf die Insel Morse im Limfiord flüchtete und von dort aus um Frieden bitten ließ, der denn auch vom Kaiser gewährt wurde. Im Jahre 1036 hob

 

 

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der Kaiser Konrad II. die Markgrafschaft zu Schleswig auf.

 

Der König Magnus von Norwegen landete 1043 mit einem Heere bei Haddebye und lieferte auf der Colbinger Haide einem bis Ripen vorgedrungenen Wendenheer eine siegreiche Schlacht.

 

Der König Harald Haardraade *) von Norwegen beschäftigte sich größtentheils mit Rauben, Brennen und Morden. Bald erschien er hier, bald dort mit seiner Flotte an den dänischen Küsten und die zum Himmel steigenden Flammen der Dörfer und Oerter thaten sein Dasein kund; weshalb man ihn den Blitz des Nordens nannte. Dieser königliche Mordbrenner landete 1050 auch in Jütland, verheerte das ganze Land von der Nordspitze an und überfiel auch Schleswig, übte dort Raub, Mord und Nothzucht aus, führte die vornehmsten Einwohner als Gefangene fort und verbrannte fast die ganze Stadt.

 

Nachdem im Jahre 1066 die Wager- und Obotriterwenden in dem jetzigen Mecklenburg, Lauenburg, Lübeck und Hamburg mit dem Christenthum aufgeräumt hatten, überfielen sie plötzlich Schleswig und zerstörten es gänzlich. Auch die Kirche zu Haddebye wurde der Erde gleich gemacht. Welche ungeheure Wuth die freiheitliebenden Wenden gegen das Christenthum hatten, deren Verbreiter, unter denen sich der Bischof Adalbert von Schleswig besonders hervorthat, sich so anmaßend betrugen, als ob sie unter dem enthirnten und entnervten Gesindel zu Rom gewesen wären, mögen die Leser aus folgender kurzen Schilderung des wendischen Vertilgungskampfes gegen die norddeutschen Christen entnehmen:

 

Der Fürst Gottschalk beförderte eifrig das Christenthum, um sich dafür von dem Kaiser und den übrigen

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*) Hartwaltende.

 

 

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sächsischen Fürsten an fürstlicher Macht und Herrlichkeit bereichern zu lassen und gab allen pfäffischen Forderungen, auf Kosten der freien Unterthanen seines Reiches, stets Gehör, so, daß diese auf das Aeußerste erbittert gegen ihren christlich unchristlich pfäffischen Fürsten wurden. Sie stifteten eine Verschwörung gegen ihn, an deren Spitze sein eigner Schwager Plusso stand. Gottschalk wurde zu Lenzen während des Gottesdienstes überfallen und am Altar erschlagen. Seine Gemahlin, eine dänische Prinzeß, wurde ganz nackend sammt ihren Frauen aus Mecklenburg gejagt; der Priester Eppo wurde gleichfalls am Altar getödtet und viele Christen außer ihm hingerichtet, welche vorzugsweise Hof- und Staats-Aemter bekleideten und auf Kosten des Volkes im Pomp einhergingen. Zu Ratzeburg wurde der Mönch Anperus nebst vielen Andern gesteinigt. Der Bischof Johann von Mecklenburg wurde erst mit Schlägen gemißhandelt, darauf zum Spott durch das ganze Land herumgeführt und endlich auf das Grausamste durch Zerstückelung bei lebendigen Leibe umgebracht. Nichts vermochte den Wuthentbrannten zu widerstehen, die eifrigsten Christen Holsteins und Stormarns wurden hingerichtet und die Andern zu Gefangenen gemacht. Kein Cruzifix blieb unzertrümmert. Darauf verwüsteten sie das ganze Hamburger Gebiet und das Schloß, welches Bernhard II. an der Alster erbaut hatte wie auch die ganze Stadt. Alle Söhne Gottschalk's schlossen sie dann nach der Zerstörung Schleswig's von der Herrschaft aus und erwählten sich den Cruco von der Insel Rügen, einen tapferen Heiden, zum Könige. Die wenigen Christen, die sie am Leben gelassen hatten, mußten ihnen für das nackte Leben Schatzung zahlen. Das war die Rache eines geknechteten Volkes.

 

Im Jahre 1085 lag der fanatische König Knud, (den die Priesterschaft, seines wahnsinnigen Fanatismus wegen und weil er das Land zum Wohle der Kirchen

 

 

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aussog, den Heiligen nannte), in Schleswig, um sich mit einer im Limfiord liegenden Dänischen und norwegischen Flotte nach England zu begeben, in der Absicht, auch dort das fanatische Kirchenregiment nach seiner Weise einzuführen; durch die Nachricht jedoch, daß die Wenden in Cruco's Reich, seinem Lande einen großen Besuch mit Heeresmacht abstatten wollten, wurde er bewogen, die bereits zur Abfahrt bereit liegende Flotte auf seine Ankunft ziemlich lange warten zu lassen, in dem er hoffte, die Wenden durch Unterhandlungen zu bewegen, von ihrem Vorhaben abzustehen. Der damalige Jarl (Statthalter ) von Süd-Jütland, des Königs Bruder, Oluf, führte eine Regierung zum Wohle seiner Unterthanen und erwarb sich dadurch deren Liebe und Achtung. Dies war dem heiligen Knud gar nicht recht, und unter dem Vorwande, daß seine Regierung nicht kirchlich genug sei, fand er beständig Ursache zu tadeln.

 

Dieser Oluf befand sich als Unterbefehlshaber mit auf der Flotte; die Mannschaft derselben, welche eng zusammen gepreßt liegen und auf eigne Kosten zehren mußte, ward über das lange Zögern schwierig. Oluf ließ sich willig finden, die Klagen des Heeres seinem königlichen Bruder vorzutragen. Dieser ward anscheinend so wüthend darüber, daß er seinen Bruder zu binden befahl. Da das Hofgesinde sich schämte, an einem freien Manne Henkersdienste zu verrichten, vollzog ein dritter Bruder, Namens Erich, der nachherige König, das Geschäft des Fesselns mit hocheigner Hand. Der Gefangene wurde dann zu dem Schwiegervater Knud's nach Flandern geschickt und von diesem in engem Gewahrsam gehalten. Auf die Nachricht dieses Gewaltstreiches löste sich die ganze dänische Flotte sofort auf und Knud ging nicht nach England, sondern nach Hause.

 

Schon 1086 kam der König wieder nach Schleswig; diesmal aber als Flüchtling vor der Rache seines, durch Bedrückung empörten Volkes. Er ließ seine Frau

 

 

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mit ihrem junger Sohne mit der Weisung in Schleswig zurück, wenn sie einen schlimmen Ausgang sähe, in ihr Vaterland mit dem jungen Prinzen zu flüchten. Von Schleswig floh er nach Fünen, auch dort verfolgt, wollte er nach Seeland; aber in Odensee, wurde er schon am 10. Juli in der St. Albanskirche am Altar erstochen; auch sein Bruder Benedict und siebzehn seiner Schranzen blieben auf dem Platze. Die königliche Wittwe Edel floh dann mit ihrem Sohne von Schleswig zu ihrem Vater in Flandern.

 

Am Dannawirk fand 1105 ein Gefecht zwischen dem Dänenkönige Niels und dem Wendenkönige Heinrich statt, wodurch diesem das Vordringen in Schleswig gewehrt wurde.

 

Eilif, Jarl von Schleswig, wurde von dem Könige Niels 1113 abgesetzt, weil er dem Könige zu einer Schlacht bei Lübeck die versprochenen Hülfstruppen nicht zuführte und dieser in Folge dessen von den Wenden geschlagen wurde. Von dieser Zeit an bis 1115, wo Knud Lavard Herzog von Schleswig wurde, sah es in dieser Stadt wie in dem ganzen Gebiet zwischen der Schlei und Eider schlimm aus, indem die Friesen, die Dithmarsen und zum Theil die eigenen Bürger der Schleswigschen Ortschaften fortwährend raubten und plünderten. Herzog Knud aber vertrieb die Wenden aus der Jürgensburg, bei welcher Gelegenheit der sieggewohnte Wendenkönig Heinrich zu Pferde durch die Schlei entflohen sein soll. Die Jürgensburg sammt der Blusenburg soll Knud sodann zerstört haben. Die Vertilgung der Räuber ließ sich der Herzog besonders angelegen sein und in Kurzem war auch der Landstrich zwischen Eider und Schlei von diesen gesäubert.

 

Welche Gerechtigkeitsliebe Knud besaß, geht aus Folgendem hervor. Als man mehre gefangene Seeräuber vor ihn brachte, von denen einer aus königlichem Stamme und ein Verwandter des Herzogs war,

 

 

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worauf sich derselbe, in der Absicht ein milderes Urtheil zu erhalten, berief, befahl er, man solle, um den Fürsten zu ehren, diesen an die oberste Spitze des Mastes, seine Complicen aber tief unter ihn hängen, denn seine Verwandten müsse man auszeichnen. Des Herzogs Tapferkeit und Gerechtigkeitsliebe erwarben ihm selbst anscheinend die Gunst seines Oheims, des Königs Niels von Dänemark; er übertrug ihm den Schutz der nahen dänischen Inseln gegen Seeräuber und stattete ihn zu diesem Zwecke auch mit genügender Vollmacht über die Inseln selbst aus, die so weit ging, daß er Statthalter darüber setzen durfte und die Dänen liebten ihn bald wie die Schleswiger. Seine Macht und sein Ansehen wurden noch dadurch vergrößert, daß er, nachdem die Söhne des 1126 verstorbenen Obotritenkönigs Heinrich, nebst einem Enkel desselben im gegenseitigen Kampf um die Erbschaft untergegangen waren, im Jahre 1129 von Kaiser Lothar II. zum Könige der Obotriten gekrönt und was Heinrich als sächsisches Lehen besessen hatte, empfing Knud jetzt als deutsches Reichslehen. Bald gewann sich Knud als Obotritenkönig gleichfalls die Liebe seiner neuen Unterthanen. Welches moralische Gewicht sein Wille in Dänemark hatte, beweist am besten folgender Umstand:

 

Ein Bruder Knud's, der allverhaßte Harald, ließ sich eine feste Burg, gerade Rothschild gegenüber bauen, besetzte diese mit Slaven und raubte und plünderte von hieraus Freunde und Feinde, zur See und zu Lande. Der schwache König Niels sah diesem Allen gelassen zu; doch am Ende vereinigten sich Bürger und Bauer, und stürmten die Haraldsburg. Harald entfloh auf dem Isefiord und seine Habe ward indeß rein ausgeplündert. Einige Hofschranzen riethen dem Herzoge, seinem Bruder durch irgend Etwas zum Rückerwerb seiner Habe behülflich zu sein; aber Knud antwortete: „Mein Bruder gleicht einem Raubvogel, der zuerst mit

 

 

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den Fettfedern vieler anderer Vögel sein Nest bauet und hernach noch ihre Jungen verspeist; mein Grundsatz ist es nun, die Raubthiere auszurotten, aber nicht, ihnen Beute zuzuführen.“ Bald nach diesem Vorfalle brach, von Harald herbeigeführt, eine wüthende Fehde zwischen Diesem und seinem jüngeren Bruder Erich aus, Harald wollte Letzterem nämlich seinen Antheil, am väterlichen Erbe unter dem Vorwande, Erich sei im doppelten Ehebruch erzeugt, vorenthalten. König Niels ließ die Flamme des Bruderkrieges unter seinen Augen ungestört fortlodern; aber Harald forderte ergrimmt hierüber seine beiden Brüder nach Schleswig vor sich zu Gericht, unter der Androhung, Den an seinen Gliedern verstümmeln zu lassen, der nicht erscheinen würde.

 

Beide hielten ihn für fähig, sie selbst von Seeland her in seine Gewalt zu bringen und erschienen wirklich vor ihm. Er hielt ihnen jetzt ihr Unrecht mit strengen Worten vor und theilte dem Erich sein Erbe zu, auch wirkte er ihm die Statthalterschaft über Laaland und mehre kleinen Inseln aus, weshalb Erich dem Knud sehr gewogen wurde und Alles that, durch menschenfreundliche Regierung seiner Unterthanen Knud's Achtung zu erhalten.

 

König Niels hatte mit seiner ersten Gemahlin einen Sohn, Namens Magnus; dieser wurde 1129 in Südgothland zum Könige erwählt. Mit seiner zweiten Gemahlin, der Schwedin Margaretha, König Inge's Tochter, hatte er auch einen Sohn, der aber schon als Knabe beim Reitunterricht umkam; so war also Magnus einziger Erbe. Margaretha war dem Herzoge seiner Tugend wegen gewogen und bewirkte seine Verehelichung mit ihrer Nichte, der russischen Prinzessin Ingeborg.

 

Herzog Bogislav von Polen führte Krieg mit dem Fürsten Wartislav von Pommern, der Dänenkönig half dem Polenherzoge, weil er der Stärkere war und der

 

 

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Pommern Fürst mußte der Uebermacht unterliegen. Er bat den Dänenkönig um Vermittlung eines glimpflichen Friedens und ging bei Strela (Stralsund) auf das Königsschiff. König Niels wollte ihn wider Völker- und Kriegsrecht als Gefangenen behalten, aber Herzog Knud sprach so energisch gegen die unwürdige That, daß der König nicht wagte die Verrätherei zu vollführen und Knud Lavard hatte sich durch seinen Edelmuth einen wichtigen Freund erworben.

 

Dies alles erregte die Eifersucht des Prinzen Magnus und ein Vetter des Herzogs, Prinz Heinrich der Hinkefuß schürte die Leidenschaft; denn er war Knud's Feind, weil auf des Prinzen Magnus Hochzeit, mit der Tochter Bogislav's, zu Ripen, seine Frau in Mannskleidern mit einem jungen Manne durchgebrannt war, und er sie kaum in Aalborg wieder einholen konnte. Da er Knud vorher wegen seines sächsischen Fürstenkleides verhöhnt hatte, glaubte er, Jener habe ihm zum Spotte seine Frau zu jenem Streiche bewogen.

 

Er brachte es mit zwei andern Hofschranzen dahin daß Knud öffentlich vor den Ständen angeklagt wurde, dem Könige nach der Krone getrachtet zu haben. Der edle Knud stand vor dem königlichen Ankläger und vertheidigte sich, sittig auf das Heft seines Schwertes gestützt, gegen die fälschlich erhobene Anklage so geschickt, daß der König ihn auf der Stelle frei sprechen mußte und sich sogleich vornahm, gegen Ohrenbläser auf seiner Huth zu sein.

 

Und in der That, Niels saß nur sicher auf dem Throne Dänemarks durch ihn. Das eben hatte Magnus am wenigsten gewollt, denn in ihm stieg die Furcht auf, daß das Volk nach des Vaters Tode den allverehrten Herzog von Schleswig statt seiner zum Könige erwählen möge und diese Furcht ward durch den vorhin erwähnten Heinrich, durch Ubbo, den der König seit dem Tage der Anklage, statt Knud's Bruder, Erich,

 

 

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zum Statthalter über die kleinen Inseln ernannt hatte, und dessen Sohn Hagen sorgfältig genährt. Magnus beschloß, sich Knud's zu entledigen, und zu diesem Ende verschwor er sich mit den genannten Dreien und dem Schwager Knud's, Namens Hagen, der jedoch als er bemerkte, daß es auf des Herzogs Leben abgesehen sei, aus dem Blutbunde mit den Worten austrat: „Ich will den Plan weder theilen noch ihn verrathen."

 

Während der Berathschlagung legten sich die Verschwornen auf die Erde, um nöthigenfalls die Formel beschwören zu können, daß sie weder stehend noch sitzend jemals das Verderben des Herzogs berathschlagt hätten. Bald nach dieser Berathschlagung sprengten die Verschwornen das Gerücht aus, Magnus wolle nach Palästina wallfahrten, vorher aber eine Versammlung der Familienglieder auf Seeland abhalten. Auch Knud wurde von Magnus eingeladen, im frohen Kreise der Angehörigen das heilige Weihnachtsfest mit zu feiern; besonders, da er, Magnus, beabsichtigte, dem Herzoge sein Weib und Kind zur Obhut und die Verwaltung aller seiner Habe anzuvertrauen.

 

Ohne Argwohn reist Knud zur bestimmten Zeit nach Seeland ab; aber bald erreicht ihn ein warnender Brief seiner Gemahlin, die von dem Mordanschlage durch Freunde unterrichtet worden war, er jedoch hielt eine solche Schandthat seiner Blutsverwandten für unmöglich und den Brief seiner Gemahlin zu ängstlicher ehelicher Zärtlichkeit entsprungen. Er kam in der Rothschilder Königsburg an und vier Tage lang wurden in festlichen Gastereien verlebt. Hierauf ging die Gesellschaft auseinander und die Fürsten nahmen verschiedene Wohnung. Magnus blieb in Rothschild und Knud zog nach dem nahen Haraldstedt, in das Haus des Jarlen Erich von Falster, dessen Frau seine Muhme war. Am 7. Januar 1131, sandte Magnus einen Abgesandten in der Person des sächsischen Sängers Sivard an

Schloß Gottorf.

 

 

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Knud, ihn zu einem vertraulichen Zwiegespräch einzuladen. Knud folgte diesem in Begleitung zweier Krieger, auf deren besondere Anmahnung er auch sein Schwert umgürtete.

 

Der Sänger wollte den Knud gerne warnen, aber er scheuete sich seinen Eid zu brechen, deshalb sang er dem Herzoge ein Lied von der Untreue der schönen Chrimhild gegen ihre Brüder, um ihn ein ähnliches Schicksal fürchten zu lassen und als er dadurch seinen Zweck nicht erreichte, zeigte er dem Schlachtopfer wie von Ohngefähr seinen unter den Kleidern verborgenen Panzer, ohne auch dadurch Knud Mißtrauen einflößen zu können. Am Eingange des Waldes saß Magnus auf einem Baumstumpfen und er stand sofort auf den ankommenden Herzog zu umarmen. Knud fragte den Magnus , warum man einen Panzer unter seinen Kleidern fühle? Dieser schützte vor, einen in der Nähe befindlichen Bauernhof plündern zu wollen. Herzog Knud mahnte ihn ab von solchem Vorhaben als doppelt ungeziemend zur heiligen Weihnachtzeit. Plötzlich aber erscheinen ringsum aus dem Versteck Männer mit klirrenden Waffen und Knud fragt verwundert was diese sollen. Auf diese Frage wirft Knud sofort die freundliche Maske weg und ruft ihm höhnisch als Antwort zu: „ Mit Dir über die Erbfolge im Reiche unterhandeln!" Knud erwiederte: „Lange lebe der König! doch ist hier nicht der Ort von solchen Dingen zu sprechen.“ Da springt Magnus rasch hinzu, packt ihn grimmig am Halse und bevor Knud zur Hälfte sein Schwert gezogen hat, spaltet ihm Magnus den Kopf auseinander. Die Verschworenen springen hinzu und durchbohren noch die Leiche.

 

Acht Tage nach dieser Mordthat gebar die gramgebeugte Wittwe Knud's, Ingeburg, in Schleswig einen Sohn, den sie, nach ihrem verstorbenen Großvater, Wladimir nannte.

 

 

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Des Ermordeten Bruder, Erich, rief das durch den Mord empörte Volk öffentlich zur Rache auf und dieses trug dem Bluträcher Erich die Krone an, aber er verschmähte eine getheilte Herrschaft. Selbst Kaiser Lothar erschien auf diesen Aufruf, die Schandthat zu rächen, mit einem Heer am Dannawirk, ließ sich aber von Magnus durch 4000 Mark Silber, und gegen die Anerkennung der kaiserlichen Lehnsherrschaft über das Königreich Dänemark abkaufen, zog sich vom Dannawirk zurück, und überließ dem Erich allein die Rache . Dieser wurde vom eingetretnen Winter in Schleswig festgehalten und ward auf der zugefrornen Schlei eng belagert. Die Schleswiger boten dem Grafen Adolph II. von Holstein 100 Mark, wenn er sie entsetzen wolle. Magnus bot ihm ebenso viel, wenn er zu Hause zu bleiben verspreche. Die Landschaft aber zog es vor, der bedrängten Stadt zu helfen, aber die Unordnung, in welcher sie den Angriff machten, war Ursache, daß der Versuch mißlang. Erich aber hielt sich bis zum Frübjahr 1132 und entkam, nachdem das Eis fort war, nach Schonen. Um Irrthümern zu begegnen, als habe Magnus nicht das Königreich Dänemark vom Kaiser Lothar II. zu Lehen genommen, sondern sei nur für seine Person kaiserlicher Lehnsmann geworden, muß ich des Umstandes erwähnen, daß Magnus zu Ostern 1134 auf dem kaiserlichen Reichstage zu Halberstadt erschien, die übernommene Lehnspflicht erneuerte, Geißeln für seine Treue stellte und eidlich für sich und seine Nachfolger versprach, die Regierung nur nach eingeholter kaiserlicher Erlaubniß antreten zu wollen, worauf er dann feierlich vom Kaiser zum Könige von Dänemark gekrönt wurde, und am zweiten Ostertage gekrönt dem gekrönten Kaiser das Schwert vortrug.

 

So unglücklich auch Erich anfangs in seinem Versuch das Blut des edlen Knud zu rächen war, so gelang es ihm doch endlich. Kurz vor Weihnacht 1133

 

 

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ließ er den Statthalter Ubbo auf Laland erdrosseln; darauf ging er wieder nach Schonen, bei Lund kam es im Juni 1134 zu einer entscheidenden Schlacht, in welcher Erich siegte. Magnus und Heinrich Hinkefuß blieben auf dem Platze und König Niels entkam schwer verwundet nach Jütland. Aber auch ihn ereilte schon am 25. Juni desselben Jahres die gerechte Rache. Ein angesehener Schleswiger, Boje genannt, versprach dem Könige eine gute Aufnahme in der Stadt, und da der König sich der Neigung der dortigen Geistlichkeit gewiß war, (der Bischof von Schleswig hatte auch in Schonen mit gegen Erich gefochten und war tödtlich verwundet worden) so glaubte er die Abneigung der Einwohner gegen ihn besiegen und sich des wichtigen Plates ganz versichern zu können.

 

Zu der Zeit bestand unter den Handwerkern in Schleswig eine Gilde, die ihre Streitigkeiten durch ein eignes Gericht, Hardesgericht, schlichten ließ.

 

Knud war Vorsteher dieser Gilde gewesen, deshalb nannte sie sich Knudgilde. Eines ihrer Gesetze verordnete, gemeinschaftlich den Tod oder die Beschädigung eines Gildebruders zu rächen. Der König ließ sich nicht warnen, sondern ritt ganz wohlgemuth in die Stadt hinein, indem er meinte, ein König brauche sich vor Schustern und Gerbern nicht zu fürchten. Bei seinem Einzuge empfing ihn die Geistlichkeit mit vielem Pompe, aber die Gildebrüder und mit ihnen andere Bürger stürmten gleich Rachegeistern von einer andern Seite bewaffnet mit dem Rufe: „Rächet Knud!" daher, und der König mußte sich schleunigst in die Königsburg flüchten, die Bluträcher aber eilten ihm nach und erschlugen ihn sammt seiner ganzen Umgebung.

 

Erich, Knud's Bruder, war nun alleiniger König und hier muß ich des Umstandes erwähnen, daß er sich um Pfingsten 1135 vom Kaiser Lothar mit Dänemark belehnen ließ. Kurz bevor dieses geschah, erschien sein

 

 

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Bruder Harald auf dem Landtage zu Urnehöved, fand dort alten Anhang und ließ sich zum Könige ausrufen. Erich der davon unterrichtet war, überraschte ihn zur Nachtzeit in einem Bauerhofe unweit Weile und nahm ihn sammt seiner Frau und seinen Söhnen gefangen, nur Einer, Olav, welcher ehelich geboren war, entwischte in Frauenkleidern. Erich ließ seinen Bruder sofort enthaupten und acht seiner unehelichen Söhne, die er gefesselt mitschleppte, erlitten bald dasselbe Schicksal. König Erich ward hierauf am 18. September 1137 in Ripen, wo er öffentlich Gericht hielt, von einem Jütländer Namens Plog, im Angesicht der ganzen Versammlung mit einem Spieß durchstochen. Der Mörder ging ungestraft davon, weil Erich sich in den letzten Jahren durch Willkür allgemein verhaßt gemacht hatte. In Schleswig hatte Svend seit 1149 festen Fuß gefaßt und umgab diesen Ort mit Wall und Graben, Knud lockte ihn heraus und schlüpfte dann mit seiner wenigen Mannschaft, statt wie Svend vermuthet hatte, sich mit ihm zu schlagen, in die Festung, als er aber bald darauf ein blutiges Treffen bei Thorstrup verlor, mußte er nach Jütland flüchten. Im Jahre 1150 trat der neunzehnjährige Sohn des Knud Lavard, den seine Gemahlin Ingeburg acht Tage nach dessen Ermordung in Schleswig geboren hatte, unter dem Namen Waldemar in die Dienste des Dänenkönigs Svend, der seinen Gegenkönig Knud, Magnus Sohn bekämpfte. Dafür ernannte Svend den Waldemar zum Herzog von Schleswig. Olav aber ernannte einen Sohn des Heinrich Hinkefuß , Knud geheißen, zu seinem Gegenherzog.

 

Knud und Waldemar bekämpften sich aber so heftig, als die beiden Könige, Svend und Knud; aber Waldemar blieb allenthalben Sieger. Svend war jetzt wieder in Schleswig und ließ fleißig an der weiteren Befestigung arbeiten. Sein Gegner Knud erhielt unterdeß die Unterstützung Adolph II. von Holstein, um welche

 

 

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sich Svend vergeblich beworben hatte. Dadurch aufgebracht, unterstützte er eifrig eine Empörung, die ein vornehmer Dithmarse, Etheler, aus Haß gegen Adolph, weil er Heinrich dem Löwen sein Vaterland hatte unterjochen helfen, hervorrief. Etheler fand Anhang, bestach die Vornehmsten von der Umgebung Knud's, der Svend gerade in Schleswig eingeschlossen hielt, daß diese ihn bewegen mußten, plötzlich Frieden mit Svend zu schließen. Sein Vorhaben gelang, Knud zog mit seinem Heere so eilig und so ruhig ab, daß sein Bundesgenosse, Adolph ll. von Holstein, von seinem Rückzuge gar keine Nachricht hatte. Zu seinem Glücke lebten ihm in Schleswig Freunde, die Gelegenheit fanden, ihn von den Vorgefallenen Nachricht zu geben. Jetzt wurde sofort Ordre zum Rückzuge gegeben, und dieser wurde in solcher Eile und Unordnung ausgeführt, daß an der Eider angekommen, sich von dem 4000 Mann starken Heere nur 400 gesammelt fanden. Der Graf wollte sich hier setzen und dem nachrückenden Feinde die Schlacht anbieten; aber während er noch seine Schaaren zum Gefechte zu ordnen suchte, erhielt er Nachricht, daß Etheler mit einer Reiter-Abtheilung den Uebergang bewerkstelligt habe. Er eilte nun, ihn anzugreifen, und obgleich beim ersten Zusammentreffen sein Pferd stürzte, kam er doch unbeschädigt davon und bestand nun einen hitzigen, zweifelhaften Kampf, der nur durch den Ruf eines Holsteiners, man müsse den feindlichen Pferden in die Kniekehle hauen, einen für Adolph günstigen Ausgang gewann. Etheler selbst blieb und als König Svend vom nördlichen Ufer der Schlei diesen Ausgang gewahrte, ging er mit dem Hauptheer nach Schleswig zurück. Von dort aus machte er mit dem Grafen Frieden.

 

Den Verlust den Svend durch Adolph II. erlitten hatte, rächte er noch in demselben Jahre an Knud bei Wiburg, wo dieser, besonders durch Herzog Waldemar's

 

 

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Muth und Tapferkeit in einem Haupttreffen auf's Haupt geschlagen wurde. Waldemar zeigte hier durch seine Besonnenheit eben so viel Feldherrn-Talent, als durch Tapferkeit seine Tüchtigkeit als Soldat. Knud ließ während der Schlacht seine Reiter absitzen und zu Fuße fechten, um sich ihrer Ausdauer zu sichern. Waldemar ließ sie durch kleine Reiter-Trupps ununterbrochen attackiren, wodurch sie fortwährend zur Vertheldigung in dicht geschlossener Ordnung genöthigt und dadurch endlich so ermattet wurden, daß sie sich in die Straßen der Stadt flüchten mußten, wo sie denn in Gefangenschaft geriethen.

 

Knud wurde landflüchtig, kam aber schon 1151 wieder und belagerte Svend und Herzog Waldemar in Wiburg. Diese thaten einen Ausfall, es kam zur Schlacht und abermals errang Waldemar’s Tapferkeit einen glänzenden Sieg. Hierauf floh Knud zu den Nordfriesen und bewog diese dem Svend den Gehorsam aufzusagen. Vorher legten sie in der Nähe von Husum an der Milderaue eine starke Schanze, die Mildenburg genannt, an. Svend zog jütische Reiterei an sich, ließ von Seeland und Fünen Schiffe bringen und diese über Land bei Hollingstedt in die Treene und so in die Eider bringen, um Knud und seinem Anhange jeden Weg zur Flucht abzuschneiden. Die Schanze war mehr von der Natur durch große Sümpfe, als durch Kunst befestigt. Eine Schlachtordnung war in diesen nicht zu entwickeln; deshalb lagerte Svend in einiger Entfernung von der Schanze auf einem geräumigen Platz und ließ in den nahen Waldungen eine Menge Buschwerk hauen und Faschinen anfertigen, um durch die Sümpfe an die Mildenburg zu kommen. Während dieser Beschäftigung kamen einige friesische Jünglinge, setzten an langen Stangen mit gewohnter Geschicklichkeit über das Wasser, durch welches sie von dem königlichen Heere getrennt wurden und begannen mit einzelnen

 

 

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Kriegern desselben zu kämpfen. Bald mischten sich von beiden Seiten mehre in den Streit und die Friesen kamen jetzt in Massen übergesetzt und das ganze Heer lief Gefahr, da man sich gegenseitig immer mehr erhitzte, in einen irregulären Kampf verwickelt zu werden, der bei der Gewandtheit der Friesen höchst wahrscheinlich für die Königlichen schlecht ausgefallen wäre. Dies erwog des Königs Vertrauter, Peter Torstenson, und ließ das Heer unter die Waffen treten mit dem Befehl, den Angriff im Lager abzuwarten. Die Friesen glaubten den König unerwartet im Lager überfallen zu können und vermutheten nichts weniger, als das Heer zur regelmäßigen Gegenwehr bereit zu finden. Ihre Ungeduld riß sie hin, ihre vortheilhafte Stellung zwischen den Sümpfen zu verlassen und einen Gesammtangriff auf das Lager zu machen. Mit großer Heftigkeit wurde dieser unternommen, da sie aber wider alles Vermuthen das Heer zum Widerstande bereit fanden, begannen sie sofort zu weichen. Die Reiterei hieb plötzlich auf sie ein und sie erlitten durch ihre Unvorsichtigkeit eine große Niederlage. Was entkommen konnte warf sich in die Schanze; das Heer aber bahnte sich mit den Faschinen Dämme durch die Sümpfe und setzte ihnen nach. Svend beschloß sofort die Schanze selbst anzugreifen; indem er Knud darin vermuthete, und nicht wußte, daß Dieser nebst einigen Anhängern, gleich nach der ersten Niederlage der Friesen, zu Pferde die Flucht ergriffen hatte. Trotz der einbrechenden Dämmerung begann augenblicklich der Sturm, allein er wurde auf so nachdrückliche Art abgewiesen, daß er sehr wohl fühlen mochte, sein Loos dürfte höchst zweifelhaft gewesen sein, hätten die Friesen nicht jene Unvorsichtigkeit begangen. Dies aber hielt den König nicht ab den Angriff beständig zu erneuern; denn er wollte Sieger sein, bevor andere Friesen den bedrängten Landsleuten zu Hilfe kommen möchten. Die Ermüdeten wurden durch frische Kämpfer

 

 

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ersetzt, für die Verwundeten immer Unverletzte wieder herbeigeführt. Mitten in der Nacht griff eine neue Sturm-Colonne mit ungeheurem Geschrei an; Herzog Waldemar, in der Meinung, die Dänen seien durch frisch hinzu gekommene Friesen angegriffen, haut wie rasend mit einer kleinen Anzahl Tapferer auf die Colonne ein und wird seinen Irrthum erst dann gewahr als dieselbe fast gänzlich niedergemetzelt war. Die auf's Aeußerste gebrachte Besatzung bietet endlich die Uebergabe der Schanze auf Bedingung, Schatzung zu zahlen und Geißel zu stellen, an; Svend, in der Furcht vor Entsatz, zögert nicht auf die Bedingung einzugeben und ehrenvoll und pünktlich hält er ihnen sein Wort, der Besatzung Leben und Freiheit zu schonen. Selbst dem Mörder seines Vaters, Plog, der sich in der Schanze befand, fügte er kein Leid zu. Aber die Friesen mußten sich verpflichten 2000 Pfund zu erlegen. Dies dünkte ihnen so schimpflich, daß sie den Herzog ersuchten, dem Könige den Vorschlag zu machen, er solle ihnen noch eine Schlacht liefern; unterlägen sie dann wieder, so wollten sie 4000 Pfund zahlen, unterläge aber der König, so solle er ihnen den Theil der Abgaben erlassen, den ihnen Knud im Falle des Sieges zu erlassen versprochen hätte. Der Herzog verwies sie aber zur Ruhe. Diese Schlacht fiel 1152 vor. König Svend gelangte endlich zum friedlichen Besitz seines Thrones und zwar durch Hülfe des Herzogs Waldemar von Schleswig, wie einst König Niels durch Hülfe Knuds, des Vaters Waldemar’s. Und gleiches Schicksal suchte der jetzige König von Dänemark seinem Wohlthäter zu spinnen, wie der damalige König es seinem Wohlthäter durch seinen Sohn Magnus bereitet hatte.

 

Saro Gramm sagt: „Als König Svend sich auf seinem Thron gesichert sah, begegnete er seinen Unterthanen mit Verachtung, überließ sich der Schwelgerei,

 

 

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beraubte Waisen und drückte das Land durch harte Auflagen.

 

Auch Waldemarn gab er Ursache zur Beschwerde, indem er ihn mehre Male mit Mühe bewog Bürge bei Verträgen für ihn zu werden, und hernach dieselben nicht hielt. Der Unwille gegen Svend wurde allgemein und steigerte sich noch, als ihm 1153 ein Eroberungszug nach Schweden mißlang. Zu jener Zeit suchte Herzog Knud den Herzog Waldemar zu bewegen, sich mit seiner Halbschwester, der heranblühenden Sophia zu verloben. Diese Sophia war eine Tochter des russischen Fürsten Wladimir, mit welchem sich König Magnus Wittwe, die Tochter des Polenherzogs Boleslav, Richizza geheißen, vermählt hatte. Zur Zeit jedoch, als die Verlobung ihrer Tochter mit dem Herzog Waldemar stattfand, war sie zum dritten Male verheirathet, und zwar diesmal mit dem schwedischen König Sverker. Bald nach dieser Verlobung fand eine zweite zwischen Knud und einer Tochter Sverker's statt; folglich waren Waldemar und Knud jetzt doppelt verschwägert und so der Bluthaß zwischen beiden Familien getilgt. Als Brautschatz wurde dem Waldemar von Knud ein Drittheil aber seiner einstigen Habe versprochen. Von jetzt an hatte König Svend wieder Ursache Knud zu fürchten und auch Waldemar schien ihm jetzt gefährlich, zumal er sich dem Volke immer verhaßter machte, Waldemar dahingegen immer beliebter wurde. Weit entfernt aber, reinen Wohlthäter durch Dankbarkeit wieder für sich zu gewinnen, suchte er den Herzog durch Hinterlist aus dem Wege zu räumen. Den ersten Versuch hierzu machte König Svend, als Waldemar und Knud zusammen von Schweden zurückkamen, wo Knud König Sverker's Tochter geheirathet hatte. Knud ging nach Jütland und Waldemar nach Ringstedt auf Seeland; diesem Letztern folgte Svend, warf ihm Verrätherei und Treulosigkeit vor und zeigte ihm einen untergeschobenen Brief,

 

 

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der den Beweis von Knud's und Waldemar's feindseliger Verbindung mit Schweden gegen ihn enthalten sollte. Ueber diesen hinterlistigen Betrug ward Waldemar so empört, daß es zu hartem Wortwechsel zwischen ihm und dem Könige kam, und der Herzog ihm seine Untreue, Ungerechtigkeit und Undankbarkeit gegen ihn, dem er selbst den endlichen Besitz seines Königreichs verdanke, vorwarf. Darauf befahl der König der Wache, Waldemar zu verhaften; aber diese liebten den braven Herzog mehr, als den lasterhaften König und weigerte kurz und bündig Hand an einen Unschuldigen zu legen. Waldemar ging nach Jütland und klagte vor versammelten Ständen über die Hinterlist des Königs und über die Beleidigung die er von ihm habe erdulden müssen. Die Jütländer rüsteten darauf eine große Flotte aus und Waldemar und Knud schifften mit derselben nach Seeland, um den König zum Frieden zu zwingen. Svend kam ihnen bei Sundeby mit bewaffneter Macht entgegen und in einem Vergleich ward auf’s Neue der Friede gesichert. Der König aber meinte es nicht redlich mit der Freundschafts-Versicherung und versuchte bald, nachdem sein erster Anschlag auf Waldemar mißlungen war, einen neuen, auf weit nichtswürdigere Weise gegen ihn in Ausführung zu bringen. Er versuchte nämlich Waldemar zu bewegen, ihn auf einer Reise zu seinem (des Königs) Schwiegervater, Conrad von Meißen, zu begleiten, in der festen Absicht, ihn dort als Gefangenen zurück zu lassen. Von mehren Seiten wurde Waldemar schriftlich gewarnt sich vom Könige in die Falle locken zu lassen. Als Dieser nun zu ihm nach Schleswig kam, warf ihm Waldemar seine abermalige Unredlichkeit vor und ließ ihn die Briefe sehen, aber mit verdecktem Namen der freundschaftlichen Warner. Svend vermochte ihn dennoch zu der Begleitreise zu bewegen und Svend that unterwegs Alles, um den Herzog durch die Larve der Freundschaft völlig

 

 

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sicher zu machen. In Stade angekommen, suchten sie um sicheres Geleit bei dem Erzbischof von Bremen, Hartwig, der den König bewirthete, nach; aber der Erzbischof schlug es ab und rieth, ein solches bei dem mächtigen Sachsenherzoge zu suchen und zwar durch Gesandte des Königs, des Herzogs Waldemar und des Erzbischofs. Während dies geschah, ersuchte Waldemar den Erzbischof im Namen des Königs persönlich, Diesem doch den Dienst zu gewähren ; erfuhr aber von Jenem zu seinem nicht geringen Erstaunen, daß der Bischof blos Waldemars Sicherheit wegen sich weigerte dem Könige sicheres Geleit zu geben, da Dieser sein Verderben noch immer im Schilde führe. Die Gesandten kamen bei Heinrich dem Löwen an, aber Dieser, gleichfalls von der hinterlistigen Absicht des Königs unterrichtet, schlug das Gesuch des Königs ebenfalls ab, mit der Bemerkung, daß der König bei ihm vergeblich suche, was sein Schwiegervater ihm weit leichter gewähren könne. Dem Gesandten des Herzogs aber trug er auf, Knud zu sagen, daß er die Reise nicht weiter fortsetzen solle, wenn er nicht in Svend's Schlinge fallen wolle. Des Königs Gesandter ging sofort allein nach Meißen zum Markgrafen und eröffnete Diesem im Namen seines Herrn, daß der König dringenden Verdacht gegen die Pläne der beiden Schwäger habe, es sei ihm aber gelungen den Einen in seinem Gefolge mit sich zu führen, und er ließe den Markgrafen bitten, Diesen bei sich in Haft zu halten. Conrad erkundigte sich hierauf, auf welche Weise denn dieser Gegner des Königs in seinem Gefolge sei? Der Gesandte erwiederte:

In vollem Vertrauen auf die Freundschafts-Versicherung des Königs!" Als der Markgraf das vernahm, verwarf er den Antrag mit Unwillen und Abscheu, und trug dem Gesandten auf, seinem Herrn zu sagen:

Es ist sehr unanständig, daß mein Schwiegersohn mein Alter durch Verrath entehren will, dessen ich mich

 

 

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in meiner Jugend schon geschämt habe. Ich möchte lieber meinen Eidam, meine Tochter und den Enkel, den sie mir geboren hat, erwürgt sehen, als eine Treue und Aufrichtigkeit, die durch so viele Jahre bewährt ist, durch Beschimpfung meiner letzten Tage vernichten, und mich als Werkzeug fremder Verrätherei gebrauchen lassen. Nur dann bin ich bereit meinem Schwiegersohn zu helfen, wenn er offen und ehrlich gegen seinen Feind in die Schranken tritt!"


Einfügung: Wettiner Tumba von 1576



Als der König diese Botschaft erhielt, mußte er, ohne seinen Verrath vollführt zu haben, zurückkehren. Bald nach diesem Vorfalle befanden sich beide Schwäger in Wiburg. Der König ging von Seeland nach Fünen, in der Hoffnung, Beide durch unvermutheten Ueberfall in seine Macht zu bekommen. Der Anschlag ward verrathen und das ganze Land wandte sich mit Abscheu von seinem verrätherischen König und rief 1154 Waldemar und Knud zu seinen Königen aus; Svend floh hierauf zu seinem Schwiegervater und haus'te drei Jahre bei ihm.

 

Dieser alte Mann war gerade das Gegenstück Svend's; denn er hatte ursprünglich nur seine kleine Stammgrafschaft Wettin, die etwa zwei Quadratmeilen groß sein mochte; durch unermüdliche Thätigkeit brachte er es zum Markgrafen von Meißen und Niederlausitz und sein guter Name wuchs mit seinem Alter.

 

Als Heinrich der Löwe auch Herzog von Baiern geworden war, ließ er sich durch den Erzbischof Hartwig von Bremen, der dadurch, wenn er Svend wieder zur Regierung verhölfe, die geistliche Oberherrschaft über die dänische Kirche davon zu tragen hoffte, bewegen, dem vertriebenen Dänenkönige gegen das Versprechen großer Summen, für welche er auch Bürgschaft stellte, mit dem Schwerte wieder zum Throne zu verhelfen. Der Vertrag wurde am 8. September 1156 geschlossen. In Verbindung mit dem Herzoge und dem Erzbischof drang

 

 

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Svend im November desselben Jahres mit einem Heer an das Dannawirk und eroberte sich den Durchgang mit einem goldnen Schlüssel. Schleswig wurde nach einer kurzen Belagerung von der Uebermacht leicht erobert und mußte durch eine harte Brandschatzung doppelt die Summe wiederbezahlen, die Svend angewendet hatte, die Besatzung am Dannawirk zu bestechen. Das größte Unglück aber, was Schleswig bei dieser Gelegenheit traf, bestand darin, daß der Ex-König Svend eine im Hafen liegende russische Handelsflotte für gute Prise erklärte und mit den Ladungen derselben seine fremden Söldner bezahlte. Die Fremden hielt von jener Zeit die Furcht ab, den Hafen, der ihnen so wenig Sicherheit gewährte, ferner zu besuchen. Den Schaden, welchen Svend der Stadt durch diese Räuberei für ewig zugefügt hatte, suchte er durch das Geschenk einer Wiese wieder gut zu machen *) Sein Heer drang jetzt weiter bis Ripen vor und verwüstete es in der winterlichen Jahreszeit. Als aber Waldemar ein Heer in Nordjütland zusammengebracht hatte, hielt Svend es nicht für gerathen, mit ihm zusammen zu treffen und im Januar 1157 trat er den Rückzug an, Geißeln aus Ripen und Schleswig mit sich nehmend.

 

Schon in demselben Jahre kam Svend wieder, und erlangte vom Herzog Heinrich, dessen Lehensmann der Graf von Holstein war, einen Befehl an die Wager- und Obotriten-Wenden, den Sverd nach Fünen, das vor Kurzem von den Slaven erst gänzlich verwüstet worden war, mit einer Flotte überzuführen. Um sich die Wenden geneigt zu machen, hatte er dem Gott Svantevit, der in Slavien hoch verehrt wurde, und auf Arkon residirte, ein kostbares Trinkgeschirr verehrt. Das fast entvölkerte Fünen, als es ihn friedlich mit

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*) Auch soll er den Schleswigern damals das Stadtredt ertheilt haben, aber es ist zweifelhaft ob es damit seine Richtigkeit hat.

 

 

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der mächtigen Wendenflotte kommen sah, nahm ihn gastfrei auf. Er versprach den Insulanern ewigen Frieden mit den Wenden, ohne daß sie ihn für Schatzung zu erkaufen brauchten und vermehrte dadurch seinen Anhang. –

 

Ich muß hier von dem Dänenkönige umständlicher reden, obgleich er sonst nicht zu der speciellen Geschichte Schleswigs gehört, weil er gegen den Herzog von Schleswig von jetzt an einen so heimtückischen Verrath spann, der dem ärgsten italienischen Banditen Ehre gemacht hätte.

 

Waldemar und Knud segelten mit einer Flotte nach Fünen und leicht hätten sie Svend's Anhang sammt ihm vernichten können, aber theils Mitleiden mit dem Lande, das noch fast einer Einöde glich, theils auch politische Rücksichten, sich in den Wenden keine übermächtige Gegner zuzuziehen, bewogen Waldemar, bevor er angriffe mit Svend zu unterhandeln. Die erste Bedingung war, daß Svend mit der Wendenflotte und seiner kleinen Mannschaft sich nach Laland verfügen und dort verweilen sollte, bis die Unterhandlung zu einem festen Resultat gediehen sein würde. Am folgenden Tage kam Waldemar nach Odensee, angeblich, um das dortige Bad zu gebrauchen; allein dieser Vorwand ward nur gebraucht, zu verheimlichen, daß Knud aus Mißtrauen gegen Svend zurückgeblieben war. Bei Waldemar's Ankunft zog Svend ihm feierlich mit der Geistlichkeit und dem Allerheiligsten entgegen und bat Waldemar, ihm in der St. Albanskirche eine Unterhaltung zu gewähren. Er folgte Svend in die Kirche, als Dieser ihn aber in die Sakristei führte, winkte Waldemar seinem Milchbruder, Absalon, ihm zu folgen. Dieser verstand den Wink, trat mit Waldemarn zugleich ein, und ließ Svend nicht aus den Augen, während Dieser Folgendes zu Waldemar sprach: „Sieh, Waldemar, der einst so mächtige Svend steht

 

 

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vor Dir als ein armer Bettler, der nicht weiß, wohin er sein Haupt legen soll. Lange hatte das Schicksal mich Deiner Freundschaft beraubt, wenn ich gleich immer gut gegen Dich gesinnet war und mein Vater, außer daß er den Mörder des Deinen strafte, auch Deine schutzlose Kindheit getreulich gegen jeden Frevel beschirmte. Nachdem er nicht mehr war, hat der jüngere Erich die Sorge für dein Heil fortgesetzt, und nach ihm, wurde ich der Hort Deiner Jugend und mit gleichem Eifer wie Jene. Ich habe für Dein bedrohtes Leben gegen den Mann gekämpft, um dessen Freundschaft Du jetzt buhlst. Danke es dem Glück meiner Waffen, daß Du nicht ein Opfer seiner Rache geworden bist. Mit Mühe rettete ich Dein Leben gegen seine Hinterlist, und auch jetzt duldet er Dich nur neben sich aus Furcht vor mir, dem Dritten. Mein Fall ist auch der Deinige. Sieh, der Sprößling vom Rächer Deines Vaters wird Dir doch sicher mehr gelten, als der vom Mörder desselben. Dein Wohlthäter vertraut auf Deine Hülfe und Friedensvermittlung. Jedes Loos, was Du mir zuwenden wirst, wird mir eine Wonne sein gegen die Kränkungen die ich von Ausländern erfahren, gegen das, was ich im Auslande erdulden mußte. Die Herrschsucht ist mir fremd geworden; aber es schmerzt mich, wenn ich sehe, wie Du Dich umgarnen lässest von dem Sohne des Mannes, der Deinen Vater erschlug und den Rath Desjenigen, der sein Alles für Dich zu opfern bereit ist, verschmähst!" – Da unterbrach ihn Waldemar: „Vergeblich trachtest Du die Eintracht zwischen Knud und mir zu vernichten; was sein Vater an mir verbrach, hat er gebührend gesühnt. Nicht mir, Deinem Wankelmuth, Deiner Untreue schreib’ es zu, dass ich Deinen Dienst verließ. Nicht ist es mir vergessen, dass Du mich Deinem Schwiegervater zum Tode in Banden überantworten wolltest und daß ich nur seinem Edelmuthe meine Rettung verdanke. Wie oft stelltest Du uns beiden

 

 

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nach; sollte ich da noch erwarten können, Du würdest Die als Deinesgleichen ertragen, die Du als Deine Lehnsleute zu vernichten suchtest? Doch, man soll dem Waldemar nicht vorwerfen können, einen Blutsfreund in der Noth von sich gestoßen zu haben: sei’s mir zum Unglück oder Segen, ich will Dir wieder aufzuhelfen suchen, nicht weil ich Dir traue, sondern aus Mitleid! Vergiltst Du uns dann abermal durch Verrath und Tücke, so schmeichle Dir nicht, uns durch überlegne Klugheit hintergangen zu haben, sondern erblicke in uns die Opfer der Treue gegen ihren Blutsfreund!" Das waren die Worte des edlen Herzogs von Schleswig, wie sein Freund Absalon sie nachmals mittheilte.

 

Svend erwiederte : „Ich leide an einem Uebel, das mich, ehe ein Jahr vergeht, vor den Thron des ewigen Richters rufen wird; mir lebt kein Sohn, was könnte mich da bewegen, den Rest meiner Tage durch Verrath zu brandmarken!" Svend's Absicht war gewesen, die beiden Schwäger in Odensee zu ermorden, da aber Knud aus Mißtrauen zurückgeblieben war und Waldemar obendrein von Absalon wie sein Augapfel bewacht wurde, so fand er es nicht ratham, Etwas gegen ihn zu unternehmen, sondern suchte ihn lieber gegen Knud einzunehmen, um sich so mit Hülfe des Einen, des Andern zu entledigen; mit dem Nachbleibenden hoffte er dann schon fertig werden zu können.

 

Am bestimmten Tage trafen die drei Vettern auf Laland zusammen. Knud hütete sich in einen Hinterhalt zu fallen und übertrug Waldemar die Unterhandlung; da Svend wieder keine Gelegenheit sah, sich Beider zu bemächtigen, übertrug auch er dem Waldemar die alleinige Anordnung der Reichstheilung. Waldemar machte drei Theile und wählte für sich das Königreich Jütland, Svend erhielt die zweite Wahl und nahm Schonen mit Halland, Bleckingen und Bornholm, damit er nicht mitten zwischen seine beiden Gegner kommen

Schloß Gottorf.

 

 

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mochte, und Knud war mit dem Inselreiche zufrieden. Der Vertrag ward am Altar beschworen und die Bischöfe sprachen den Fluch gegen jeden Verletzer desselben aus. Der Landesadel der zu dieser Feier gekommen war, verbürgte ihn. Dies geschah am 7. August 1157.

 

Gleich nach Abschluß des Vertrages reis'te Knud nach seinem neuen Königssitz, Rothschild, ab, Waldemar mit ihm. Den folgenden Tag traf auch Svend, den Knud gleichfalls freundschaftlich eingeladen hatte, dort ein. Aber er führte eine große Anzahl Gewaffneter, geordnet, als ob er Feindesland beträte, mit sich. Waldemar kam ihm entgegen um ihn nach Rothschild einzuholen und zwar ohne Knud, weil Der auf diese Nachricht hin sofort wieder umgekehrt war. Als Waldemar ihn nun wegen dieses Aufzuges zur Rede stellte, entgegnete Svend, man habe ihm gesagt, Knud würde ihm mit vielen Bewaffneten entgegenziehen. In Rothschild angekommen, machte Knud den Wirth und die Nacht verging im fröhlichen Gelage. Mit Anbruch des Tages ritt Svend nebst einigen Getreuen nach einem Gehöft eines gewissen Thorben, bei welchem ein Töchterchen Svend's erzogen wurde. Hier wurde der Mordplan berathen und es ward Abend darüber. Knud ließ zum Mahle rufen; aber Thorben schützte vor, der König habe ein warmes Bad genommen und leide an Kopfschmerzen. Als Svend endlich ankam, entschuldigte er sich wegen seines Zögerns damit, daß er des Spielens mit dem lieben Kindchen nicht habe satt werden können. Niemanden fiel der Widerspruch auf, und unbekümmert setzte man sich zur Tafel. Nach der Mahlzeit wurden die Tische hinweg geräumt und man war an keinen Platz mehr gebunden, sondern Jeder zechte für sich munter fort. Nichts war bis jetzt geschehen, was Verdacht hätte erregen können, außer, daß Detlev, des Dithmarschers Etheler's Sohn, Svend's Getreuer, den Saal verlassen hatte. Als es finster geworden

 

 

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und Licht angezündet war, kam Detlev zurück; nicht lange, so winkte er dem Svend, der nun aufstand, und mit ihm flüsterte; auch die übrigen Leute Svend's traten herzu und steckten die Köpfe zusammen. Da ergriff Knud die Ahnung, er umschlang Waldemar mit den Armen und küßte ihn. Verwundert fragte ihn dieser um die Ursache seiner Bewegung; aber Knud vermochte nicht zu antworten. Plötzlich entfernte sich Svend, während ihm ein Knabe das Licht vortrug, durch die Hinterthür. In demselben Augenblick drangen Bewaffnete mit gezückten Schwertern auf Knud und Waldemar ein. Aber Letzterer sprang rasch auf und schlug mit einem Male die Lichter um, schützte den Mantel über den Arm geschlagen, sein Haupt vor den Streichen und rannte den Detlev, Brust an Brust, zu Boden. Er fiel aber selber mit und wurde in demselben Augenblick im Schenkel schwer verwundet; doch raffte er sich wieder auf und entkam glücklich durch die Thür auf einen dunkeln Gang. Hier faßte ihn plötzlich Jemand, aber sein Gurtgehäng riß und blieb Jenem in der Hand zurück. Jetzt stießen die Meuchler die Fensterladen auf, um von der Sommernacht Licht zu borgen; Detlev erhob sich wieder und traf den Knud, der nur mit bloßer Hand abwehrte, mit dem Schwerte zum Tode; er sank mit blutströmendem Haupt dem Absalon in die Arme, der ihn eine Zeitlang für seinen geliebten Waldemar hielt. Einige Tage nach seinem Tode wurde ihm ein unächter Sohn geboren und Waldemar genannt, später kommt die Geschichte auf diesen zurück. Diese Mordthat wurde am 11. oder 13. August 1157 verübt. Absalon entkam glücklich nach der ländlichen Wohnung seiner Mutter. Waldemar brachte dies zufällig in Erfahrung und gelangte nebst zwei Gefährten zu Pferde mühsam eben dahin. Hier ward er verbunden und blieb den Rest der Nacht dort. Mit Tagesanbruch beging Svend die unglaubliche Frechheit, die

 

 

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Rothschilder Bürger zu versammeln, und ihnen vorzulügen, wie glücklich er den Fallstricken der beiden hinterlistigen Schwager entgangen, aber daß Einer derselben ihm, leider, entkommen sei. Dann forderte er die Bürgerschaft auf, ihm zur Habhaftwerdung desselben zu verhelfen.

 

Dann ließ er alle Fahrzeuge der Insel anbohren und Waldemar durch Späher überall auf der Insel suchen. Trotz dem gelangte Waldemar durch Hülfe der Brüder Absalon und Esbern Snare auf Schleichwegen an die Küste, und ein befreundeter Zimmerman besserte schnell, scheinbar gezwungen, um der Strafe zu entgehen, ein Schiff aus, welches Esbern bemannte und ausrüstete.

 

In einer furchtbaren Sturmnacht, unter Donner und Blitzen mußte sich der Unglückliche dem wildempörten Meere, welches in dieser Nacht eine mächtige Slavenflotte an der Küste von Halland zerschmetterte, anvertrauen, und es schleuderte sein kleines Fahrzeug halbzerschellt an eine kleine Insel unweit Jütland, wohin er des andern Tages gelangte und sich nach Wiburg verfügte. Hier erzählte er der Landesversammlung die Schandthat und bezeugt ward sie durch seine tiefe Wunde. Jetzt vermählte er sich auch mit Knud's Halbschwester Sophia, mit welcher er seit vier Jahren verlobt war; aber wegen ihrer Jugend hatte er bis hieher mit der Heirath gezögert. Schon am 28. Oktober desselben Jahres wurde Svend auf der Grathehaide zwischen Randers und Wiburg total geschlagen und da ihn Mattigkeit zwang, auf der Flucht sich auszuruhen, bei welcher Gelegenheit ihn ein Bauer auf einem Baumstumpf sitzen fand und erkannte, hieb dieser ihm mit einem Beil den Kopf ab. König Svend starb also, im vollsten Sinne des Wortes, den Tod einer Verbrechers.

 

 

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Waldemar regierte von 1157 bis 1182 als alleiniger König von Dänemark.

 

Im Jahre 1160 gerieth der Statthalter von Schleswig, Nicolaus, mit dem Erzbisdof Eskill zu Lunden in Streit, weil dieser noch bei Lebzeiten des Bischofs Occo, der ein Freund des Königs war, den Esbern zum Bischof von Schleswig gemacht hatte. Den Statthalter verdroß es, daß der Erzbischof ihn nicht erst um Erlaubniß hierzu gefragt hatte; er griff deshalb die Güter des Esbern an und riß ihm endlich seinen Bischofsitz, das nachherige Altgottorf, bis auf die Erde herab, nieder. Seinen Leuten hatte er den Befehl ertheilt, sämmtlichen Hausrath des Bischofs, der sich zu Gottorf aufhalten würde, wegzunehmen. Einer aus des Bischofs vornehmer Dienerschaft brachte in der Eile einige bewaffnete Mannschaft zusammen und vertheidigte mit dieser des Bischofs Eigentum; ehe jedoch dieser Kampf sich entschied, wurde der Statthalter von den Verwandten Esbern's erschlagen.

 

Nach diesem Vorfalle wurde Christoph, ein natürlicher Sohn Waldemar's, Herzog von Schleswig. Dieser Christoph fiel 1169 mit einem Heer Schleswiger in Wagrien ein, schlug die Wenden in die Flucht und kehrte beutebeladen nach Schleswig zurück. Dafür fielen die Wenden 1170 wieder in Schleswig ein und machten sich ihren vorjährigen Verlust bezahlt.

 

Ein abermaliger Versuch Schleswig zu überrumpeln, den 1171 einige Lehnsleute Heinrich des Löwen machten, mißlang, weil das Dannawirk und die Festungswerke von Schleswig wider Erwarten der Angreifer mit einer Armee von mehren tausend Mann besetzt waren.

 

Um diese Zeit etwa mochte es auch sein, daß Waldemar nach St. Jean de Leaune in Frankreich, an der Saone, wo sich Kaiser Friedrich wegen eines abzuhaltenden Concils aufhielt, reis'te, um sich mit Dänemark vom Kaiser belehnen zu lassen. Schon 1158 hatte er

 

 

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dem Kaiser durch einen Gesandten die Regierungsveränderung anzeigen lassen, seine Genehmigung dazu erbeten, und ihm die gewohnte Huldigung leisten lassen. Der Kaiser hatte zu dem Ansuchen seine Beistimmung erklärt, die Huldigung zufrieden angenommen und den König benachrichtigen lassen, daß er ihn 14 Tage nach selner Rückkehr aus Italien bei sich zur persönlichen Lehnsmuthung erwarte. Auch König Svend war mit Dänemark vom deutschen Kaiser belehnt worden, und hatte ihm als Lehnsmann gehuldigt. König Waldemar der Große starb am 12. Mai 1182. Gerechtigkeit ist Pflicht jedes Geschichtschreibers; deshalb darf auch hier eine Schandthat, deren sich Waldemar als König schuldig machte, nicht verschwiegen bleiben.

 

Als König Waldemar der Große, im Jahre 1166 die Erhebung seines vierjährigen Sohnes Knud zum Nachfolger auf den Thron, zuerst in Antrag brachte, schwleg ein Sohn des Heinrich Hinkefuß, Buris, ganz still. Später als es auf dem Rothschilder Reichstage zur Huldigung kam und die übrigen Vasallen ihre Hand in die des Kindes legten und dem kleinen Wesen Treue gelobten, schloß sich Buris aus, und erklärte, man könne nur Einem dienen; das sei nicht der Dänen Weise gleich den lohngierigen Sachsen (Deutschen), mehreren zugleich Diensttreue zu geloben. „Wie, wenn Krieg“, sprach er, „unter beiden Herren eintritt? Dänemarks Vorzeit erzählt von Kriegen zwischen Vater und Sohn; welchem von Beiden soll dann die Lehnstreue folgen?“ Bald aber ging er deutlicher heraus und erklärte: Es sei billig, daß wenn der König das bisherige Wahlreich in ein Erbe zu seines Hauses Besten zu verwandeln trachte, er auch seine Verwandten mit bedeutenden Lehen, die sie ihren Kindern erblich hinterlassen dürften, abfinde." Wirklich erhielt er ein ansehnlich Lehen in Nordjütland und leistete nun die verlangte Pflicht. Aber Mißtrauen und Zorn des Königs waren

 

 

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mit ihm. Das Jahr darauf ward er des Einverständnisses mit Norwegen bezüchtigt; Heinrich der Löwe soll den König gewarnt haben. Ob er schuldig war, ist nicht bekannt; aber gewiß ist es, daß der König ihm die Augen ausstechen, ihn entmannen, und höchst wahrscheinlich später ersäufen ließ! *)

 

Nach dem Tode Waldemar's, bestieg der kindgehuldigte Knud, der Sechste seines Namens, den Thron; aber die Norweger empörte das Gefühl, sich gleich einer Waare vererbt zu sehen und dem Könige gelang es erst 1183 mit Hülfe des Adels, den er auf Kosten des Landes bevorzugte, sich auf dem Throne zu befestigen.

 

In demselben Jahre, als der König Waldemar starb, ward der Prinz Waldemar, der vorhin erwähnte natürliche Sohn des 1157 zu Rothschild gemeuchelmordeten König Knud V. Bischof von Schleswig. Die Dithmarscher unterwarfen sich fünf Jahre nach seiner Einsetzung 1187 freiwillig seiner bischöflichen Gewalt. Ein Jahr später ernannte der König seinen Bruder Waldemar zum Herzog von Schleswig. Darüber ward Bischof Waldemar mißvergnügt, denn er selbst erhob Anspruch nicht allein auf das Herzogthum, sondern auch auf den Theil Dänemarks, den sein Vater besessen hatte. Daß er unehelich geboren war, konnte nicht in Betracht kommen, denn es war längst zur Sitte geworden, daß uneheliche Königssöhne in Dänemark herrschten. Er verließ daher 1192 plötzlich Schleswig und ging nach Norwegen, wo die Verwandten seiner Mutter lebten, und kehrte von dort 1193 mit einer Flotte, mit welcher er in Südjütland landete, zurück. Hier legte er sich zu dem Bischofstitel auch den eines Königs bei. Der König fürchtete den tapfern Bischof in offnem Felde, deshalb entledigte er sich seiner durch List, und man muß gestehen, daß die Könige von Dänemark

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*) Siehe Dahlmann's Geschichte v. Dänemark; I. Bd., S. 310 u. 311

 

 

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eine Meisterschaft darin erlangt hatten, sich auf diese Weise ihre Rivalen und namentlich die Herzöge von Schleswig, vom Halse zu schaffen. Knud gewann mehre Anhänger des Bischofs Waldemar für sich und diese mußten ihn bewegen, gegen den Blutsverwandten nicht gleich auf's Aeußerste einzuschreiten, sondern erst den Weg der Unterhandlung mit dem zur Anerkennung seiner Ansprüche geneigten Könige zu treten. Der Bischof ließ sich in's Netz locken und folgte unbedachtsam einer Einladung, auf dem Schlosse Brönlund in Apenrade persönlich mit dem Könige zu unterhandeln. Dort bemächtigte Herzog Waldemar sich seiner, und ließ ihn an Händen und Füßen gebunden nach Norburg auf Alsen abführen und in diesem gefesselten Zustande saß er dort fünf Jahre gefangen. Von dort wurde er nach Seeburg auf Seeland gebracht, wo er noch neun Jahre im Gefängniß schmachten mußte.

 

Die Folge dieses hinterlistigen, feigen Verraths war, daß Dithmarschen sich am 6. Aug. 1195 wieder von dem Stifte Schleswig lös'te und der Grafschaft Stade wieder anschloß und die vereinigten Landschaften auf der Kaisers Befehl wieder an das Erzstift Bremen zurückfielen.

 

Der nächste Zeitraum hat eben nichts Wichtiges für Schleswig; nur daß König Knud VI. 1201 starb und der Herzog von Schleswig, Waldemar, 1202 auf einem allgemeinen Herrentage in Jütland zum Könige erwählt ward. Der König schrieb sich: „Von Gottes Gnaden König der Dänen und Slaven, Herzog von Jütland *), Herr von Nordalbingien.

 

Die kriegrische Regierung Waldemar II. hatte für's Erste in Bezug auf Schleswig keine specielle Wichtigkeit; aber des Umstandes, daß er sich 1213 mit der portugiesischen Prinzessin Berengarien vermählte, die ihm drei Söhne: Erich, Abel und Christoph

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*) Schleswig betrachtete er als ein väterliches Erblehen.

 

 

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gebar, muß ich hier als eines in seinen Folgen für Schleswig höchst wichtigen erwähnen. Ferner, daß er um Johannis 1218 alle Lehnsfürsten und Stände, funfzehn Bischöfe, drei Herzöge und drei Grafen nach Schleswig berief und in ihrer Gegenwart sein neunjähriges Söhnchen Waldemar zum Könige krönen ließ. Waldemar war ein Sohn aus des Königs erster Ehe, welche er 1205 mit der böhmischen Prinzessin Magaretha Dagmar geschlossen hatte, sie starb 1212.

 

Die Veranlassung zu dieser Krönung gab der Vorsatz des Königs, nach Esthland zu reisen und die Nichtchristen zu plündern und zu morden, welche Art von Beschäftigung man zu damaliger Zeit Kreuzfahren nannte. In jenem Kreuzzuge ließ Waldemar II. auch die rothe Fahne mit dem weißen Kreuz vom Himmel fallen, die noch jetzt unter dem Namen „Dannebrog“ bekannt ist. Waldemar ll. haus'te furchtbar mit Feuer und Schwert unter den Esthländern, an den deutschen Gränzen jagte er beliebig die Herzöge vom Thron und wußte wohl kaum mehr, wohin er sein Siegesschwert zuerst wieder wenden wollte, denn unbesiegbar schien ihm Nichts mehr. Holstein, Dithmarschen, Mecklenburg, Lübeck und Lauenburg schmachteten im dänischen Joch, als ein glücklich ausgeführter Handstreich des tiefgekränkten und von Waldemar seines Eigenthums beraubten Grafen Heinrich von Schwerin, den König mit einem Schlage von seiner Höhe in den tiefsten Abgrund stürzte, und Dänemark in sein Nichts, aus welchem Waldemar es erhoben hatte, zurück warf.

 

Graf Heinrich fing nämlich die beiden Waldemar, Vater und Sohn, auf der Insel Lyöe südwestlich von Fünen, unweit Faaborg, wo diese sich mit der Jagd belustigten, in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 1223 weg und hielt sie anfänglich in dem Schlosse Lenzen und später auf dem Bergschloß Dannenberg gefangen. Die Gefangenschaft des alten Königs dauerte bis Ende

 

 

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December 1225, wo er gegen Abtretung aller eroberten Lande, mit Ausnahme Rügens, und sonstige harte Bedingungen frei kam; der junge Waldemar ward erst am 19. April 1226 seiner Haft entlassen. Schon während der Gefangenschaft des Königs hatten die deutschen Lande das Dänenjoch zerbrochen und das dänische Heer im December 1225 in einer großen Schlacht bei Mölln gänzlich vernichtet. Der König wollte nach seiner Freilassung, trotz seines geleisteten Eides mit dem Schwerte in der Hand wieder errobern, was er einst durch das Schwert besessen hatte, da wurde er in der Schlacht bei Bornhöved, am 22. Juli 1227, von den einst von ihm geknechteten Völkern auf's Haupt geschlagen. Nie erhob er sich von diesem Schlage wieder zu voriger Größe, nie ward Dänemark wieder so groß als es gewesen war. Seinen Sohn Waldemar verheirathete er im Jahre 1229 mit einer Nichte Berengariens. Im Jahre 1230 lös'te der alte König seine drei Söhne, Erich, Abel und Christoph nebst den übrigen Geißeln aus der Gefangenschaft des Grafen Günzel von Schwerin. Ein hartes Schicksal stand dem alten Helden noch für sein nächstes Lebensjahr bevor; denn die junge Königin Eleonore starb am 13. Mai im Wochenbette und ein halbes Jahr darauf, am 28. November 1231 starb auch ihr Gemahl, der junge König Waldemar, an einer Fußwunde. Nachdem des Königs ältester Sohn, Erich, von Paris, wo er schlüpfrige Sitten angenommen hatte, zurück berufen war, ließ ihn Waldemar am 30. Mai 1232 zum Könige von Dänemark krönen und gab dem zweiten Prinzen, Abel , das Herzogthum Schleswig. Dieser vermählte sich 1237 mit der Tochter des Grafen Adolph von Schauenburg und Holstein, Mechthilde.

 

 

 

 

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Einfügung: Friedrich III. von Schleswig Holstein +1670

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Nachdem Carl XII. die Schlacht bei Pultava verloren hatte, hielten die tapfern Dänen den Zeitpunkt für günstig, Schweden zu erobern. Sie gingen deßhalb mit 22 Bataillons und 4000 Mann Kavallerie nach Schweden und ließen sich am 10. März 1710,

 

 

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in der Schlacht bei Helsingborg von 12,000 Schweden unter den Generalen Steenbock und Burenschiold total schlagen, worauf sie wieder heim nach Dänemark reis’ten.

 

Der Schurke v. Görtz hatte den siebenzigjährigen Wedderkop, dessen Ehrlichkeit ihm furchtbar war, seit dem Anfange des Jahres 1710 auf eine ganz hinterlistige Art gefangen genommen und hielt ihn in Tönningen in Banden. Görtz brachte es dahin, daß Wedderkop's Güter confiscirt wurden. Vom September 1711 bis April 1712 war der letzte Landtag der Herzogthümer versammelt, die Stände ließen sich besteuern und empfingen dafür vom König Friedrich die Versicherung, daß er ihre Privilegien aufrecht erhalten wolle.

 

Im August 1711 gedachte Friedrich IV. auf's Neue, mit Hülfe der Russen und Sachsen, Eroberungen zu machen und rückte, nachdem der Herzog von Braunschweig-Lüneburg ihm Geld gegen die Verpfändung der Grafschaft Delmenhorst geborgt hatte, mit sieben und zwanzig Bataillons und neun und funfzig Escadrons gegen Wismar vor. Im December kam General Steenbock nach Pommern und der König verließ im Januar 1712 Wismar und Pommern und bemächtigte sich, vom Juli bis zum September dieses Jahres, der Herzogthümer Bremen und Verden. Dann legte er einen Theil seines Heeres in die Vierlanden, um die Hamburger zu zwicken. Als Gefährtin des Krieges kam die Pest und raffte in Kopenhagen 22,000 Menschen dahin; in den Herzogthümern wüthete sie nicht so schlimm, doch starben in Rendsburg in einem Jahre 1600 Menschen daran. Da sie auch die Dänische Flotten-Mannschaft arg mitnahm, mußte die ganze Armada von der pommerschen Küste nach Seeland fahren. Am 20. December erlitt der König Friedrid IV. bei Gadebusch vom General Steenbock eine gänzliche Niederlage und Steenbock rückte am 1. Januar 1713 in das

 

 

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Holsteinische wo er sowohl im fürstlichen wie im königlichen Gebiet Contributionen ausschrieb. Die Altonaer wollten die Abgaben abkaufen und am 9. Januar wurde deshalb auf Betrieb des Generals Welling, schwedischer Gesandter in Hamburg, die ganze Stadt niedergebrannt. Später blieben die gottorfschen Unterthanen von Brandschatzungen verschont. Von Altona ging Steenbock nach Eiderstedt; durfte sich aber nicht nach Jütland hineinwagen, weil ihm die Russen und Sachsen auf dem Fuße folgten und ihm also der Rückzug nach Pommern abgeschnitten werden konnte. Nach der verlornen Schlacht bei Gadebusch gab Görtz dem Könige Friedrich IV. die Versicherung , daß die Festung Tönningen den Schweden nie geöffnet werden solle, hatte aber schon am 23. Juli 1712 den zwölfjährigen Herzog durch Bannier und Graf Reventlov veranlaßt, von Karlsberg aus, einen Befehl an den Commandanten der Festung, Zacharias Wolf, auszustellen, Tönningen dem General Steenbock auf sein Verlangen zu öffnen. Der Administrator begab sich Anfangs Januar von Gottorf nach Hamburg, und am 23. Januar 1713 brachten dessen Geheimsekretär Stambeck, Bannier und Reventlov, dem General Wolf die mündliche Ordre im Namen des Administrators, die der unmündige Herzog in Karlsberg schriftlich ausgestellt hatte.

 

Am 24. Januar gingen die Russen unter Anführung des Czaars über die Eider, und Steenbock's Heer zog vom 4. bis 8. Februar in Tönningen ein. Steenbock hoffte, sich von dort aus nach Mecklenburg einschiffen zu können, aber ungünstige Winde vereitelten diese Hoffnung. Der König nahm hierauf das Schloß Gottorf, das Bisthum Lübeck und alle herzoglichen Aemter in Besitz und ließ die Kinder des Administrators nach Kiel führen. Görtz erbot sich gegen den König, Steenbock zur Uebergabe zu bewegen, –

 

 

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wenn der König den Herzog wieder restituiren wolle. Der König erklärte sich bereit hierzu und Görtz wurde an Steenbock abgesandt, suchte ihn jedoch mit aller Ueberredungskunst zu bewegen, sich, in Hoffnung auf Entsatz, noch länger zu halten. Jetzt wurden alle Unterhandlungen abgebrochen und am 16. Mai sah Steenbock sich genöthigt zu capituliren. Er ward nach Kopenhagen gebracht und starb auf der dortigen Citadelle. Görtz verlangte nun die Wiederherstellung des Herzogs; aber es wurde ihm erklärt, er habe die Bedingung nicht erfüllt und durch seine Intriguen die Uebergabe verzögert. Als sich nun aber der König von Preußen auch für den Herzog verwendete, wurde dem Administrator das Bisthum Lübeck wieder eingeräumt und der König erklärte, auch den Herzog restituiren zu wollen, wenn man darein willige, Tönningen mit neutralen Truppen besetzen zu lassen. Diesem sehr billigen Verlangen widersetzte sich Görtz mit aller Macht, weil er Wedderkop's Freilassung fürchtete; er schickte dem Commandanten sogar heimlich Befehl, Wedderkop enthaupten zu lassen; allein dies wurde durch den englischen Gesandten, dem es verrathen war, verhindert. Am 7. Februar 1714 sah sich Wolf genöthigt, nach der zu Tetenbüll abgeschlossenen Uebereinkunft die Festung zu räumen; die Dänen schleiften sie und Wedderkop kam frei. Auf die Abschriften *) der an den Commandanten Wolf ergangenen Befehle hin, glaubte sich der König Friedrich IV. berechtigt, den Besitz des Gottorfschen Antheils zu usurpiren. Erst nach dem Tode Carl XII. konnte der Dänenkönig auf die unangefochtene Regierung über das ganze Schleswig-Holstein hoffen und dieser Todesfall erfolgte durch einer Schuß, am 11. December 1718, vor Friedrichshall. Am 14. Juni 1720 erfolgte der Friedensschluß

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*) Die Originale hatte Görtz wegnehmen lassen, und der General hatte Abschriften davon genommen.

 

 

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zwischen Schweden und Dänemark und ersteres versprach in demselben, dem Herzog von Holstein Gottorf nicht zur Wiedereroberung Schleswigs behülflich sein zu wollen.

 

Am 15. Juni 1719 traf der Herzog bei seinem Oheim, dem Bischof Christian August, in Hamburg ein und übernahm von dieser Zeit an selbst die Regierung. Dem Dänenkönig ward unterm 9. August 1720 vom Kaiser der Befehl ertheilt, dem Herzoge seine Besitzungen in Holstein sofort wieder einzuräumen und im Anfang des Jahres 1721 wurde die herzogliche Residenz von Hamburg nach Kiel verlegt. Der Czaar von Rußlands war mit dem Abschluß des schwedisch-dänischen Friedens nicht zufrieden gewesen und suchte Gelegenheit, ihn rückgängig zu machen; da ihm aber dies nicht gelang, wirkte er dem Herzog ein Jahrgehalt von 50,000 Thalern und den Titel königliche Hoheit von Schweden aus. Noch mehr ward sein Haß gegen Dänemark vergrößert, als er sich 1721 den Kaisertitel beilegte und Friedrich IV. auffordern ließ, ihn als Kaiser anzuerkennen und den Herzog Carl Friedrich zu restituiren, der König aber beides abschlug. Endlich, am 22. August 1721, wagte der König den entscheidenden Schritt, das gottorfsche Haus von der Mitregentschaft Schleswigs ganz zu verdrängen, indem er an genanntem Tage durch ein Patent den bis dahin fürstlichen Anteil von Schleswig dem königlichen Antheil incorporirte; oder, wie man sich nach damaligem Schreibgebrauch ausdrückte, mit dem königlichen Antheil vereinigte und incorporirte.“

 

Am 24. Februar 1724 ward dem Herzoge der Titel „königliche Hoheit" auch in Rußland zugestanden und ihm zugleich vom russischen Seite ein Jahrgehalt von 25,000 Thalern ausgesetzt. Hierauf (am 5. December) verlobte Peter der Große dem Herzoge seine Tochter.

 

 

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Der Kaiser rüstete sich nun zum Kriege gegen Dänemark, um den Usurpator zu zwingen, den gottorfschen Antheil von Schleswig seinem rechtmäßigen Eigenthümer zurückzugeben; aber am 8. Februar 1725 verhinderte der Tod die Ausführung dieses Vorhabens. Bald nach dem Tode des Czaar’s vermähte die Kaiserin Catharina ihre älteste Tochter, Anna, mit dem Herzoge Carl Friedrich. Am 12. Juli 1725 erfolgte für ihn die kaiserliche Belehnung mit Holstein. Die Kaiserin Catharina beabsichtigte gleichfalls, die Waffen für ihres Schwiegersohnes gutes Recht zu ergreifen; aber auch sie hinderte der Tod an der Ausführung ihres Planes; sie starb am 6. Mai 1727 und seit jener Zeit residirte der Herzog in Kiel, wo ihm am 21. Februar 1728 ein Sohn Carl Peter Ulrich geboren wurde. Am 15. Mai jedoch traf den Herzog das Unglück, seine Gemahlin durch den Tod zu verlieren.

 

König Friedrich IV. starb am 11. October 1730 in Odensee und sein Sohn Christian VI. ward in einem Alter von vierzig Jahren König von Dänemark.

 

Im Jahre 1739 an 18. Juni starb der Herzog Carl Friedrich auf dem Gute Rolfshagen bei Oldesloe; seine Leiche ward in der Kirche von Bordesholm beigesetzt. Drei Jahre später ward sein Sohn, der Herzog Carl Peter Ulrich, unterm 14. November 1742 zum schwedischen Thronfolger erwählt, trat aber zur griechischen Kirche über und wurde zum Großfürsten von Rußland ernannt. Seine Lande standen unter Administration und er unter Vormundschaft des Herzogs Adolph Friedrich, Fürstbischof von Lübeck. Sein Uebertritt zur griechischen Kirche war ein unübersteigliches Hinderniß der schwedischen Thronfolge, weshalb man in Stockholm zu einer neuen Wahl schreiten mußte; diese fand statt am 4. Juli 1743 und fiel diesmal auf den Fürstbischof Adolph Friedrich. Also bestieg das Haus Gottorf 1743

 

 

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den schwedischen Thron. Der Dänenkönig hatte sich in Schweden eine Partei zu schaffen gewußt, die seinen Sohn auf den schwedischen Thron bringen sollte. Da man aber die überwiegende Neigung der Schweden für die Gottorfer entdeckte, suchte man, durch einen in Dalekarlien geworbenen Pöbelhaufen, in den Straßen von Stockholm mit Gewalt zu ertrotzen, was die Einwohner nicht aus Neigung geben wollten; der bezahlte Plebs ward geschlagen und der obenerwähnte Herzog gewählt. Jetzt aber erhob Christian VI. Ansprüche für seinen Kronprinzen, indem er behauptete, zwei Stände hätten seinen Sohn gewählt; er konnte aber nichts durch seine Forderung erlangen. Am 7. August 1746 starb König Christian VI. und sein Sohn Friedrich V. bestieg den dänischen Thron. Am 7. August 1749 kam ein Vertrag, welcher 1750 bestätigt ward, zwischen Dänemark und Schweden zu Stande, in welchem die schwedische Königsfamilie gegen einige hunderttausend Thaler allen Ansprüchen auf Schleswig, zu Gunsten der männlichen Nachkommenschaft des Königs entsagte.

 

Mit Rußland nahmen die Unterhandlungen keinen günstigen Fortgang und Dänemark sah sich zur Unterhaltung eines starken schlagfertigen Heeres zur Behauptung der usurpirten Landestheile genöthigt. Dies Heer war über 70,000 Mann stark und vermehrte die Staatsschuld von 1758 bis 1760 um achtzehn Millionen. Die Unterhandlungen mit dem russischen Hofe waren noch nicht beendigt, als am 5. Januar 1762 die Kaiserin Elisabeth starb und der Herzog Carl Peter Ulrich von Gottorf ihr als Kaiser Peter III. auf den russischen Thron folgte. Um wegen seiner Ansprüche mit Dänemark auf's Reine zu kommen, faßte er den vernünftigen Entschluß, das dänische Königshaus zu entthronen und nach Tranquebar zu verweisen. Die kaiserliche Regierung ließ das Archiv

 

 

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und die Kostbarkeiten von Kiel nach Hamburg bringen, und eine Armee des Kaisers rückte von Preußen aus in's Mecklenburgische gegen die Armee des Königs heran. Aber zum Glücke für Dänemark kehrten Knud Lavard's Zeiten wieder: – Peter III. ward ermordet und seine Nachfolgerin, Kaiserin Catharina, rief das russische Heer zurück.

 

Wunderbar spielt oft der Zufall: –

 

Der König wollte sich nach des Kaisers Tode die vormundschaftliche Regierung über den fürstlich holsteinischen Anteil für dessen hinterlassenen Sohn, Paul Petrowitsch anmaßen, da man sich aber von Rußland aus diesem Vorhaben widersetzte, ward dem Herzoge Georg Ludwig von Holstein Gottorf die Statthalterschaft über diesen Antheil übertragen und als dieser schon am 7. September 1763 starb, folgte ihm sein Bruder, der Bischof Friedrich August von Lübeck, in dieser Würde.

 

Am 14. Januar 1766 ging Friedrich V. mit Tode ab und sein siebenzehnjähriger Sohn, Christian VII. ward König; unter seiner Regierung wurden die Streitigkeiten mit der russischen Herrscherfamilie durch einen Vertrag mit der Kaiserin Catharina, als Vormünderin des Thronfolgers Paul Petrowitsch, am 22. April 1767 zu Kopenhagen dahin regulirt, daß die Kaiserin im Namen ihres Mündels auf den 1713 vom Dänenkönige mit seinem Antheil von Schleswig vereinigten gottorfschen Antheil dieses Herzogthums verzichtete, unter der Bedingung, daß der König die vom gottorfschen Hofe bis 1720 contrahirten Schulden übernähme, der jüngeren holsteinischen Linie 250,000 Thaler zahle, seinen Bruder, den Prinzen Friedrich, dahin vermöge, auf die mit einem Aufwande von 46,200 Thalern

 

 

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errungenen Wahl zum Coadjutor des Bisthums Lübeck zu Gunsten des bischöflichen Prinzen Peter Friedrich Wilhelm zu verzichten und den holsteinischen Antheil mit allen darauf haftenden Schulden, gegen die schuldenfreie Auslieferung der Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst übernehme.

 

Seit jener Zeit nun sind die Könige von Dänemark, auf Grundlage der 1460 von Christian I. ausgestellten Privilegten hin, die alleinigen Herzöge von Schleswig Holstein, so lange die männlichen Glieder der jetzt regierenden Linie nicht ausgestorben sind.

 

Die genannten Privilegien sind das Staats-Grundgeretz: durch sie wird die staatliche Selbstständigkeit der Herzogthümer und die deutsche Nationalität der Einwohnerschaft derselben gesichert; sie sind das Palladium gegen die Bestimmungen des dänischen Königsgesetzes und mithin gegen die Autokratie. Ihnen ist seit der Regierung Christian VII. nicht nachgelebt. Die constitutionelle Verfassung war nach und nach vergessen worden und näher und näher rückte uns schon eine mit dänischen Grundsätzen übereinstimmende Regierungsform, als, zum Glücke für uns, der brave Friese, Uwe Jens Lornsen, im Jahre 1830 die Schleswig-Holsteiner aus ihrem hundertjährigen Traum weckte und durch sein kräftiges Auftreten für die Rechte des Vaterlandes das Institut der Stände in’s Leben rief. Jm Jahre 1840 bewirkten die Stände die Zurücknahme des Verbots der Volksversammlungen.

 

Seit der Erlassung des offenen Briefes vom 8. Juli 1846 abseiten des König Christian VIll., haben diese Provinzial-Stände sich durch ihr energisches Auftreten für die Rechte des Landes einen ehrenvollen Namen in der Geschichte erworben, und die Absicht der Dänen,

 

 

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die Herzogthümer durch die Aufdringung der weiblichen Erbfolge nach dem Königsgesetz mit dem armen Dänemark zu verschmelzen, wird durch das fernere energische Auftreten derselben und durch das mannhafte Benehmen des Volkes sicher vereitelt werden. Auch in diesem Kampfe steht Schleswig als der Mittelpunkt da, und es wird seinen alten Ruhm zu behaupten wissen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:

Das Werk liegt in der Bayerischen StaatsBibliothek in digitalisierter Form unter folgendem Link vor:

http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV020368977/ft/bsb10456972?page=7

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