Heinrich Zschokke zum Klosterbau in Bayern

„So war die Bauart dieser Zeit.

 

Als Denkmal derselben steht seit dem eilfhundert eilften Jahr, eine Zierde Regensburgs, das Kloster zum heil. Jakob.

 

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Regensburg St. Jakob Hauptportal
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Regensburg St. Jakob Flechtbandkapitelle im Brunnenhaus

 

Es ward den Schotten erbaut, da ihnen das Petersklösterlein vor der Stadt zu eng geworden und sie erbaulichen Wandel führten. Burggraf Ott von Reittenburg, Graf Friedrich von Frontenhausen, viel andere Herren und Frauen steuerten dazu mit voller Hand 108).

 

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108) Raselius handschr. Chronik. Bis zum eilften Jahrhundert ward meistens Alles im römischen und neugriechischen Geschmack erbaut, per operarios graecos, wie Gobelinus Persona (Meibom Script. rer. Germ. 1, 257) von Kaiser Karl I. und wieder vom Erzbischof Meinwerk, der 1036 starb, sagt. Es ist inzwischen schwer, die herrschende Bauart der Deutschen in einem Jahrhundert immer genau zu bezeichnen, da oft mehrere Jahrhunderte über den Bau einer einzigen Kirche verflossen, in welchen Baumeister Entwürfe und Geschmack änderten.

 

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12.

Erbauung vieler Klöster

 

Theils jene Fortschritte der Kunst, theils des Zeitalters fromme Begeisterung vermochten, daß eine ungeheure Menge Kirchen und Klöster entweder kostbarer aufgeführt, oder ganz neu gegründet wurden. Es blühten allein zu Baiern binnen fünfzehn Jahren, wie nie vorher und nachher, fast eben soviel heilige Stiftungen auf.

 

Es darf wohl dieses Zeitalter die Jünglingszeit deutscher Menschheit genannt werden, welche, ein riesenhaftes Geschlecht, aus der Begattung nordischer Barbaren mit den Töchtern des überwundenen Süden entsprungen war. Die Fülle der Kraft gestattete keine Rast, und forderte das Schwerste in den Kampf. Das Ungeheure ward geliebt. Unmäßige Leidenschaften gebaren gleich große Tugenden und Laster. Die Einbildungskraft leuchtete, statt der Erfahrung. Man irrte zwischen Wundern. Jedes Ereigniß am Himmel, jede Erscheinung auf Erden, hatte Bedeutsamkeit,

 

 

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galt einen Gotteswink; vergrößerte die Gährungen; trieb Tausende ins Wahlfeld gegen die Ungläubigen oder in Einsamkeiten der Klosterzwinger.

 

Am dritten Tage des Jahres 1117 gerieth ein großer Theil Deutschlands durch Erdbeben in Furcht. Es stürzten Mauern der Städte und Tempel; Berge ließen Felsen herabfallen; Bäume wurden vom wüthenden Sturm entwurzelt 109). Noch allgemeineres Entsetzen verbreitete jene große Verfinsterung der Sonne, die im Jahr 1133 über Europa eintrat 110). Solche und andere Begebenheiten der Natur, die Unruhen der ganzen Welt, der Streit des Morgen- und Abendlandes unter den Mauern von Jerusalem, die Fehden von Burg zu Burg, die Sehnsucht ohne Stillung, der Kampf ohne Ziel, reizten immer mehr Gemüther, sich dem Sturm des Lebens zu entziehn und in heiligen Einsamkeiten eine Ruhe zu suchen, die ihnen der Weltgeist versagte. So entstand in diesen Tagen die Menge der Gotteshäuser und Klöster, und mit ihnen zugleich in Baiern, was

 

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109) Meichelbek 1, 301 rührt die Nachricht von diesem weit verspürten Erdbeben uns einem weihenstephanischen Calendarium an.

110) Mon. Boic. 7, 503

 

 

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das Geringste schien und das Bedeutendste ward, des Bodens reicherer Anbau.

 

Das Land zwischen dem Zusammenfluß des Regen und der Donau war, ehe die Brücke von Regensburg stand, stille Wildniß. Schon während des Brückenbau‘s stiftete dort Gebhard, ein Regensburgischer Chorherr, das Klösterlein Stetten 111), und eben so schnell blühte rings umher der Landbau auf, und Häuser erfüllten die Gegend, welche noch vor Kurzem unwirthlich gelegen war. Die Gegend um den Wallersee blieb eine Oede, nur wilden Thieren bekannt, bis im Jahr 1137 Bischof Heinrich I. von Freising auf dem jetzt verfallenen Schlosse Scoynburg (Schaumburg) bei Schlechdorf, noch heut die Veste genannt, jene Wilde mit dem Kloster Benediktbeurn theilte. Da ward der Wald schnell ausgerodet; das Feld urbar durch des Menschen Hand 112).

 

Aehnliche Verdienste hatten mehr oder weniger auch die andern Stiftungen dieses Zeitalters. Meistens wurde ihr Grundstein in noch wenig bevölkerten Gegenden gelegt; wie auf den Höhen an der Loisa ohnweit dem Wurmsee zum Kloster,

 

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111) Laurent. Hohenwart. (bei Oefele 1 , 190), wo Stetten ad ripas heißt.

112) Meichelbek 1, 313.

 

 

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welches die Herren von Iringi aus ihrem Schlosse Beurberg (Puriberg) bauten 113); oder wie zu jenem, welches im dichten Walde Kolergrün (eine Meile von Eger) ein tapferer Jüngling, Gerwich von Wolmundstein, veranlaßte. Der hatte sich aus dem Getümmel des Lebens mit wundem Herzen dahin geflüchtet, und eine Bethütte zwischen Baumstämmen aufgeflochten. Als ihn daselbst eines Tages Theobald, der Markgraf von Vohburg, erblickte, und in ihm einen seiner liebsten Waffengenossen erkannte, gründete er, durch ihn gerührt, am Bach Wondera das Kloster Waldsassen 114).

 

Dem Alpengebirg zu, auf dem Berge Matrona, ob der Veste Falkenstein, weihte die Andacht der Grafen zu Andechs und Diessen dem h. Petrus eine Betstatt 115). Diese Herren schalteten über die Landschaften an beiden Gestaden des Ammersees, und von der Isar hinauf bis Tölz. Sie wurden Herzoge von Dalmatien und

 

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113) Um‘s Jahr 1100. Hundii Metrop. 2, 92, und Mon. boic. 6, 355.

114) Um‘s Jahr 1133. Ottonis Prioris Chron. Waldsassense; bei Oefele script. rer. boic. 1, 54 ff.

115) Um‘s Jahr 1100. Hundii I. c. 3, 67.

 

 

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Kroatien, auch Markgrafen geheißen von Histrien; herrschten dort und auf den Bergen von Tirol im Alpenlande, wie auch im Voigtlande. Selbst Diessen, ihrer Stammschlösser eines, brachten sie der Gottesmutter als Kloster zum Geschenk dar. Viele andere Stiftungen erfreuten sich aus ihrer Hand. Vor Allen aber begeisterte zu gottseligen Thaten dieser Art Otto, der glaubenseifrige Bischof zu Bamberg, und Kreuzesverkünder der heidnischen Pommern 116). Durch sein Ermuntern erstand ohnweit Regensburg, wo die Rabe zur Donau fließt, Prüfening 117);

 

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Prüfening St. Georg

 

an der kleinen Laber Mallersdorf, welches die Grafen von Kirchberg aus ihrem Schlosse ob Madilhartisdorf errichteten 118); an der Abens Biburg, vorher der Grafen dieses Namens Stammveste 119).

 

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Biburg St. Maria
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Biburg St. Maria Westportal Kapitelle
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Biburg St. Maria Westportal Kapitelle

 

Münchsmünster und Osterhofen, die uralten Gestifte agilolfingischer Zeit, traten durch jenes Otto Frömmigkeit verjüngten Glanzes aus dem Schutte 120); gleichwie Altaich das Obere 121),

 

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116) Wahrscheinlich aus einem adelichen Geschlechte von Schwaben.

117) Ums Jahr 1109. Hundii I. c. 3, 85.

118) Ums Jahr 1109. Mon. Boic. 15, 248.

119) Hansiz Germ. sacra 2, 245 ff.

120) Mon. boic. 12, 324.

121) Mon. boic. 12, 15.

 

 

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und das oft zerstörte Scheftlarn 122) gänzlichem Verfall entrissen wurden, oder Schliers, das alte Klosterlein, welches in ein Chorstift umgestaltet ward 123). Noch kann Dir von Otto‘s wirksamem Worte Aldersbach zeugen, im anmuthvollen Grunde des Vilsthales 124); Aspach, aus einer frommen Wittwe Schärflein am Rothfluß gebaut 125); Untersdorf im fröhlichen Thal, von der Glon bewässert, welches zur Sühne seiner Sünden Graf Otto der Schyre stiftete 126), wie Ensdorf, die Abtei ohnweit der Nab 127); Windberg 128), vormals der Bogen altes Schloß ohnweit der Donau, dem Böhmerwald zu gelegen, nun von ihnen den Mönchen geöffnet, die nach der Vorschrift des Hauses Prämontré lebten.

 

Wie schon um das Jahr 1080 die Frömmigkeit des ersten Welf im Waldthal an der Amber die

 

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122) Mon. Boic. 8, 359 und 511.

123) Ums Jahr 1141. Joh. v. Obernberg ·histor. Abh. vom« Chorstift Schliers (München 1804 ). S. 50

124) Ums Jahr 1129. Mon. boic 5, 291.

125) ums Jahr 1127. Mon. boic. 5, 102.

126) Ums Jahr 1124 Mon. boic. 10, 227 ff.

127) Adam Meilers Mundi miraculum seu chron. Ensdorf.

128) Ums Jahr 1135. Mon. boic. 14, 1 ff.

 

 

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Klause von Raitenbuch für Chorherren aufgethan hatte 129), stiftete ein späterer Welf, des Herzogs Heinrichs des Zehnten Bruder, kaum zwei Stunden davon entfernt, Steingaden für Prämonstraten 130), eh‘ er mit den Kreuzherren ins Land Palästina fahrtete.

 

Die vielherrlichen Schyren blieben in heiligen Liebeswerken nicht saumselig gegen die Kirche, wie Untersdorf und Ensdorf lehrten. Sogar ihre alterthümliche Stammburg zu Scheyern räumten sie, gaben sie den Mönchen, welche bisher auf dem Petersberg nach Benedikts Ordnungen gewandelt und Mangel an gesundem Wasser erduldet hatten 131), und zogen auf ihre Schlösser Kelheim und Wittelsbach. Denn dem Himmel zu gefallen, war kein Opfer zu groß, das Bitterste zugleich das Süßeste. So mag es ein Graf Adelbert von Lengenfeld schmeichelhaft gefunden haben, „der Arme in Christo“ zu heißen, indem er all sein irdisches Gut freudiglich dem Altar brachte, und zu Rohr, eine Meile vom Schlosse der Abensberger, das Stift der Chorherren baute 132),

 

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129) Mon. boic. 8, 1 ff.

130) Ums Jahr 1147. Mon. boic. 6, 477.

131) Ums Jahr 1112. Mon. boic. 10, 372.

132) Ums Jahr 1133. Mon. boic. 16, 91.

 

 

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um darin zu sterben. Das Geschlecht derer von Lengenfeld, von welchem er stammte, wohnte ursprünglich an der Nabe auf der Burg ihres Namens, verbreitete sich aber fruchtbar in mehrere Zweige über die Grafschaft zu Riedenburg, Kalmünz, Stephaning, Vellburg, Luppurg und Rohr. Das Burggrafenthum von Regensburg ist lange Zeit von Söhnen ihres Hauses verwaltet. Auch das Kloster Walderbach im lieblichen Thal am Regen 133), wie das Münster an der Altmühl sind von ihnen gekommen 134).

 

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Walderbach St. Nikolaus
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Walderbach St. Nikolaus
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Walderbach St. Nikolaus Westportal

 

Wie die Welfen und Schyren und Lengenfelde haben die weitverbreiteten Sulzbacher gethan, welche aus dem erloschenen Geschlecht der Grafen zu Kastel, an der Lauter im Nordgau, hervorgegangen waren. Ihre Burg Kastel selbst ward mit großer Ausstattung zum Benediktinerstift; früher schon hatten sie aufwärts im Hochgebirg ob Salzburg Berchtesgaden 135) gegründet zwischen Wäldern, Seen und gesalzenen Bergen, nachher aus ihren Gütern bei Auerbach

 

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Berchtesgaden St. Peter und Johannes
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Berchtesgaden St. Peter und Johannes Kreuzgang Kapitell
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Berchtesgaden St. Peter und Johannes Kreuzgang Kapitell
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Berchtesgaden St. Peter und Johannes Kreuzgang Pfeiler

 

 

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133) Heinrich und Otto von Riedenburg waren die Stifter. .

134) Hundii Metrop. 2, 60.

135) Ums Jahr 1108. Abh. der bair. Ak. 3, 153. Hund I. c. 2, 105.

 

 

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Michelfeld 136) und wahrscheinlich auch die Abtei Weissenohe 137). Selbst Baumberg, das Kloster des Chiemgau‘s, auf luftiger Höhe, wo Traun und Alzach zusammenfliessen, ward von ihnen, wo nicht gestiftet, doch vollendet 338). Denn früher schon war dessen Errichtung unter dem Schmerz der Lieb’ und des Todes beschlossen worden. So geht die Sage:

 

Adelheide, des Grafen Kuno von Megling und Frontenhausen Tochter, war die liebreizendste von allen Jungfrauen weit umher 139); ihr Vater ein stolzer und zorniger Mann. Darum wagte der schöne Graf Markohard nicht um sie zu werben; er war nicht reich. Sein Schloß Marquartstain lag auf hohem Berg an der Aha, wo sie aus dem Gebirg zum Chiemsee rauscht. Er ward des reichen Kuno Dienstmann;

 

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136) Ums Jahr 1119. Die Stiftungsurkunden von Michelfeld wie von Kastel in Bruschii chron. Monast. S. 120. 306

137) Bruschius I. c. 1, 13.

138) Seit 1144. Mon. boic. 2, 169

139) Puellam mire pulchritudinis, inter electissimas predicte terre mulieres u. s. w., sagt die Stiftungsgeschichte in einer Urkunde des zwölften Jahrhunderts. Mon. boic. 2, 173.

 

 

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seinen schönsten Sold empfing er durch Adelheidens heimliche Gegenliebe. Als Beide den Sinn des alten Kuno nicht erweichen konnten, flüchteten sie auf Markohards hohes Schloß im Gebirg. Da vergaß Adelheide in seinem Arm den Fluch des Vaters, der sie enterbte. Zwei Monden nach der Hochzeit aber, als Markohard durch einen Wald jagte, ward er von zwei Jünglingen überfallen, Söhnen einer Edelfrau, mit welcher der Graf zuvor Buhlschaft getrieben. Eifersucht wollte verrathene Liebe rächen. Markohard fiel unter den Streichen der Jünglinge. Im Blute schwimmend fand ihn Adelheide; an ihrer Brust gab er den Geist auf. Sie gelobte dem Sterbenden zum Trost der Seelen aus seinem Gut ein Bethaus zu bauen. Allein Jahr und Tag nachher, in den Freuden folgender Ehen, blieb das Gelübde vergessen. Erst auf dem Sterbebett ereilte sie die Reue. Da mußte ihr dritter Gemahl, Beringer von Sulzbach, schwören, ihren Leichnam nicht zur Erde zu bestatten, bevor das Gelübde gelöset sei. Adelheidens Leib ist zwölf Jahre lang neben dem Bethäuslein unbegraben gestanden. Mit Gründung des Klosters Baumberg fand er Ruhe.

 

Im Isenthale hatten die Leonsberger zu Leonsberg und Tungau ihren Sitz. Sie stifteten

 

 

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St. Veit aus ihrem weitläufigen Besitzthum 140). Die Grafen von Hirschberg, deren Ursprung sich in die Tage der Agilolfingen verliert, noch ward ihre alte Stammveste auf dem Berggipfel über dem Zusammenfluß der Sulz und Altmühl gesehen, bauten das Kloster der Prediger zu Eichstätt und Plankstätten.

 

Kaum ein einziges baierisches Adelsgeschlecht war vorhanden, welches nicht altbestandene Kirchen reich beschenkt, oder neue aufgeführt hätte.

 

Bernried am Wurmsee ward von Graf Otto von Valey gebaut 141), dessen Väter in Sundergau mächtig waren und sich sonst von Grube hießen, bis Otto die starke Burg Valey an der Mangfall am Fuß der Alpen bezog. Die Kirchen von Weyarn 142) erhob der vielbegüterte Sigibot, Graf zu Neuburg und Falkenstein, ebenfalls am Ufer der Mangfall; Suben, das Kloster am Inn 143), eine Gräfin von Neuburg und Formbach, Neuzell und Neustift, wo sich

 

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140) Ums Jahr 1130. Mon. boic. 5, 229. Auch Niedern-Viebach an der Isar 1296.

141) Ums Jahr 1111. Mon. boic. 2, 167.

142) Ums Jahr 1133. Mon. boic. 7, 427.

143) Ums Jahr 1100. Mon. boic. 5, 510

 

Baierns Geschichte. II. 14

 

 

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Mosach und Isar vereinen 144), Otto, Bischof von Freising, aus dem Hause der Markgrafen von Osterreich , der noch unsterblichern Namen durch die Geschichten empfing, welche er beschrieben; Pöhring wurde von drei Brüdern aus den gräflichen Stämmen derer zu Raning, Rottenburg und Mospurg gestiftet 145); Ranshofen, auf geräumiger Ebene am Inn, von buschigten Hügeln umgeben, wo längst schon Kaiser Arnulf dem heil. Pancration ein Kirchlein geweiht hatte, durch Herzog Heinrich IX. Prachtvoller anfgeführt 146) Raitenhaslach, im engen gekrümmten Thal, von der Salzach durchwühlt 147), durch Wolfhern von Tegernwang; Reichenhall, wo in karlingischen Jahrhunderten am Fuß des Gebirges dem heiligen Zeno eine Klausnerei geweiht gewesen sein mag 148), durch Erzbischof Konrad von Salzburg , den großthätigen Mann, vollbracht.

 

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Bad Reichenhall St. Zeno Westportal
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Bad Reichenhall St. Zeno
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Bad Reichenhall St. Nikolaus
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Bad Reichenhall St. Nikolaus Bogenfeld Nebenapsis
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Bad Reichenhall St. Nikolaus Bogenfeld Nebenapsis
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Bad Reichenhall St. Nikolaus

 

 

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144) Ums Jahr 1140. Meichelbek 1, 322. Mon. boic. 9, 527.

145) Ums Jahr 1143. Hund 3, 62

146) Ums Jahr 1130. Hund 3, 138.

147) Ums Jahr 1143. Mon. boic. 3, 99.

148) Ums Jahr 1120. Mon. boic. 3, 521.

 

 

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Noch wäre von vielen andern Stiftungen dieser Tage zu erzählen, wie von Reichenbach 149),

 

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Reichenbach St. Maria Himmelfahrt

 

welches ein Graf des Hauses Vohburg 150) baute, weil seine Mutter von schwerer Krankheit genas, nachdem sie die Himmelskönigin im Traum gesehen; von Beiharting im obern Baiern an der Glon, dem Werke eines gottseligen Geschwisters 151); von Schamhaupten an den Quellen des Schambachs ob Altmanstein 152), der bußfertigen Wittwe Gertrudis Gestift. Es ist aber Zeit, daß ich wieder von den Schicksalen des hochfährtigen Herzog Heinrich zu Baiern erzähle, und wie er um Ansehn und Leben gekommen.

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….

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149) Ums Jahr 1120. Mon. Reichenb. Oefele 1, 402.

150) Markgraf Diebold, der auf die gleiche Stelle eine Stadt und Burg hatte bauen wollen, aber seiner Mutter Leuchardis nachgeben mußte, da sie ihren Willen vor kaiserlichem Gericht geltend machte.

151) Ums Jahr 1130. Meichelbek 1, 311

152) Ums Jahr 1139. Mon. boic. 1, 311.“

 

 

 

Quelle:

Heinrich Zschokke‘s ausgewählte Schriften. Dreißigster Theil. Der Baierischen Geschichten Zweites Buch. Beschluß. Aarau 1828. Bei Heinrich Remigius Sauerländer. S. 198-211

Hinweis: Die eingefügten Fotos stammen von einer Studienreise Otto Kruggels und sind im zitierten Werk nicht enthalten.

 

 

 

 

Anna Landsberg: Die romanische Bau-Ornamentik in Südbayern

Die Romanische Bau-Ornamentik in Südbayern.

 

 

Inaugural-Dissertation

 

zur Erlangung der Doktorwürde

 

der Hohen Philosophischen Fakultät

der Universität Frankfurt am Main

vorgelegt von

 

Anna Landsberg

 

aus Breslau.

 

München 1917.

K. Hof- und Universitäts-Buchdruckerei Dr. C. Wolf & Sohn, München.

 

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Referent: Professor Dr. Kautzsch.

 

 

Korreferent: Professor Dr. Schrader.

 

 

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Vorwort.

 

Bei der Beschäftigung mit der romanischen Bauornamentik in Südbayern ergab es sich, daß zwei Bauten, der Dom in Freising und die Schottenkirche in Regensburg, von grundlegender Bedeutung für die Baukunst dieses Gebiets um die Wende des XII. Jahrhunderts gewesen sind. Fast die gesamte Dekoration der Gegend ist von dem einen oder dem andern Bau herzuleiten. Die Einflüsse der Regensburger Bauschule reichen noch weiter, bis Franken, bis Böhmen, Nieder-Österreich 1), Siebenbürgen und Ungarn. Diesen Ausläufern ist nur in einzelnen Fällen nachgegangen.

 

Eine dritte Stilrichtung repräsentieren die Kirchen von Straubing und Altenstadt. Ihre Einwirkung ist nur an einem Bau, der Windberger Kirche, zu spüren, ist auch hier fast aufgesogen von dem Strom der Regensburger Kunstübung.

 

Eine vierte Baugruppe - Berchtesgaden, Reichenhall und Steingaden - steht in nur loser Verbindung mit den vorgenannten Schulen. Sie hätte gesondert, im Zusammenhang mit Salzburger Bauten behandelt werden müssen; hier ist sie nur gelegentlich herangezogen. Anderes, wie Wessobrunn, steht völlig vereinzelt da und blieb deshalb unberücksichtigt.

 

Im übrigen ist Vollständigkeit innerhalb des Gebietes südlich der Donau nach Möglichkeit erstrebt.

 

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1) Zusammengestellt von R. K. Donin: Romanische Portale in Nieder-Österreich (Jahrbuch der Zentral-Kommission 1915).

 

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A. Der Dom zu Freising.

 

Der Dom verdankt seine jetzige Gestalt einem Umbau unter Bischof Johann Franz Eckher zu Beginn des XVIII. Jahrhunderts. Es blieben von dem romanischen Bau nur die Außenmauern, die Krypta und das Portal bestehen.

 

a) Das Portal.

 

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Das Freisinger Domportal ist dreifach abgetreppt. Die in die Rücksprünge eingestellten Säulen verjüngen sich stark nach oben. Die mittelste Säule jeder Seite ist glatt gelassen. Die äussersten zeigen eine senkrechte Kannelur. Die Säulen zunächst dem Eingang sind, wie sich das in der Buchkunst häufig findet, aus zwei übereinander aufgerichteten Säulen zusammengesetzt. Was zunächst wie ein Schaftring aussieht, ist gleichzeitig das Kapitell der unteren und die Basis der oberen Säule. Nur die oberen Säulen verjüngen sich. Sie sind vertikal kanneliert; die unteren bestehen aus drei spiral kannelierten Werkstücken, die so angeordnet sind, daß die Richtung der Kanneluren zweimal umbricht. Die einzelnen Teile sind durch tauartig gedrehte Zwischenstücke verbunden. Pfosten und Säulen stehen auf einem gemeinsamen, gleichmäßig nach innen fluchtenden Sockel. In der Archivolte setzen sich die Säulen als Rundstäbe fort. Den zwei inneren Säulenpaaren entspricht eine kannelierte und eine glatte Archivolte; die Archivolte der

äußersten Säulen ist durch eine Ranke ausgezeichnet. Die Kapitellzone schmückt ein aufrecht stehender doppelter Blattkranz. Zwischen den Blättern, an den Gewändekanten, sind einzelne Köpfe angebracht 1). Der Kämpfer folgt der Profilierung

 

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1) Erneut ist die Nase des Kopfes am äußersten rechten Gewänderücksprung, ferner Stücke des Kämpfers.

 

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des Gewändes: er ist eckig über den Pfosten und halbkreisförmig über den Säulen. Der Halsring besteht aus einem tauartig gewundenen Stab. Die Basen verkröpfen sich – in gleicher Bewegung wie die Kapitelle und Kämpfer - um Säulen und Gewändepfosten. Die Säulen haben gesonderte Plinthen, die, mit dem Gewändesockel parallel laufend, mit den Plinthen der Pfosten einen Winkel von 45° bilden. Säulen-Basen und -Plinthen sind nur mühsam zwischen die Pfosten hineingezwängt. Die Dekoration ist auch an den Basen über alle Glieder fortgeführt. Sie haben attische Profilierung. Der obere Stab ist, wie der Halsring, strickartig gewunden. Den unteren umzieht eine Ranke, die dicht aneinander gereihte, an den Spitzen eingerollte Blättchen nach beiden Seiten entsendet. An Stelle des in einzelne Blättchen geteilten Eckblattes treten manchmal kleine Köpfe.

 

Der eigentliche Türrahmen, das Tympanon und der Türsturz bestehen aus Stuck und entstammen einer Restauration.

 

Die Ranke der äußersten Säulenarchivolte besteht aus zwei in gleichmäßigen Abständen durch ein Band zusammengehaltenen Ästen. Sie umschließen ovale Felder, die mit Palmetten, deren Blätter sich an der Spitze einrollen, und mit Trauben ausgesetzt sind. Ähnlich sind die aufrecht stehenden Palmetten über den beiden Zwischenkapitellen am Gewände. Eine herzförmig gebogene Ranke mit fünfteiligen Blättchen schmückt das unterste Werkstück am linken äußersten Pfosten. Beide Eckpfosten sind an der Stirnfläche mit schmalen Rundstäben besetzt. Von den Zwischenkapitellen ist das linke mit aufrecht stehenden Blättern, das rechte mit einer Ranke geschmückt. Auch hier sind Köpfe zwischen das Pflanzenornament gesetzt. Der rechte ist erneut; der linke hat ovale Gesichtsform, im Bogen in die Stirn hineinhängende Haare, ein stark ausgeprägtes Kinn und eingefallenen Mund.

 

An den äußersten Gewändepfosten befindet sich links das Porträt Friedrich Barbarossas und eines Bischofs, rechts das der Kaiserin Beatrix von Burgund; über ihnen stehen die Inschriften „FREDERIC. ROM IMPER AUGUST. und CONIUX. BEATRIX COMITISSA BURGUNDIAE. Ao MCLXI“.


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Die erstere Inschrift nimmt eine schmale Steinlage, die Figuren von Kaiser und Bischof eine zweite breitere ein. Kemmerich sieht hier ein authentisches Porträt des Kaisers und vergleicht es einläßlich mit Siegeldarstellungen und der Figur im Reichenhaller Kreuzgang 1). Die Siegel zeigen bei den Kaisern statt des Faltestuhls einen breiten Thronsessel. Die Krone auf den Siegeln Friedrichs II. ist mit zwei Bügeln versehen; sonst kommt bei Darstellungen der Zeit noch der Stirnreif mit Lilienzacken vor, wie in Reichenhall. Die Krone mit ihren gleich hohen Zacken, der Grat des Brustpanzers, die starke Schnürung der Taille, sind Merkmale einer Tracht aus der Wende des XIV. Jahrhunderts. 2) In dieser Zeit müßten die Figuren zum wenigsten stark restauriert worden sein. Doch ich glaube, sie sind dann erst entstanden. Einwenden läßt sich nur, daß die Gesichts- und Bartbildung an der Figur des Kaisers und die Borte an seinem Obergewand, an den Figuren der Krypta ähnlich vorkommen. Aber schon das lange, schlicht herabfallende Haar hat kein anderer der Freisinger Köpfe.

 

Der Faltenstil bei der Figur der Beatrix ist so unbestimmt, daß er zur Datierung nicht hinreicht. Die Form der Krone das Übergewand mit den Ärmeln, die Stellung im Dreiviertelprofil, scheinen durchaus gegen die Entstehung im XII. Jahrhundert zu sprechen. Auf spätere Entstehungszeit deutet auch die technische Beschaffenheit der Figuren. Soweit sich erkennen ließ - eine dicke Farbschicht erschwert die Betrachtung - bestehen sie sämtlich aus einer weißen bröckeligen Masse, nicht aus dem roten Salzburger Marmor, der für alle, auch die figürlichen Teile des Portals verwandt ist.

 

Die Inschrift des linken Gewändes könnte mit dem Portal gleichzeitig sein. Die der rechten Seite ist wohl neueren Datums; jedenfalls sind die letzten Buchstaben und die Jahreszahl, die in den Stuck der anstoßenden Wandfläche eingeritzt ist, erneut, und es ist fraglich, ob sie je so gelautet hat.

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1) Max Kemmerich: Die frühmittelalterliche Porträtplastik in Deutschland (1908).

2) Paul Post: Die niederländische Männertracht etc. (Diss. Halle 1910).

 

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Die Herkunft des Portalstiles hat man bis jetzt in Italien gesucht, ohne doch auf bestimmte Vorbilder hinzuweisen. Riehl 1) meinte, daß S. Zeno in Verona auf die Grundrißbildung des Freisinger Domes von Einfluß gewesen ist. Er erwähnt das Fehlen des Querschiffs, den Chorabschluß mit drei gleichfluchtenden Absiden und den starken Niveauunterschied zwischen Schiff und Vorhalle. 2) Er glaubt auch, daß der Portalmeister seine Anregungen von Verona her erhielt, ist diesen Einflüssen aber nicht näher nachgegangen.

 

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Die Lombardei ist die Heimat des Bayerischen Portaltypus, wie ihn Burkhard Meier aufgestellt hat. 3) Die Säulen nehmen ein Viertel der Rücksprünge ein, und der Kämpfer verkröpft sich um Gewände und Säulen in regelmäßiger Zickzackbewegung. Beispiele dafür sind das Hauptportal am Dom zu Ferrara

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Ferrara-Kathedrale-San-Giorgio-Portal-IMG-6942.jpg

 

und die Türen von S. Michele in Pavia. Nur sind in Norditalien die Säulen fast nie frei vor die Rücksprünge gestellt, sondern als Halbsäulen völlig in das Gewände einbezogen. Freising folgt dem ausgebildeten bayerischen Typus noch nicht. Die Säulen verjüngen sich, und der Kämpfer paßt sich der Form der Säulen und des Gewändes an, so daß bogenförmige und rechtwinkelige Stücke miteinander wechseln. Auch für die Freisinger Portaldisposition gab Oberitalien das Vorbild. Es ist von der Bauschule des Nicolaus und Wiligelmus herzuleiten. Die Formen des Domportals zu Verona waren dem Freisinger Meister geläufig. 4) Außerdem wird er die Portale am Dom zu Ferrara gekannt haben. Das Portalgewände steht in Verona auf einem hohen ungegliederten Unterbau. Auf ihm ruht ein gleichmäßig nach innen fluchtender Sockel. Darüber folgt das durch Halbsäulen und Pfosten gegliederte Gewände.

 

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1) B. Riehl: Denkmale frühmittelalterlicher Baukunst Seite 32 ff.

2) Eine Vorhalle ist auch in romanischer Zeit vorhanden gewesen; s. Die Kunstdenkmale des Königreich Bayern; Oberpfalz und Regensburg: Bez. Stadtamhof, unter Prüfening.

3) B. Meier: Die romanischen Portale zwischen Weser und Elbe (Ztschr. f. Gesch. d. Architektur, Beiheft 6 S. 45).

4) Abbildungen in C. Martin: L‘art Roman en Italie: Planches 76/77.

 

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Die Halbsäulen verjüngen sich nicht. Sie nehmen ein Viertel der Rücksprünge ein, so daß die Basen der Pfosten und Halbsäulen gleich lange Seiten haben. In Freising war man genötigt, der Verjüngung zu Liebe den unteren Durchmesser der Säulen so groß zu wählen, daß ihre Basen die Pfosten fast ganz verdecken. Die Verjüngung haben in Verona die vollplastischen Säulen, die die Vorhalle tragen. Auch setzt sich die Säule zur Linken aus einzelnen Werkstücken zusammen, deren Kanneluren rechtwinkelig zu einander verlaufen, wie an den innersten Säulen in Freising.

 

Ist die Anordnung der Basen in der lombardischen Schule häufig, so überzeugt der Kämpfer von einem besonderen Zusammenhang zwischen Freising und Verona. Er folgt auch hier der Bewegung des Gewändes und ist halbkreisförmig über den Säulen und rechtwinkelig über den Rücksprüngen. 1) Sein Profil, aus Platte, zugespitztem Stab und Platte wiederholt sich in Freising in gleicher Reihenfolge. Auch die Bildung der Kapitelle ist von Verona herzuleiten. Das Motiv zweier zackiger Blattkränze übereinander sah der Freisinger Meister an dem innersten Rundstab der Archivolte. Sonst stimmt noch die Kannelur der zweiten Gewändesäule in Verona und der äußersten in Freising überein. 2) Zwei Anregungen mag der Portalmeister von Ferrara empfangen haben: Von den übereinandergestellten Säulen ist die obere an ihrem Ursprung mit einem Palmettenkranz umgeben: gleichsam der Stamm, der aus Keimblättern emporsteigt. In Ferrara sind die Säulen der Vorhalle mit Keimblättern umstellt. Auch in Ferrara sind in der Kapitellzone kleine Köpfe zwischen dem Blattwerk angebracht; nicht nur an den Pfosten wie in Freising, sondern, wie in Regensburg, auch zwischen dem Laub der Kapitelle.

 

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1) Das Anschmiegen des Kämpfers an den Portalgrundriß kommt auch in der lombardischen Bauschule, in S. Stefano in Bologna und im Dom zu Parma vor. Doch da ich eine direkte Ableitung von Verona für völlig gesichert halte, haben solche Übereinstimmungen lediglich für die Geschichte der italienischen Bauornamentik Interesse.

2) Sie besteht aus Kehle, Absatz, Wulst, Absatz, Kehle u. s. f.

 

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b) Die Krypta.

 

Die Krypta liegt unter dem Mittelschiff. Ihre Eingänge waren vermutlich früher an der Westseite, sind aber bei Anlage der Chortreppe des XVIII. Jahrhunderts, die die ganze Mittelschiffsbreite einnimmt, an die Nord- und Südseite verlegt worden. Sie ist vierschiffig und besteht aus acht Jochen. Die Stützen sind Säulen oder Pfeiler in freiem Wechsel. Nur bei den Wandstützen folgen sich bis zu dem letzten Joch hin regelmäßig Pilaster und Halbsäulen. Auffällig ist, daß die freistehenden Säulen und Pfeiler einander weder an Größe noch an Umfang gleichen. Auch stimmen die Profile ihrer Basen und Kämpfer nicht überein. Ornamentierte Kapitelle folgen auf einfache Würfelkapitelle, und die Anordnung der einzigen Säule mit figuriertem Schaft ist selbst durch ihre angeblich ausgezeichnete Stellung unter dem Hauptaltar nicht zu erklären. 1) Sighart 2),

Büsching 3) und andere glaubten, es seien Teile des unter Bischof Otto I. (1137 - 1158) errichteten Baues in die spätere Krypta hinübergenommen worden. Diese Voraussetzung lässt sich mit den Bauformen nicht in Einklang bringen, die sämtlich den Stil der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts aufweisen.

 

Man kann gleicherweise nicht annehmen, daß die Divergenzen durch Baupausen hervorgebracht wären, denn nach Stil und Maßen gleiche Stücke stehen nicht nebeneinander. Demnach kann es sich nur um einen späteren Umbau handeln, bei dem die Bauteile in anderer Anordnung wieder verwandt wurden. Nun findet sich bei Meichelbeck eine Notiz, der zufolge die im Januar 1708 aufgefundenen Reliquien des Heiligen Nonnosus erst am 2. September 1709 feierlich wieder beigesetzt wurden. 4) Bis zu dieser Zeit befanden sie sich in der bischöflichen Kapelle des Domes. Die Länge der Schließung läßt die Möglichkeit einer umfassenden Restaurierung der Krypta zu. Nachweislich

 

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1) Der Hauptaltar war vermutlich nie so weit in den Chor hineingezogen.

2) Joachim Sighart: Der Dom zu Freising (Landshut 1852).

3) Büsching: Wiener Jahrbücher der Literatur. Band 13.

4) Carolus Meichelbeck: Historia Frisingensis.

 

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war sie vorher in sehr verfallenem Zustand. 1) Etwa gleichzeitig mit der Renovierung der Krypta erfolgte der Neubau der nur von ihr aus zugänglichen Maximilianskapelle, die, laut Inschrift,

im Jahre 1710 durch Bischof Johann Franz Eckher errichtet und geweiht worden ist. Sein Grabstein im Dom zeigt ihn mit dem Plan der neuen Kapelle und der anschließenden Krypta in der Hand. So hat er wohl den Gesamtplan für beide Bauten entwerfen und ausführen lassen. 2) Vielleicht nahm der „Amator Antiquitatum“ Bischof Eckher, Bauteile der mittelalterlichen Kapelle zur Ergänzung schadhafter Stücke in die Krypta hinüber. Sicher ist, daß in einer späteren Periode die Gewölbe abgestützt und im Stil nicht zugehörige Stützen eingezogen wurden.

 

Es lassen sich in der Hauptsache zwei Reihen scheiden: Eine ältere, die zur Zeit des Portals entstanden sein muß, eine jüngere, die Beziehungen zur Regensburger Schottenkirche zeigt. Die jüngeren Stücke sind an der stärkeren Plastik, an der Übereinstimmung ihrer Figuren kenntlich. Die ältere Gruppe, zu der eine Reihe unbearbeiteter Kapitelle gehört, zeigt von Glied zu Glied Übereinstimmungen in Formen und Maßen, doch nicht so, daß alle Kapitelle einander ähnlich, oder auch nur in den Abmessungen einander gleich wären.

 

Da die Säulen und Pfeiler einzeln untersucht werden sollen, ehe ihre Zusammengehörigkeit bestimmt wird, so ist folgende Benennung eingeführt:

S. bezeichnet die Halbsäulen und, Pilaster der Südseite,

N. die entsprechenden der Nordseite,

S.P. die südliche,

 

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1) So bestanden in den Jahren 1693 und 1696 von den acht Altären der Krypta nur noch drei. Erst 1709 und 1710 wurden die fünf zerstörten Altäre wieder geweiht.

a) Das Altarverzeichnis im Erzbischöfl. Ordinariat zu München; Abschrift von 1702.

b) Specificatio et designatio omnium altarium etc. in Ecclesia Cathedrali Frisingensi de anno 1710 (H. S.) ebenda

2) Unter den vorhandenen Rechnungen war für den Umbau kein Beleg zu finden. Doch ist für die Jahre 1708 und 1709 nur wenig Urkundenmaterial vorhanden.

 

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M.P. die mittlere,

N.P. die nördliche, freistehende Stützenreihe

 

Die Zählung beginnt in jeder Reihe im Osten. Der einzeln stehende gemauerte Rundpfeiler im Osten ist deutlich als spätere Einschiebung kenntlich.

 

Zur älteren Gruppe gehört das Kapitell von N.P.1 Basis und Schaft sind erneut, der letztere erst im XIX. Jahrhundert. Die am Kämpfer befindliche Künstlerinschrift „Liutpreht“ ist nachgezogen. Dargestellt sind zwei männliche Halbfiguren, die sich der Würfelform des Kapitells so anschließen, daß die Köpfe zwei benachbarte Ecken der Kämpferplatte stützen. Den Raum zwischen beiden Figuren füllt eine Ranke, welche sich um ihre Arme schlingt. Der rechte Arm der einen Gestalt greift durch die schildförmig begrenzte Fläche der dritten Seite; sie hält mit beiden Händen eine Traube: Der andern Figur fehlt die Traube, und auch der linke Arm ist nicht vorhanden. Das Kapitell ist aber nicht unfertig, denn es wäre in dem gegebenen Block gar nicht genügend Raum für den fehlenden Arm gewesen. Wie auch die Verteilung der Figuren auf zwei benachbarte Ecken zeigt, war, ähnlich wie bei M.P.5‚ auf eine Schauseite gerechnet, die dem Altar oder dem Eingang zugekehrt lag.

 

Stilistisch ist hinzuweisen auf die fast eiförmige Bildung der Gesichter, auf die Anordnung der Haare in einzelnen Büscheln und auf die parallele Fältelung an den Ärmeln. Sie kommen ähnlich noch an mehreren Figuren der Krypta vor. Auch die Ranke, die von der Mitte des Kapitells ausgehend nach oben hin zwei gegenständige Halbpalmetten entsendet, findet sich hier noch öfters. Die Kopfbildung der Figuren, die aufgerichteten Halbpalmetten, begegnen auch an den Zwischenkapitellen des Portals. - Dem Kapitell von N.P.1 kommt das benachbarte nicht figurierte von N.P.2 nach den Maßen fast völlig gleich. 1)

 

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1)

N.P.1

N.P.2

S.P.1

Kämpferlänge 51 cm

Kämpferlänge 51 cm

Kämpferlänge 53 cm

Kämpferhöhe 11 cm

Kämpferhöhe 12½ cm

Kämpferhöhe 11 cm

Kapitellhöhe 35 cm

Kapitellhöhe 36½ cm

Kapitellhöhe 34 cm

Umfg. d. Halsrings 143 cm

U. d. Halsrings 128 cm

U. d. Halsrings 140 cm

 

 

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13

 

Das Kämpferprofil weicht ab. Doch sind die das Kapitell begrenzenden Schilde in genau der gleichen Weise mit zwei dem Kontur parallel laufenden Ritzlinien verziert. Mit beiden Säulen stimmt S.P.1 in den Maßen fast völlig überein. 1) Auch das aus Platte, schrägem Rücksprung, spitzem Stab und Rundstab bestehende Kämpferprofil ist das gleiche wie bei N.P.2. Nicht ornamentiert‚ wie die beiden letztgenannten Stützen, sind auch die beiden folgenden der Südseite. Ihre Zugehörigkeit zur selben Bauperiode wird durch ihre gleichen Maße gewährleistet. 2) An der Basis von S.P.3 sind die Eckknollen wie Kopf, Fänge und Schnabel eines Adlers gebildet. Deutlicher wird diese Bildung bei der später zu besprechenden Säule der mittleren Reihe: M.P.5. Die Basen kommen hier zum erstenmal zum Vergleich in Betracht, da sie an sämtlichen vorhergehenden Stützen erneut sind. Trotz der Übereinstimmung der Kapitelle weichen die Basen von S.P.2 und S.P.3 wesentlich von einander ab. S.P.3 hat das bei weitem stärker ausladende, also jüngere Profil. Es ist wahrscheinlich, daß man Basen, Säulenschäfte und Kapitelle bei der Erneuerung des XVIII. Jahrhunderts nicht so beieinander ließ, wie sie ursprünglich zusammengehörten. - Den vorigen schließt sich die Säule M.P.2 eng an. Die breite Basis mit ihrem komplizierten Profil ist erneut. Das Würfelkapitell aber hat die mit Ritzlinien konturierten Schilde, wie die drei östlichen Stützen der Südseite und kommt ihnen auch in den Maßen gleich. 3) Eng zugehörig sind ferner, den Maßen nach, noch N.P.6 und N.P.8. 4) Beide haben einfache Würfelkapitelle. Die Schilde von N.P.6 umgibt ein Halbrundstab. N.P.8 hat ein glattes Würfelkapitell. Der Kämpfer besteht bei beiden aus Platte und Rundstab. - Zu

 

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1) Siehe Anmerkung auf S. 12

2)

S.P.2

Kämpferlänge 51 cm

S.P.3

Kämpferlänge 50 cm

 

Kämpferhöhe 9 cm

 

Kämpferhöhe 11 cm

 

Kapitellhöhe 34 cm

 

Kapitellhöhe 37 cm

3)

M.P.2

Kämpferhöhe 9 cm

 

Kapitellhöhe 36 cm

4)

N.P.6

Kämpferlänge 50 cm

N.P.8

Kämpferlänge 50 cm

 

 

 

Kämpferhöhe 10½ cm

 

Kapitellhöhe 36 cm

 

Kapitellhöhe 34 cm

 

Umfg. d. Halsrings 112 cm

 

Umfg. d. Halsrings 133½ cm

 

 

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der genannten Reihe gehört ferner noch die Säule M.P.6, deren Kapitell den sogenannten Salzburger Typus zeigt. 1) Es ist gestaltet wie eine vierseitige Pyramide, die durch Abfasung der Kanten der Kreisform des Halsringes angenähert wird. Als ältestes bekanntes Beispiel nennt Dehio das Grabmal Theoderichs in Ravenna. 2) Nach dem Salzburger Gebiet und speziell nach Freising wird diese Form durch Verona (S. Zeno) vermittelt worden sein. - Den vorigen schliesst sich die Säule M.P.5 an. 3) Mit S.P.3 hat sie die Profilierung der Basis gemeinsam. Ebenso wie dort sind die Eckknollen zu Kopf, Fängen und Schwanz eines Adlers umgebildet. Das besonders gut gearbeitete Kapitell ist an drei Seiten mit Blattwerk bedeckt‚ das in symmetrischer Anordnung aus einer von den oberen Ecken ausgehenden zweiästigen Ranke herauswächst. Geschickt sind die Übergänge vom Viereck der Deckplatte zum Kreis des Halsringes durch von der Hauptranke ausgehende unterarbeitete Blättchen verdeckt. Das tütenförmig zusammengefaltete Mittelblatt erinnert in seiner Form noch an das Blattwerk am Ciborium von Civate. 4) Auch in Civate bestehen die Ranken aus zwei Ästen. Die Behandlung der Ranke, die schematisch gekerbten doppelt zusammengelegten Blätter sind die gleichen wie an der Liutprehtsäule. Das Ornament der vierten Seite des Kapitells bilden zwei in den Ranken sitzende Vögel. Den Raum zwischen ihnen füllen zwei aufgerichtete Halbpalmetten, völlig gleich denen am Kapitell der Säule N.P.1. Der Kämpfer ist der ursprüngliche und besteht aus einer mit kreuzförmigem Muster versehenen Platte und zwei tauartig gedrehten Stäben.

 

Das Kapitell der Säule S.P.5 steht im Zusammenhang mit dem vorigen. 5) Doch es ist ungleich handwerklicher. Die Ranken,

 

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1) M.P.6 Kapitellbreite 51 cm, Kapitellhöhe 38 cm

2) Dehio: Kirchliche Baukunst des Abendlandes I. S. 677.

3) Höhe des Kapitells mit dem Kämpfer 40 cm.

4) A. Feigel: S. Pietro in Civate (Monatshefte f. Kunstwissenschaft 1909). datiert die Dekoration von Civate noch ins XI. Jahrhundert.

5)

S.P.5)

Kapitellhöhe (ohne Kämpfer und Halsring) 23 cm

 

Kapitellhöhe (mit Kämpfer und Halsring) 40 cm

 

Umfang des Halsrings 118 cm

 

 

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welche die Schilder umgeben, gehen auch hier von den oberen Kapitellecken aus. Die löffelartige Kerbung des Blattwerks zweier Kapitellseiten und die Anordnung der Blätter gleicht dem Ornament von M.P.5. Auf den beiden anderen Seiten befinden sich Tiere: Das eine Mal zwei verschlungene Drachen, die ihre pfeilförmig zugespitzte Zunge zeigen, das andere Mal, ein einzelnes Untier. Die Eckknollen der stark ausladenden Basis haben Ähnlichkeit mit Muscheln. Ich glaube, in Borgo San Donnino gleiche Formen gesehen zu haben.

 

Noch läßt sich der erste Pfeiler der Mittelreihe (M.P.1) an die bisher zusammengestellte Gruppe anreihen. Im XIX. Jahrhundert ist sein oberer Teil ergänzt worden 1); doch ist, wie sich auf einem bei Heckenstaller reproduzierten Stich des XVIII. Jahrhunderts erkennen läßt, das Kapitell nach dem mittelalterlichen kopiert. 2) Der Pfeiler besteht aus vier Diensten, die um einen quadratischen Kern so herumgestellt sind, daß die Kanten des letzteren zwischen den Diensten sichtbar werden. Die Abfasung der Kanten ist mit Blattwerk ausgesetzt. Das Kapitell wird von vier Figuren gebildet, welche mit Kopf und Armen die Deckplatte stützen. Den Raum zwischen ihnen füllt Rankenwerk. Die Runddienste haben getrennte Basen. Zwischen diesen befinden sich an zwei Seiten Köpfe; die Gesichtsbildung, die Anordnung der Haare in einzelnen Büscheln, läßt deutlich die Verwandtschaft mit der Liutprehtsäule erkennen; auf diesen Zusammenhang weist bereits die Verwendung der Figuren am Kapitell. Die unzweifelhaft ursprüngliche Basis entspricht in ihrer Steilheit eher S.P.2 als S.P.3. - Diesem Pfeiler steht M.P.8 besonders nahe. Zunächst ähneln sich die Grundrisse. Zwei Dienste - die zwei anderen der Wand zugekehrten auszuarbeiten hat sich der Bildhauer gespart – sind einem vierkantigen Kern vorgelegt. Jeder dieser Dienste hat ein glattes Würfelkapitell. Aus dem Sockel sind zwei hockende

 

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1) In einer Höhe von 92 cm über dem Boden.

2) J. v. Heckenstaller: Dissertatio Historica de antiquitate Ecclesiae Frisingensis.

 

 

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Figuren herausgehauen, deren Hände die Basen der Dienste umklammern. Die Köpfe haben Ähnlichkeit mit denen von N.P.1, stimmen genauer noch mit den Köpfen am Portalgewände überein: Das kurze in Büschel geteilte Haar läßt die Stirnmitte frei, sich nach den Schläfen zu herüberlegend. Auffällig an der Gesichtsbildung ist der eingefallene Mund und das stark vorspringende Kinn. - Das kurze Gewand der Figuren ist am Halsausschnitt mit einer Borte besetzt. Die langen Ärmel stauen sich an den Handgelenken in parallelen Falten. Es ist die gleiche Faltenbildung wie bei den Figuren von N.P.1. Der untere Teil des Gewandes ist schürzenartig; der zwischen den Beinen herabfallende Teil liegt in gleichlaufenden vertikalen Falten. - Die Herkunft des Motivs dieser stützenden Figuren würde man am ersten in Italien suchen. Doch bieten sich dort nur ganz allgemeine Analogien.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Ferrara-Kathedrale-Hauptportal-linker-Loewe-mit-Traegerfigur-IMG-6352.jpg

 

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Die Figuren an der Domtür von Ferrara bilden die Sockel der Portalsäulen; diese ruhen auf ihrem Rücken auf. Auch Faltenbildung und Gesichtsformen sind völlig abweichend. In Trient finden sich an dem Sockel eines Portals der Ostseite zwei Figuren. Auch sie tragen die ganze Last der Säule mit dem Nacken. Zudem sind sie später anzusetzen als die Freisinger Krypta. Wunderlicher Weise finden sich die ähnlichsten Figuren an einem Kapitell in Glaine-Montaigut (Puy de Dôme) 1); zwei nebeneinander angeordnete Gestalten hocken genau in der gleichen Weise wie die Freisinger, mit ausgestreckten Armen die Deckplatte des Kapitells tragend. Auch die Anordnung des Gewandes und die Verziehrung am Halsausschnitt sind die gleichen. Trotz dieser Übereinstimmung ist an einen Zusammenhang zwischen Freising und Glaine- Montaigut nicht zu denken, da weitere Parallelen mit Westfrankreich fehlen.

 

An den Pfeiler M.P.8 sind zwei Säulenbasen aus Oberndorf im Allgäu anzuschließen, die sich jetzt im romanischen Saal des Nationalmuseums in München befinden. Zwischen zwei symmetrisch angeordneten Löwen hockt jederseits eine

 

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1) Bulletin monumental Bd. 66.

 

 

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zwergenhafte Gestalt mit langem Bart, die die Hände, wie es die Tragfiguren am Tridentiner Portal tun, auf die Kniee aufgestützt. Daß nur die Beine bedeckende Gewand ist in parallele Falten gelegt. Die gleiche Gewandung, oben in einen Gurt zusammengefaßt, kommt an einem Kapitell der Krypta von S. Zeno in Verona vor, an dessen Ecken die Figuren eher hinaufzuklimmen als zu stützen scheinen. Die Löwen der Oberndorfer Basen erinnern zumeist an den Löwen der Salzburger Franziskaner-Kirche. 1) So ist hier die Beziehung zu den norditalienischen und der mit dieser eng zusammenhängenden Salzburger Plastik deutlich. - Das Pflanzenornament zwischen beiden Figuren der Freisinger Krypta zeigt ähnliche Blätter wie die Ranke der Liutpreht-Säule. Sie sind nur stärker plastisch herausgearbeitet und in der Mitte übergeklappt, wie am Kapitell von M.P.5. Die Blattform findet sich noch häufig in der dekorativen Plastik abhängiger Bauten.

 

Alle die schon aufgezählten Merkmale wiederholen sich bei dem Pfeilerkapitell von S.P.4. Die Gesichts- und Augenbildung, die Haarangabe, sind bei den vier Halbfiguren an den Ecken, die sich mit ihren Händen auf den tauartig gedrehten Halsring stützen, die von N.P.1 her bekannten. Auch die Ärmel weisen dieselben Parallelfalten am Handgelenk auf. Die Zwischenräume zwischen den Figuren füllen baumartige Pflanzen mit den schon bekannten längs der Mittelrippe gefalteten Blättern. Die Ecken des vierkantigen Pfeilers sind abgeschrägt, so daß der Querschnitt ein regelrechtes Achteck bildet. Die so entstandenen Seiten sind wie die Eckpfeiler am Portal mit Halbrundstäben besetzt, deren Kapitelle und Basen zu dem ursprünglichen viereckigen Grundriß zurückführen. Eines von den Kapitellen ist mit einer umschriebenen Palmette verziert. Das Ornament findet sich in der Krypta nochmals und, genau in derselben Form, mit drei Blättern, die herzförmig umrandet

 

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1) Österreichische Kunsttopographie Bd. 9, Abb. S. 102-103. Nach Tietze erst in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts entstanden. Ähnlich ist die sich bogenförmig über das Auge senkende Stirn und die Stilisierung der Mähne.

2

 

 

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sind, am Chor der Regensburger Schottenkirche. Der Kämpfer ist neu; die Basis zeigt die häufigere ausladende Profilierung.

 

Eng zugehörig sind die im Grundnß völlig gleich gebildeten Pfeiler: S.P.6, M.P.3 und N.P.4. Bei S.P.6 ist an Stelle des Kapitells beim Umbau ein hoher Block in Form einer abgestumpften Pyramide eingeschoben worden. Bei M.P.3, dessen Kapitell nicht ornamentiert ist, verkröpfen sich Halsring und Basis um die Eckrundstäbe. Es entsteht aus dem Pfeiler die oktogonale nach oben verjüngte Säule mit kreisförmiger Basis. 1)

 

Das Rankenwerk des Kapitells von N.P.4 mit den von Astwerk umrahmten mehrteiligen Blättern ist dem Pflanzenornament von S.P.4 nicht unähnlich. 2)

 

Die jüngere Gruppe.

 

Die Bestiensäule, M.P.4, gleicht in den Maßen den früher entstandenen Stützen der Krypta. Ebenso stimmt das Basisprofil mit dem der Basis von S.P.3 überein. Trotzdem ordne ich sie der zweiten späteren Gruppe zu. Dazu bestimmt mich außer der stärkeren Plastik der Figuren, vor allem der hier zuerst deutlich auftretende Zusammenhang mit der Plastik der Schottenkirche. 3)

 

Von Goldschmidt ist die Bestiensäule beschrieben und inhaltlich als Illustration zum LXIX. und XXVII. Psalm erklärt worden. 4) Basis und Halsring sind, wie der eigentliche Säulenkern, oktogonal. 5) Ein gedrehtes Tau bildet den Halsring, ein zweites stärkeres den Kämpfer. Ist die Sighartsche Zeichnung richtig, so hätten vor der Restauration vier Adler das Kapitell gebildet, während jetzt nur zwei, mit den Köpfen nach Westen

 

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1) Der Kämpfer und der obere Teil des Kapitells sind ergänzt.

2) Bei N.P.4 ist der Kämpfer erneut.

3) Daß die Bestiensäule handwerklicher ist, als die meisten ornamentierten Teile der Krypta, gab Anlaß, sie für einen Rest des älteren Baues zu halten. Seit Riehl ist diese Ansicht wohl aufgegeben. (Riehl a. a. O. Seite 32ff.)

4) Adolf Goldschmidt: Der Albanipsalter in Hildesheim (Berlin 1895).

5) Die Achteckseite des oberen Rundstabes der Basis ist, wie bei N.P.3, 21 cm lang.

 

 

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gerichtet, den Kämpfer tragen. 1) Doch das Kapitell ist vermutlich das ursprüngliche. Es hat nur bei einer Überarbeitung sehr gelitten. Wie die Anordnung der Vögel, so zeigt die Verteilung der Figuren am Schaft, daß man mit einer Hauptansichtsseite rechnete. 2) - Die Tracht der gegen wilde Tiere kämpfenden Ritter besteht aus demselben oben glatt anliegenden Gewand mit dem kurzen und weiten Rock, wie bei den Stützfiguren an der Basis von M.P.8. Das Haar ist in wulstartige Strähnen geteilt. Die Augen liegen in einer großen scharf abgesetzten Höhlung. Die Ähnlichkeit mit den früheren Figuren ist besonders in der stark ausgeprägten Kinnpartie noch deutlich. Auch die Ranken, die knorriger sind und, stark plastisch gebildet, an einer Stelle frei vor die Säule treten, haben das vielfingerige Blatt mit den eingerollten Spitzen, das an der Liutprehtsäule und anderwärts vorkommt.

 

Hamann hat zwischen der Freisinger Säule und dem Türpfeiler in Souillac Beziehungen zu sehen gemeint 3) Doch weicht die allgemeine Anordnung und der Stil beider Werke so wesentlich voneinander ab, daß man an einen Zusammenhang kaum denken kann. In Souillac ist ein Kampf von Adlern oder Greifen gegen wilde Tiere dargestellt; nur ein Mensch ist unter den Verfolgten. Die netzartige Anordnung der Vögel, die Übersichtlichkeit, trotz der großen Anzahl der Figuren, die fast naturalistische Wiedergabe der Tiere unterscheidet den Türpfeiler in Souillac völlig von der Freisinger Säule. Eher mag eine allgemeine Anregung von Italien ausgegangen sein, wo Bestiensäulen mehrfach vorkommen. Die Säulchen der Zwerggalerie in S. Martino in Lucca haben freilich keinen Zusammenhang

 

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1) Sighart: Der Dom zu Freising.

2) „Die Figuren entsprechen sich nach beiden Seiten hin. Das Bild der Gefahr und des Hilferufs schmücken die dem Altar abgewandte Seite, die Zeichen der helfenden Macht Gottes . . . . . die Altarseite“ (Goldschmidt; s. o.). Auf der Zeichnung Sigharts erkannte Goldschmidt noch ein Schwert und ein Schild, die er auf die Textstelle des Psalms XXXIV, „apprehende arma et scutum“, deutete; doch diese Waffen hält einer der Streiter.

3) Sitzungsberichte der kunstgeschichtl. Gesellschaft. Berlin 1912.

2*

 

 

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mit Freising. Dort sind die Figuren einzeln übereinander gereiht, ohne sich wie an der Freisinger Säule, ineinander zu verflechten 1).

 

Das Kapitell des Pfeilers N.P.3 gehört der gleichen Gruppe von Bauteilen an. Schaft und Basis aber sind der älteren Gruppe zuzurechnen. Sie sind oktogonal, während die kreisrunde Form des Halsringes beweist, daß das Kapitell einer Säule zugehört. Zwischen Schaft und Halsring ist ein Stein aus anderem Material eingeschoben, der deutlich zeigt, wie rücksichtslos man beim Umbau den Ausgleich zwischen ungleich langen Stützen herstellte. - Die Basis besteht aus einem Wulst, den eine aus zwei Ästen gebildete Ranke umzieht. Die ovalen Zwischenräume zwischen den Rankenästen füllen Blätter, die aus fünf löffelförmigen Blättchen zusammengesetzt sind. Den Übergang von dem viereckigen Sockel zum Oktogon der Basis bilden ein Menschen- und ein Widderkopf. 2) Der erstere gleicht den Köpfen am Portal und an dem Pfeiler M.P.8.

 

Der Halsring besteht aus dicht aneinander gereihten eiförmigen Gebilden, die Ähnlichkeit mit den Knoten eines gedrehten Taues haben. Kämpfer und Halsring sind durch plastisch hervortretende Äste verbunden, wie sie an der Bestiensäule vorkommen. Das Kapitell ist unfertig; aus den Knollen an den Kapitellseiten sollten vielleicht Pflanzenornamente herausgearbeitet werden.

 

Mit der jüngeren Gruppe läßt sich eine der Wandstützen, der Pilaster S.3, in Beziehung setzen. An den Ecken seines Kapitells sind zwei Figuren dargestellt, von denen nur Kopf und Arme gegeben sind. Die linke Figur ist bartlos. Sie hält in jeder Hand eine Schlange. Goldschmidt 3) deutet eine Figur

 

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1) Nach Dehio-Bezold (kirchl. Baukunst des Abendlandes. Bd. I S. 644) kommt eine Bestiensäule auch noch an der Zwerggalerie von S. Michele in Lucca vor. Eine weitere in der Krypta des Domes von Chur erwähnt A. Lindner (Die Galluspforte in Basel). Leider ist keine Abbildung beigegeben.

2) Die beiden anderen Eckbildungen sind abgebrochen.

3) A. Goldschmidt: Der Albanipsalter.

Ch. Cahier: Bas-Reliefs Mystérieux etc. (Nouveaux Mélanges d‘archéologie. Paris 1874).

 

 

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mit den gleichen Attributen am Schottenportal als „fornicatio“. Die rechte Figur ist männlich. Mit den Händen zaust sie sich den hornartig gewundenen Bart. Die gleiche Figur in Regensburg wird als „luxuria“ erklärt. Von den Köpfen der Figuren gehen starke Äste bis zu den Kapitellecken. 1) Zwischen ihnen wird der Raum durch Blätter gefüllt, die symmetrisch angeordnet und längs ihrer Mittelrippe umgeklappt sind. - Bei den Figuren kehren, nochmals vergröbert und zu Fratzen verzerrt, die Züge des einen Ritters an der Bestiensäule, wieder. Sie haben dieselben scharf abgesetzten großen Augenhöhlen, die schräg sitzenden Augen, die große Nase und das in wulstige Strähnen geteilte Haar. Auch die glatten Ärmel der Gewänder gleichen sich. Der Zusammenhang mit den früher entstandenen Bauteilen hat sich dennoch nicht verwischt. Er zeigt sich noch in den stark ausgeprägten Untergesichtern der Figuren, besonders aber an dem Blattwerk, das an dem Sockel des Pfeilers M.P.8 ganz ähnlich vorkommt.

 

Die Ähnlichkeit der zur Rede stehenden Gruppe mit der Schottenkirche fällt bei S.3 besonders ins Auge. Die Figur mit den Schlangen, die andere, die sich den Bart rauft, befinden sich am Schottenportal nebeneinander. Für die Stilvergleichung kommen dort die Köpfe, die in der Kehle des linken äußeren Pfeilers am Portal sitzen oder die Figuren an der letzten Säule an der Nordseite im Inneren in Betracht. Es kehren dieselben scharfkantig abgesetzten Augenhöhlen, die schräg gestellten Augen, die stark betonte Kinnpartie wieder. -

 

Die Regensburger Kunstübung steht im XII. Jahrhundert in Wechselwirkung mit der Freisinger. Zu den frühen Teilen des Doms sind allgemeine Beziehungen vorhanden. Mit der jüngeren Gruppe ist die Übereinstimmung so groß, daß man an Arbeiten der gleichen Bauhütte denken kann. Vielleicht hat man in Regensburg geschulte Steinmetzen zur Vollendung der Krypta nach Freising gesandt.-

 

Unbeachtet blieben bisher von den freistehenden Stützen M.P.7, N.P.7 und N.P.5; die ersteren beiden, weil ihre sehr

 

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1) Daß die Köpfe gehörnt erscheinen ist unbeabsichtigt.

 

 

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steilen unornamentierten Würfelkapitelle kaum der ursprünglichen Bauzeit entstammen. Vielleicht ist für das Kapitell von N.P.5 das gleiche anzunehmen. Es ist steiler und höher, als sämtliche anderen ausgemessenen Würfelkapitelle der Krypta. 1) Dazu gleicht die aus Pflanzen bestehende Ornamentik auf den von einem breiten, flachen Band umrahmten Schilden den Formen des übrigen Pflanzenwerks nicht. Statt der Ranken und Palmetten findet sich hier an einer Seite eine Blume zwischen zwei in die Höhe gerichteten Blättern. Der Kämpfer, der in seiner Profilierung mit dem von S.P.5 übereinstimmt, ist vermutlich ebenfalls erneut.

 

Schwer zu entscheiden ist die Frage der Zugehörigkeit bei den völlig glatt belassenen Kapitellen von S.P.7 und S.P.8. Die Säulenschäfte sind wohl alt, da man, um den Stützen die nötige Höhe zu geben, den ursprünglichen Schaft von S.P.7 um ein Stück von 22 cm, verlängerte und bei S.P.8 dem eigentlichen Kämpfer einen zweiten auflegte. Die ursprüngliche Höhe der Stützen ist an der Bestiensäule zu konstatieren. Um sie unverändert zu verwenden, setzte man sie auf einen höheren Sockel. Ihre Gesamtlänge beträgt 225 cm, die Schaftlänge allein 147 cm. Bei näherem Zusehen finden sich noch eine Anzahl von Stützen derselben Höhe. 2) Auch die Säule N.P.3 hat, die Anstückung nicht mitgerechnet, etwa dieselbe Länge. Durch Erhöhung der Sockel 3), durch Verlängerung der Säulen und so fort, erreichte man beim Umbau eine durchgängige Stützenhöhe von etwa 263 cm.

 

Von den Wandstützen sind nur zwei ornamentiert: Der schon genannte Pfeiler S.3 und die Halbsäule S.2. Ihr Kapitell ist von einer Ranke mit löffelförmigen Blättern und muldenförmig eingetieftem Stiel umzogen. Es wird noch zu der letzten genannten Gruppe (M.P.4, N.P.3, S.P.3) gehören. Das Profil der Basis ist das ausladende, jüngere. Der Kämpfer, bestehend aus Wulst und Platte, ähnelt dem der Bestiensäule und findet sich an verschiedenen Wandstützen wieder.

 

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1) Gesamtkapitellhöhe 43 cm. Kapitellbreite . . . . 40 cm.

2) N.P.3, N.P.4, N.P.5, M.P.5, S.P.4, S.P.6, S.P.7, S.P.8.

3) Die Säulenschäfte von S.P.2 und S.P.3 divergieren um 8 cm. Die Ungleichheit wird durch die verschiedene Sockelhöhe ausgeglichen.

 

 

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Von den übrigen Wandstützen sind die Pfeiler an Kämpfer, Schaft und Basis durchgehend abgefast. Einmal findet sich ein Köpfchen, ein anderes mal ein vielfingeriges Blatt als Eckbildung. Die Halbsäulen haben zumeist ein glattes Würfelkapitell. An der Nordseite sind fast sämtliche Wandstützen erneut.

 

Als Merkwürdigkeit sei erwähnt, daß sich im Diözesan-Museum zu Freising zwei gleiche ornamentierte Kapitelle befinden, die mit den Bauteilen der Freisinger Gegend 1) nichts gemein haben. Das Material ist ein in Bayern nirgends verwendeter grauer Sandstein. An den Kapitellecken sind zwei Affen dargestellt, die mit einer Hand eine Frucht zum Munde führen, mit der andern den Schwanz einer Schlange halten, die sich mit aufgesperrtem Rachen gegen sie wendet. Die Darstellung wiederholt sich an der gegenüberliegenden Kapitellseite. Die Schlangen sind ineinander verknotet. Den Raum zwischen den Affen füllt eine dreiteilige Blüte mit langem Stengel aus. Ein genau ebenso ornamentiertes Kapitell befindet sich an der Zwerggalerie der Kirche von Schwarzrheindorf. 2)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Schwarzrheindorf-St-Maria-und-Clemens-Zwerggalerie-IMG-2348.JPG

 

Vom Niederrhein müssen die Kapitelle durch Zufall nach Freising gekommen sein.

 

A I. Die von Freising abhängigen Werke.

 

a) Walderbach.

 

Den nächsten Zusammenhang mit Freising zeigt die Kirche in Walderbach. 3)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Walderbach-St-Nikolaus-IMG-2208.JPG

 

Die Planbildung des romanischen Chors mit drei gleichfluchtenden Apsiden entspricht bayerischer Baugewohnheit. 4)

 

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1) Im Katalog von R. Hofmann nicht erwähnt.

2) Die Doppelkapelle in Schwarzrheindorf ist 1151 geweiht. Ihre Ornamentik ist wohl ebenfalls italienisch beeinflußt: Die Form der Blüte kommt genau so in Modena vor.

3) Kunstdenkmäler des Kg. Bayern: Oberpfalz und Regensburg. Bez. Roding.

4) Die ursprüngliche Choranlage ist durch Ausgrabungen festgestellt. Den Bericht darüber gibt Hager.

 

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Die vier figürlichen Kragsteine, die an dem Chor des XVIII. Jahrhunderts eingemauert sind und von dem niedergelegten Chor stammen werden, gehören in den Kreis südbayerischer Bauornamentik. Sie erinnern nicht so sehr an Biburg, das Hager zum Vergleich heranzieht 1), als an die genau übereinstimmenden Köpfe der drei romanischen Kirchen in der Nähe Ingolstadts: Tolbath, Ainau und Weißendorf. In Weißendorf findet sich der Kopf des Königs und der Königin mit der durch ein Gebände befestigten Krone und ein gleicher Löwenkopf wieder. - Dehio nimmt an, daß die Kirche von Osten und Westen her gleichzeitig begonnen worden sei. 2) Dazu stimmt es, daß auch das Portal der heimischen Bauschule angehört. Es läßt sich aus einem direkten Zusammenhang mit Freising erklären. Das Gewände ist weniger reich gegliedert. Es besteht nur aus zwei Rücksprüngen, in die, in gleicher Weise wie in Freising, nach oben verjüngte kannelierte Säulen eingestellt sind. In Walderbach bestehen beide Säulen jeder Seite aus zwei durch abweichende Kannelierung unterschiedenen Teilen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Walderbach-St-Nikolaus-Westportal-IMG-2200.jpg

 

Die Schaftringe, die jetzt die Teile verbinden, sind erneut. Die Kanneluren laufen in Walderbach nie durch, sondern der Säulenschaft ist an beiden Enden ein Stück weit glatt gelassen. Genau so verhält es sich bei den Halbsäulen am Domportal zu Verona.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Verona-Santa-Maria-Matricolare-Portalgewaende-rechts-IMG-7872.jpg

 

Rechts ist der untere Teil der inneren Säule spiral kanneliert. Bei kreuzweiser Entsprechung hat links der untere Teil der äußeren Säule ebenfalls spirale Kanneluren, die aber auf drei durch glatte Ringe verbundene Werkstücke verteilt, zweifach rechtwinklig umbiegen. Es ist dasselbe Motiv, das in Freising an den inneren Portalsäulen vorkommt. Mißverstanden kehrt es in Walderbach noch einmal an einer Säule des rechten Gewändes wieder. Ihr oberer Teil setzt sich aus fünf durch Ringe verbundene Trommeln zusammen; doch diese sind gleichmäßig senkrecht kanneliert. Links ist die äußere, rechts die innere Säule unten mit „dorischen“ Kanneluren versehen.

 

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1) Siehe Anmerkung 3) auf S. 23.

2) Handbuch der Kunstdenkmäler Bd. 3.

 

 

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Diese Gliederung kennt man in Freising nicht. Links ist die äußere Säule am oberen Teile mit Kehle und gedrehtem Stab profiliert; an der inneren Säule rechts ist die obere Trommel besetzt mit Rund- und Perlstäben. Die Säulenarchivolten setzen einmal die Kannelur der linken äußeren, das andere Mal die der rechten inneren Seite fort. Damit ist der Gedanke des Freisinger Portalmeisters zerstört, der die sich entsprechenden Säulen und die ihnen zugeordneten Archivoltenbogen durch gleiche Dekoration als zueinander gehörig kenntlich machte. Doch wie in Freising folgen die Kämpfer und Basen der Bewegung der Gewände. Der Sockel ist vereinfacht; er besteht aus einer Platte, welche die Form der Basen wiederholt und nicht über sie vorkragt. Daher fehlen auch die Eckblätter. Die Kämpfer ähneln in ihrer Profilierung denen des Freisinger Portals, sind aber vielgliedriger. 1) Die äußeren Säulen haben keine Kapitelle. Von denen der inneren Säulen trägt das eine drei übereinander geordnete Blattreihen, die denen der Freisinger Kapitellzone zwar ähneln, aber noch schematischer gebildet sind. Am Kapitell des rechten Gewändes sitzen zwischen den Zacken der einzelnen Blattreihen kleine Köpfe. Es ist eine Nachbildung des linken Zwischenkapitells in Freising.

 

Die Kirche ist nach verändertem Bauplan errichtet, in anderen Abmessungen als der Chor und die ersten westlichen Joche. Sie steht außerhalb der bayerischen Tradition und im Zusammenhang mit Bauten des Zisterzienser Ordens. Dehio glaubt zu Unrecht, daß auch das Portal von Burgund abzuleiten sei. Selbst die Vorhalle könnte auf Freisinger Einfluß zurückgehen.

 

b) Bergen.

 

Die Kirche in Bergen 2) war, wie Hemmerle festgestellt hat, vor dem Umbau des XVIII. Jahrhunderts eine Hallenkirche ohne Querschiff, mit drei gleichfluchtenden Apsiden. 3) Vom

 

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1) Sie bestehen, von oben gelesen, aus Platte, zugespitztem Stab und Wulst; dann folgt das Profil der umgekehten attischen Basis.

2) Bei Neuburg a. D.

3) Hemmerle: Die ehemalige Klosterkirche zu Bergen (Sammelblatt des historischen Vereins für Eichstätt 1906).

 

 

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romanischen Bau ist noch der freistehende Turm, das Südportal und die südliche Apsis erhalten. Das Portal ist architektonisch vom Freisinger Portal abhängig; doch es fehlt ihm jeder plastische Schmuck.

 

Auf ungebrochenem, gemeinsamen Sockel stehen die attischen Basen der Pfosten und der Säulen; es sind wie in Freising drei auf jeder Seite. Die gesonderten Plinthen für jedes Architekturglied fehlen. Daher zwangen sich gänzlich unmotiviert die Eckknollen der Säulenbasen zwischen diese und die Pfosten, deren unteren Wulst sie fast ganz verdecken. Das vordere Säulenpaar ist in ähnlicher Weise wie die innersten Freisinger Säulen kanneliert; die beiden anderen sind glatt gelassen. Auch die Bogenläufe der Archivolte sind ungegliedert. Die Säulen verjüngen sich etwas nach oben zu. Ihre Kämpfer schmiegen sich der Bewegung des Gewändes an und sind, wie in Freising und Walderbach, bogenförmig über den Säulen und rechtwinkelig an den Gewändepfosten. Das Kämpferprofil lädt stärker aus. Es hat das Profil der umgekehrten attischen Basis. Das Portal tritt sich etwas über die Kirchenwand hervor und der Kämpfer verkröpft sich um drei Seiten des äußersten Pfostens. Das findet sich an anderen bayerischen Portalen wie in Mallersdorf und Tolbath wieder.

 

Die Krypta setzt Hemmerle in das XI. Jahrhundert, gleichzeitig mit der des Augsburger Doms. 1) Doch das südliche Fenster muß später durchgebrochen sein; die Teilungssäulchen gehören in das Ende des XII. Jahrhunderts. Basen und Schäfte sind achteckig. Die Kapitelle erinnern an Bauformen in Salzburg und Reichenhall. Die Kämpfer weichen von denen der Kryptasäulen völlig ab. 2)

 

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1) Hemmerle bringt die Erbauung mit dem Weihedatum von 1095 zusammen.

2) Diese sind weit ausladend; ihr Profil besteht aus Platte und drei aufeinander folgenden flachen Kehlen. Die Kämpfer der Fenstersäulen dagegen sind steiler und bestehen aus Platte, Wulst und Kehle. Auch ihr Basisprofil deutet auf spätere Entstehungszeit; es nähert sich schon der Form der Tellerbasis.

 

 

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Die Südapsis wird von einem Bogenfries umzogen, den kleine Köpfe tragen. Im Scheitelpunkt der Bögen sitzen ebenfalls Menschen- oder Tierköpfe. Dachgesims und Bogenfries sind durch einen Zahnschnittfries getrennt. Die Anordnung ist italienischen Ursprungs. An den Apsiden des Domes von Parma findet sich dieselbe Folge: Ein mit Figuren ausgesetzter Bogenfries, deutsches Band und profiliertes Gesims. Auch die mit Köpfen verzierten kleinen Konsolen finden sich in Italien, z. B. in Ferrara an der Vorhalle. Von Italien her hat sich dieses Motiv nach Tirol und Südbayern allgemein verbreitet. Bergen am ähnlichsten sind, wie auch Hemmerle erwähnt, die Bogenfriese in Biburg

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Biburg-St-Maria-Bogenfeld-IMG-2237.jpg

 

bei Abensberg und in Straubing. Die mit Figuren ausgesetzten Bögen sind besonders in Schwaben sehr häufig. 1) - Der gleichen Bauzeit möchte ich noch die beiden unteren Geschoße des Turms bis unter die im Kleeblattbogen geschlossenen Fenster zurechnen.

 

B. Die Schottenkirche in Regensburg.

 

Das Hauptwerk der bayerischen Schule ist die Schotten- oder St. Jakobskirche in Regensburg. 2)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Regensburg-St-Jakob-IMG-2249.jpg

 

Die Kirche ist eine dreischiffige, ursprünglich flach gedeckte Basilika ohne Querschiff. Den Chorabschluß bilden drei gleichfluchtende Apsiden. Die Stützen sind in dem erhöhten Chor Pfeiler, im Schiff Säulen. Im Westen ist der Kirche in der Breite der Schiffe eine Empore vorgelegt. Am Außenbau hebt sie sich als Querbau mit eigenem Satteldach von dem übrigen Bau ab.

 

Die Aufeinanderfolge der Bauteile zu ermitteln, macht Schwierigkeiten. Sicher ist, daß die Türme und Seitenapsiden

 

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1) Nur in St. Nikolaus in Reichenhall sind noch mit Figuren ausgesetzte Rundbögen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Bad-Reichenhall-St-Nikolaus-Bogenfeld-Nebenapsis-small-IMG-2116.jpg

 

2) 1. Pohlig: Programm des neuen Gymnasiums. Regensburg 1894/95.

2. O. Aufleger: Mittelalterliche Bauten Regensburg, mit geschichtlicher Einleitung von Georg Hager. (München 1897).

2. Hans Wagner: Studien über die romanische Baukunst in Regensburg (Dissertation der Münchener Hochschule 1908).

 

 

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einem früheren Bau angehören, der 1120 von Bischof Hartwich geweiht wurde. Der Grundriß zeigt, daß die Abmessungen der Apsiden schmaler sind, als der anschließende Chor, daß also Chor und Chorabschluß nicht einer einheitlichen Bauperiode angehören. Trotzdem meint Riehl, daß auch die Choranlage bis zum Triumphbogen dem früheren Bau entstamme. - Für den Neubau ist aber, wie Riehl selbst angibt, die Verwendung von Quadern an Stelle von Bruchsteinen charakteristisch. Nun bestehen die dem Pfeilerbau parallelen Teile der Außenmauern auch aus Quadern. Daher nimmt er an, man hätte diese niedergelegt und nur die beiden Pfeilerreihen stehen lassen. Doch hätte man sich, wollte man den Chor in seiner alten Form beibehalten, vermutlich auch zur Erhaltung der alten Außenmauern entschlossen. Zudem bestehen auch die Pfeiler aus Quadern und das Profil ihrer Kämpfer und Basen entspricht nicht einer Bauzeit um 1120.

 

Die Ablösung der Pfeiler durch Säulen muß nicht notwendig mit einem Wechsel im Bauplan zusammenhängen. Vielleicht wollte man den Chor, der durch das Fehlen des Querschiffs nicht als besonderes Bauglied charakterisiert ist, durch den Wechsel im Stützensystem von dem den Laien zugewiesenen Raum unterscheiden. - Mannigfaltigkeit ist zudem eine Eigentümlichkeit der Regensburger Bauhütte, die besonders im Wechsel der Dekoration hervortritt.

 

Riehl sieht in dem Pfeilerbau des Chors einen Einfluß von Prüfening her. Dieser Einfluß kommt außerdem in der Anlage von Osttürmen 1) und dem Querschnitt zum Ausdruck, der nach den Proportionen des gleichseitigen Dreiecks aufgebaut ist. 2) Nun ist das Langhaus in Prüfening nach den neuesten Untersuchungen gar nicht vor 1125 entstanden. 3) Es konnte also dem 1120 geweihten Bau in Regensburg nicht zum Muster dienen.

 

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1) Vergl.: Dehio, Handbuch Bd. 3.

2) Dehio: Kirchl. Baukunst des Abendlandes, Bd. 2 Seite 566; und: Untersuchungen über das gleichseitige Dreieck als Norm gotischer Bauproportionen. (Stuttgart 1894).

3) Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern. (Bez. Stadtamhof.)

 

 

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Die Baugeschichte stellt sich dar wie folgt: Meiner Ansicht nach hätte man nur das Chorhaupt zunächst beibehalten. 1) Man scheute sich vor allem vor einem Neubau der Türme, die über dem letzten Joch der Nebenchöre stehen. Sodann begann ein Neubau, zunächst als Pfeilerbau, in Anlehnung an Prüfening. Um nicht an die engen Abmessungen des alten Chors gebunden zu sein, wurden die Nord- und Südwand schräg gezogen, so daß sie mit den Außenwänden des Chors stumpfe Winkel bilden. Als der Chor vollendet war, beschloß man an Stelle der Pfeiler Säulen zu verwenden. Möglich, daß ein neuer Meister die Bauleitung übernahm. Um die Arkaden höher zu führen, als den Bogen, der, wie in Prüfening, Haupt- und Nebenchor verbindet, setzte man auf den östlichsten Pfeiler ein Pilasterstück von der Höhe einer Steinlage auf. Es ist schmäler als der eigentliche Pfeiler und so weit ausgerückt, daß es an der dem Seitenschiff zugekehrten Seite die Verlängerung des Hauptpfeilers bildet. Damit gewann man die Möglichkeit, die Mauern des Mittelschiffs weniger stark zu machen als die Chorwände, die den Turm tragen. 2) Den Hauptpfeiler, der den Eckstützpunkt für den Turm bildet, konnte man nicht verändern; man gab ihm aber einen neuen Kämpfer, der, übereinstimmend mit dem Kämpfer des aufgesetzten Pilasters aus Platte und umgekehrter attischer Basis besteht. Die nach Westen zu folgenden Pfeiler haben etwas kompliziertere Kämpfer, die Profile bleiben sich aber durchaus ähnlich. 3) Das westlichste Pfeilerpaar ist schwächer als die vorhergehenden. Dadurch wird erreicht, daß auch das Mittelschiff des Chors an Breite nach Westen hin etwas zunimmt. Schwer zu erklären ist, daß im fünften Joch von Osten, in dem die Pfeiler von Säulen abgelöst werden, die Sargwände um

 

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1) Diese Meinung vertritt Wagner, der auf die Verschiedenheit im Material des Außenbaues aufmerksam macht. (Abb. S. 79.)

2) Ähnlich hat man sich an dem Chorpfeiler in Innichen im Pustertal geholfen.

3) Es kommen zwei verschiedene Profilierungen vor: Die eine besteht aus Platte, Wulst, Kehle, Kehle, Wulst; die andere aus Platte, Wulst, Wulst und zwei Plättchen; die Kämpfer der Wandpilaster in den Nebenchören sind weiter ausladend und reicher in der Profilierung.

 

 

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27-28 cm einrücken. Vielleicht verstärkte man die Mauer im Hinblick auf die geplanten Wölbungen im Westwerk. Im selben Joch werden auch die Fenster kleiner. Beide Unterschiede sind von außen nicht bemerkbar. Die Einrückung erfolgt in der Mauerdicke, die Fenster werden dadurch verkleinert, daß ihre Sohlbank weniger verschrägt ist. Außerdem werden vom nächsten nach Westen zu folgenden Joch an, die Arkadenbögen um 1½ Steinlagen niedriger. Diese Veränderung ließ mich zunächst glauben, daß der Neubau von Westen her begonnen sei. Es schien mir wahrscheinlicher, daß man sich während des Baues zu einer Vergrößerung der Maßverhältnisse der Fenster und der Arkaden entschlossen habe, als daß man den Raum lichtärmer, die Arkaden niedriger gestalten wollte. Dabei wäre aber der ausspringende Winkel in den Seitenschiffswänden nicht erklärt, der die Differenz zwischen den Breitenmaßen vergrößert, statt sie zu verringern. 1) Außerdem sprechen die Bauformen für die umgekehrte Reihenfolge. Die Westempore ist erst nach dem Langhaus entstanden, wenn auch, wie Hager und Wagner bemerken, im Anschluß an die dort verwendeten Formen. - Westlich des Nordportals ist der Bau auf kurze Zeit unterbrochen worden. Das Maß der Steine wechselt, und der Sockel, der dieselbe Profilierung beibehält, ist um 60 cm tiefer gelegt. 2) Die Bauunterbrechung bestätigt der Bogenfries, der am Querbau anders profiliert ist als am Langhaus, und auf Konsolen aufruht.

 

So wird man an der bisher geltenden Meinung festhalten müssen, daß der Neubau von Ost nach West fortschritt, im Anschluß zu einem bestehenden Chor. Zuletzt entschloß man sich zu einem Umbau des Hochchors, überhöhte den Triumphbogen und wölbte ihn mit einem Rippenkreuzgewölbe ein. Die äußere Abschlußwand des Chorquadrats gleicht daher auch im

 

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1) Die Möglichkeit, daß man die Wände dünner zog, um an Material zu sparen, scheint mir wenig einleuchtend.

2) Wagner erklärt diese Verschiedenheit aus Terrainunterschieden. Diese betragen aber nicht 60 cm, sondern nach seinen eigenen Messungen 1,19 cm. Man hätte wohl auch den Sockel in gerader Linie, nicht in gleicher Höhe über dem Erdboden fortgesetzt.

 

 

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Dekor dem Westwerk. Unter dem Giebel zieht sich ein Rundbogenfries hin, der von Konsolen getragen wird. Diese haben Blütenform: Über einem Halsring kleinsten Durchmessers steigt ein Blattkranz auf, dessen fünf Blattspitzen die Kämpferplatte tragen. Die Form der Bogen aber entspricht der des Langhauses. - Gleichzeitig mit dem Chorquadrum wurde auch die Hauptapsis neu erbaut; daß sie nicht der Bauzeit der Seitenapsiden zuzurechnen ist, ist schon aus ihrem dünneren Mauerwerk zu erkennen. Außen tragen Konsolen, zum Teil mit Köpfen geschmückt, das abschließende Gesims; die Köpfe haben die groben Formen der Figuren des Hauptportals: Die großen Augen, die schmal ansetzende, breit werdende Nase, die niedrige Stirn, das gescheitelte straffe Haar. Vermutlich ist die Ostapsis etwas früher als die Westempore erbaut, gleich nach Vollendung des Langhauses. Das würde die Bauunterbrechung zwischen diesem und dem Querbau erklären. Mit der Empore ungefähr gleichzeitig ist das Portal errichtet. Es setzt das Bestehen des gesamten Innenbaues voraus. - Die Ornamentik soll zusammen mit der Innendekoration der Kirche besprochen werden. Hier steht nur zur Rede, was sich auf die Architektur des Portals bezieht.

 

Der Portalvorbau erreicht die Höhe der Seitenschiffe. Er ruht auf einem zweifach mit Wasserschlag abgetreppten Sockel auf, der den Bewegungen des Gewändes am Vorbau und am Portal folgt. Die Flächen seitlich des Portals sind durch Gesimse voneinander getrennt, deren unteres als Kämpfer um das Portalgewände fortgeführt ist. Die von der untersten Bogenstellung umgrenzte Fläche ist mit einzelnen Figuren geschmückt, die, in drei Reihen übereinander, sich links und rechts entsprechend, angeordnet sind. Über den Figuren folgt jederseits vegetabilisches Ornament. Die Rundbogen sind mit Figuren und Blattwerk ausgesetzt.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Regensburg-St-Jakob-Hauptportal-am-noerdlichen-Seitenschiff-IMG-2238.jpg

 

Das eigentliche Portal nimmt die Hälfte der Gesamtbreite des Portalvorbaues ein. Sein Gewände ist dreifach abgetreppt. In die beiden inneren Rücksprünge sind Säulen eingestellt, welche

 

 

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die Hälfte der Breite des Pfostens einnehmen. Der Kämpfer verkröpft sich regelmäßig über Säulen und Pfosten. Dem vordersten Rücksprung ist eine Säule auf besonderer Basis frei vorgestellt. Auch um sie verkröpft sich der Kämpfer. Rechts vom Portal hat er das Profil der attischen Basis; links besteht er aus einem mit Flechtwerk überzogenen Rundstab. Den drei Gewändesäulen entsprechen unornamentierte Rundstäbe in der Archivolte. Ein vierter Rundstab ist abschließend um die Archivoltenbogen herumgeführt und auf das Gesims des Portalvorbaues geklemmt. Auf dem Kämpfer der Säulen und Pfosten, zu seiten der Archivoltenbogen ruhen je fünf Löwen und Löwinnen. Die Figuren sind nur schmückend verwendet, ohne tektonische Bedeutung.

 

Die Pfosten und Pfostenarchivolten sind mit Schiffskehlen abgefast; ihre oberen und unteren Abschlüsse sind an den Pfosten mit Figuren ausgesetzt: Rein dekorativ verwertet, richten sie sich mühselig auf einem einzigen Steinblock ein.

 

Das abschließende Gesims liegt im Schlagschatten eines modernen Daches und ist in seiner Profilierung nicht genau zu erkennen. Dasselbe Schicksal erleiden die Figuren, die über dem Portal nebeneinander aufgereiht sind. Als man zum Schutz des Portals das Dach darüber anbrachte, war man genötigt, die Eckpilaster auf denen es aufruht, vom Kämpfer aufwärts zu verbreitern. Sie überdecken jetzt die Basen und Kapitelle der drei kleinen Säulen, die den Abschluß der mittelsten Arkatur bilden. Dann rücken sie ein wenig ein, um die Säulchen der obersten Säulenstellung frei zulassen. Wohl aus rein technischen Gründen setzen diese Pfeiler auf den Eckpilastern mit einem zugespitzten Stein an; Pohlig hielt diesen Stein für einen Bogenanfänger und folgerte, daß die Kirche eine Vorhalle besessen habe. Er konnte sich auch die weit vorspringenden Eckpfeiler nur als Stütze für einen aufsetzenden Bogen erklären. Aber oberhalb des Kämpfers werden sich diese als glatt gemauerte Pilaster bis zu dem abschließenden Gesims fortgesetzt haben, ähnlich wie am Großmünsterportal in Zürich. - Das Züricher Portal wie die Galluspforte in Basel sind von stark ausladenden

 

 

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Pfeilern gerahmt, um die sich Kämpfer und Gesims verkröpfen. Bei beiden schließt der Portalvorbau mit dem Gesims nach oben ab; und weder in Zürich noch in Basel haben die Eckvorsprünge die Bogen einer Vorhalle getragen. Pohlig und Wagner, der sich seiner Meinung anschließt, fanden eine Bestätigung ihrer Vermutung in den auf vier Vorsprüngen des Portals ruhenden Löwen, die ursprünglich zum Tragen der Säulen der Vorhalle bestimmt gewesen seien. - Die Löwen auf den inneren Sockeln stützen das Gewände, waren also gewiß für diese Stelle berechnet. 1) Die anderen, die in der Mitte der Wandflächen ruhen, sind als Träger von Säulen nicht gedacht, weil sie gar nicht vollplastisch sind. Zudem ist ihr Sockel mit dem Portalsockel bündig gemauert, zu dessen starker Bewegtheit dieser mittlere Vorsprung durchaus paßt. Vielleicht empfand man nachträglich die Leere dieser Sockel als störend und setzte ihnen die Löwenfiguren auf, ohne auf die Reliefs der Portalwand Rücksicht zu nehmen, in die sie einschneiden.

 

Nachgrabungen unter Wagners Leitung ergaben kein anderes Resultat, als daß sich nördlich von der Jakobskirche eine weitere Kirche des XII. Jahrhunderts befunden habe. Weil nun Fundamente der Vorhalle sich nicht auffinden ließen, schloß Wagner, sie sei nur projektiert gewesen und - vielleicht unter dem Eindruck des Zusammensturzes der Vorhalle St. Emmeram - nie zur Ausführung gekommen. Indem er sich aber überlegt, wie der Grundriß dieses supponierten Baues ausgesehen haben könnte, begegnet er selber allen den Einwänden, die sich gegen sein Bestehen machen lassen. Um Wagners Darlegungen kurz zu wiederholen: Eine gewölbte Verhalle ist nicht denkbar. In Kämpferhöhe einsetzende Rippen hätten die Skulpturen des Portals überschnitten. Eine flache Decke würde den figürlichen Schmuck, besonders die Reihe der Figuren über dem Portal völlig verdunkelt haben. 2) Zudem

 

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1) Ähnlich ist die Anbringung von Löwen als Stützen der Portalwandung in Arles und St. Gilles.

2) Dehio spricht in seinem Handbuch von einer flachgedeckten Vorhalle.

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hätte ein Dach, dessen Ansatzlinie in Höhe der Dachlinie des Nebenschiffes gelegen wäre, das Hauptschiff und seine Fenster überschnitten. So bleibt nur die von Wagner zuletzt vorgeschlagene Möglichkeit des offenen Paradieses bestehen. Seine Skizze erscheint nicht sehr glaubhaft. Auch wird sein Vorhallen-Grundriß durchquert von einer Mauer, deren Fundamente er aufgedeckt hat. Wagner erwähnt auch selber, daß das nach Norden abfallende Terrain die Anlage einer Vorhalle sehr schwierig gestaltet hätte.

 

Die Herkunft des architektonischen Aufbaues des Portals kann ich nicht nachweisen. Was sich in Zürich, auch in formaler Hinsicht an ähnlichem findet, weist doch wohl nur auf die gemeinsame Quelle: Auf Oberitalien. Meier glaubte, Dehios Hinweis auf Westfrankreich folgend, das Vorbild im Portal von Ste. Croix in Bordeaux gefunden zu haben, das seinerseits von Notre-Dame la Grande in Poitiers abhängig sei. 1) - Die Ähnlichkeit zwischen Bordeaux und Regensburg beschränkt sich aber darauf, daß hier wie dort die breite Portalanlage der Kirchenwand vorgelagert und durch stark plastische Rahmung abgeschlossen ist. 2) Das Gesims verkröpft sich auch in Bordeaux um die Pfeiler. Aber dort liegt der Gedanke einer Fassade mit Haupt- und Nebenportalen der plastischen Ausschmückung zugrunde: Der großen Archivolte des Hauptportals schließen sich Blendbogen an, die wie Portalarchivolten behandelt sind. Den freien Raum über ihnen füllen nur je zwei auf Säulen ruhende Bogen, die sich durch ihre Ähnlichkeit mit den Fenstern der Kirche als blinde gekuppelte Fenster ausweisen.

 

Die Disposition des eigentlichen Portals könnte von dem Dom zu Ferrara herzuleiten sein.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Ferrara-Kathedrale-San-Giorgio-Portal-Gewaende-links-IMG-6310.JPG

 

Hier läuft der Kämpfer in gleichmäßiger Zickzackbewegung über das Gewände hin. Die große vor

 

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1) F. Keller: Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft zu Zürich Bd. I. - Dehio Handbuch Bd. III. - B. Meier: Seite 56.

2) In Bordeaux vertreten Säulenbündel die Stelle der Regensburger Eckpilaster.

 

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das Gewände gestellte Säule wäre dann eine Erinnerung an die Stützen der Ferrareser Vorhalle. Daß aus den Wandsäulen in Regensburg vollplastische Säulen wurden, mag dem Einfluß von Freising zuzuschreiben sein, mit dem Regensburg in Wechselbeziehung steht. Daß die Säulen ganz ornamentiert sind, stimmt mit Ferrara, mit Verona überein. Freilich sind die geometrischen Motive durch Ranken und Blattwerk ersetzt. Aus den Ranken des Säulenschaftes steigen die Zweige und Blätter der Kapitelle auf. Um diesen organischen Zusammenhang nicht zu stören, fehlen die Halsringe. 1) - Auch die Anordnung der Dekoration könnte man von Italien herleiten. In S. Michele in Pavia sind wie in Regensburg auf der ganzen zu dekorierenden Fläche - es ist in Pavia die Westfassade bis zu den Fenstern - Figuren und Ornamente in horizontalen Streifen angeordnet. Wie in Regensburg entsprechen sich die linke und die rechte Seite.

 

An den Kehlen, mit denen die Eckpfeiler abgefast sind und an den Säulen, welche die Bogenstellung zu Seiten des Portals tragen, bricht, etwa in zwei Drittel Höhe, das sie umkleidende Ornament plötzlich ab, 2) so daß die beiden obersten Säulentrommeln unornamentiert sind. Daß die Unterbrechung beabsichtigt war, beweist der Vergleich mit der von Regensburg abhängigen Kirche in Schöngrabern bei Wien. 3)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Schoengrabern-Unsere-Liebe-Frau-Mariae-Geburt-Apsis-von-Sueden-IMG-0595.jpg

 

Dort sind die Runddienste des Chors nur bis zu der Steinlage hinab ornamentiert, bis zu der die ebenfalls ornamentierten Fenstersäulen reichen. - Auch an S. Michele in Pavia scheint die

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1) Dehio (Kirchl. Baukunst, Bd. I) kennt nur noch in Parma Säulen ohne Halsring. Es ist ungewiß, ob der bayerische Meister diesen Gedanken von Parma her aufgenommen haben kann; ich konnte nicht sicher feststellen, ob den dort an der Zwerggalerie befindlichen vereinzelten Säulen der Halsring ursprünglich gefehlt hat. - In Parma kommen am Portal auch die mit Schiffskehlen abgefasten Pfosten vor; in Bergamo sind die Säulen außerdem vollplastisch.

2) An dem Pfeiler der rechten Seite wird das Ornament durch eine neu eingefügte Steinlage unterbrochen.

3) Aufnahmen von B. Reiffenstein in Wien.

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Ornamentierung der Säulen an der Westfassade in bestimmter Höhe abzusetzen, und von hier aus könnte diese Art der Verteilung des plastischen Schmuckes nach Regensburg gelangt sein, umso eher, als schon die streifenförmige Anordnung der Plastik in Regensburg auf Einflüsse von Pavia her hinführt. Die Ähnlichkeit beschränkt sich allerdings auf die Anordnung. Ein stilistischer Zusammenhang mit Pavia ist kaum vorhanden.

 

Die Ornamente von Kirche und Portal lassen auf den Einfluß zweier verschiedener Kunstkreise schließen: Es finden sich Motive von den Kirchen in Ferrara und Piacenza, der Baugruppe, die mit dem Namen des Nikolaus und Wiligelmus verknüpft wird. 1) Andere sind aus der Bauschule von S. Ambrogio in Mailand und Parma herzuleiten. Auf diese ältere Schule weist die Technik, vor allem der Kerbschnitt der Blätter. Am leichtesten erklärt sich das Zusammenfließen beider Strömungen aus einer Vereinigung lokaler Tradition und in Italien neu gewonnener Eindrücke. Für die Technik läßt sich die lokale Überlieferung wohl auch beweisen. St. Peter bei Straubing gehört eng zu der von Kautzsch und anderen abgegrenzten lombardischen Baugruppe. 1) Eine Beteiligung von italienischen Bauleuten bei der Bildhauerarbeit scheint mir gewiß. 2) Wenn die Regensburger Bauleute auch in Straubing ihre Schulung bekommen haben könnten, so versteht man nicht recht, warum sie nur die Technik übernahmen und so wenig von der Formensprache auf St. Jakob überging. 3) Daß ihnen die Kenntnis lombardischer Kunst durch andere Bauten dieser Gegend, etwa

 

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1) E. Stückelberg: Longobardische Plastik. (München und Kempten 1909). M. G. Zimmermann: Oberitalienische Plastik (Leipzig 1897). - A. Goldschmidt: Die Bauornamentik in Sachsen im XII. Jahrhundert (Monatshefte f. Kunstwissenschaft, 1910). - R. Kautzsch: Oberitalien und der Mittelrhein im XII. Jahrhundert (Vortrag gehalten auf dem kunsthistorischen Kongreß zu Rom 1913).

2) Zu vergleichen Dehio Handbuch Bd. III.

3) Bei Besprechung von Straubing und St. Michael in Altenstadt soll der Zusammenhang beider Kirchen mit Italien dargelegt werden.

 

 

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durch das um Jahrhundertmitte nachweislich von Comasken errichtete St. Mang in Stadtamhof bei Regensburg übermittelt wurde, ist möglich. 1) Doch weder St. Mang noch andere Bauten, die in Betracht kommen könnten, sind erhalten, und in Bezug auf ihren Stil ist man auf reine Vermutungen angewiesen.

 

Die Motive, die von Straubing nach Regensburg übernommen sein könnten, sollen in Kürze aufgezählt werden. Zunächst kommt die Gewändedisposition der Portale in Frage. Die in den Rücksprung eingestellten Säulen und ihre Fortsetzung als Rundstab in der Archivolte findet sich zwar an dem Haupt- und an dem Nebenportal von St. Peter. Doch ist zu erinnern, daß beides unabhängig von Straubing auch in Freising vorkommt. - An dem Seitenportal ist wie in Regensburg der Pfosten und der zugehörige Archivoltenbogen mit einer Schiffskehle abgefast; doch die Rundstäbe, welche die Kehle begrenzen, verlaufen von der Basis bis zum Halsring parallel. In Straubing überzieht Blattwerk die Kämpfer, die Kapitelle und die Archivolte; ja selbst das Bogenfeld des Hauptportals ist, soweit die Figuren: ein Ritter, der mit einem Drachen kämpft, 2) Raum lassen, von Blättern überrankt. Es möchte sein, daß man daher in Regensburg den Gedanken faßte, die Säulenschäfte mit vegetabilischem Ornament zu überspinnen. Aber in Straubing sind gerade die Säulen als Träger des Portals nicht mit Ornament verkleidet. Das Vorkommen von Compositkapitellen an beiden Kirchen ist für einen Zusammenhang nicht beweisend. Das Blattwerk stimmt auch keineswegs überein. Freilich findet sich an den Voluten des Nebenportals die Vertiefung der Mittelrippe mit dem Bohrer, wie sie am Portal, an der Empore und einem Kapitell des Schiffs in St. Jakob vorkommt. Eine unbestreitbare Übereinstimmung ist zu erwähnen. Der Drache des Bogenfeldes am Hauptportal in Straubing, der einen Menschen schon halb verschlungen hat, kehrt an der linken Portalseite

 

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1) v. Pflugk-Hartung: Iter Italicum. Bd. I. Seite 477. - Der Brief, der die Beschäftigung oberitalienischer Steinmetzen am Bau von St. Mang beweist, ist zwischen 1146 und 1150 verfaßt.

2) Es wird St. Georg oder, wie in Altenstadt, St. Michael gemeint sein.

 

 

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in Regensburg und an der Freisinger Bestiensäule wieder vereint mit dem gegen ihn kämpfenden Ritter. 1) Wie die Fäden gingen, die von Como, S. Ambrogio, Pavia und Parma zuletzt auch nach Regensburg führten, bleibt unerklärt. Rein zufällig sind die Übereinstimmungen keinesfalls, dazu sind sie allzu zahlreich und allzu handgreiflich.

 

Aus dem lombardischen Kunstkreis stammen zunächst die vielerlei Arten von Flechtwerk, die in Regensburg an dem Portal und an den Kämpfern der Säulen im Innern vorkommen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Regensburg-St-Jakob-Flechtbandkapitelle-im-Brunnenhaus-IMG-2243.jpg

 

Es besteht wie dort häufig aus dreisträhnigem Band. Ich zähle die verschiedenen Motive auf und füge die Orte hinzu, an denen nach Stückelberg genau die gleiche Geflechtsart in Italien auftritt.

 

a) Die einfache Schlinge.

Sie umzieht in Regensburg den Kämpfer der letzten Säule der Nordreihe. Des Motiv ist allgemein da verbreitet, wo überhaupt Flechtwerk auftritt.

 

b) Das Kettengeflecht.

Es umgibt in Regensburg die Türöffnung und zieht sich über den Kämpfer und das Gesims der linken Portalseite. In der Kirche ist der Kämpfer der beiden östlichsten Säulen der Nordseite (N.1 und N.2) mit Kettengeflecht verziert. In Italien kommt es in Como vor. 2)

 

c) zwei ovale Schlingen, von einer Kreisschlinge durchschossen. 3)

 

In Regensburg am äußersten linken Portalpfeiler; Stückelberg nennt es in Mailand.

 

d) Das Dreiriemengepflecht (Zopf).

 

In Regensburg findet es sich an dem unteren Rundstab der Basis an der linken Portalseite neben der innersten Kehle

 

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1) Gewißlich könnte auch diese Ähnlichkeit durch eine gemeinsame italienische Quelle zu erklären sein.

2) In Regensburg schon früher, an dem Tischgrab im nördlichen Seitenschiff von St. Emmeram aus dem XI. Jahrhundert.

3) Stückelberg: Motiv 18.

 

 

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und an zwei Bogen der untersten Arkatur an der rechten Portalseite; außerdem am Kämpfer der Säule S.2.

 

e) Das Achtergeflecht.

 

Es überzieht in Regensburg an der rechten Portalseite den Schaft eines der Säulchen, die die Blendbogen stützen. Stückelberg erwähnt es u. a. in Mailand und in Pavia.

 

f) Geflecht aus zwei sich rechtwinkelig schneidenden Riemen.

 

Stückelberg erwähnt es nirgends. Das Ornament umzieht in Regensburg am Portal die Basen der rechten Seite und eine Kehle des äußersten Eckpfeilers. Hager sah dasselbe Motiv an der Mittelschiffswand zu Bayeux und glaubte mit dieser Übereinstimmung einen Beweis für den Einfluß normannischer Bauweise auf St. Jakob gefunden zu haben. Die Verwendung des Ornaments in Bayeux deutet vielmehr auf die weite Verbreitung longobardischer Flechtmotive. Und so steht es mit dem weiteren Beweis: Der Aufmauerung der Säulen aus einzelnen Quadern. Nicht nur in der Normandie, sondern auch in Italien, z. B. in S. Abbondio in Como hat man zu diesem Auskunftsmittel gegriffen, wenn das Steinmaterial für so große Säulen schwer zu beschaffen war.

 

Noch etwas weiteres deutet auf Einfluß von Como: Das Fenster rechts neben dem Portal an St. Jakob ist am inneren Bogen von einem gedrehten Tau eingefaßt; an der Außenwand wird es von zwei ebenfalls gedrehten Rundstäben, die von einer Kehle getrennt und in entgegengesetzter Richtung spiral kanneliert sind, umrahmt. Ein ähnliches Fenster aus S. Abbondio bildet Goldschmidt ab 1): die innere Öffnung ist von einem hier glatt belassenen Rundstab umgeben; die äußere Rahmung bildet der in Como nur einmal verwendete kannelierte Rundstab. Hier sind die Kanneluren der beiden Seiten der Richtung nach entgegengesetzt. Die Rundstäbe stehen, Säulen gleich, auf eigenen Basen und werden, wo die Rundung der Archivolte beginnt, durch Kapitelle unterbrochen. Gerade an dem genannten Fenster

 

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1) Monatshefte für Kunstwissenschaft 1910, Abb. 2.

 

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findet sich das Adlerkapitell, das, wie Goldschmidt zeigt, in der Lombardei häufig vorkommt 1) und von dorther sich weit über Deutschland verbreitet hat. 2) In St. Jakob bilden vier Adler den Schmuck des letzten Kapitells der Südseite. 3) Wie in Como und in Mailand umklammern sie mit den Krallen den Halsring des Kapitells. Flügel- und Schwanzfedern sind auch in Regensburg von den Flaumfedern getrennt, erstere auch hier durch gerade Einschnitte kenntlich gemacht. Die Flügel stoßen nicht in der Mittellinie zusammen, wie bei den von Goldschmidt angeführten Beispielen. Weil die Kapitelle im Verhältnis breiter und niedriger sind, so blieb zwischen den Vögeln Raum für ein Pflanzenornament. Zwei Blätter sind steil in die Höhe gerichtet; zwischen ihnen ist die eingerollte Spitze eines dritten Blattes sichtbar. Den Kämpfer umzieht ein umschriebenes Palmetten-Lotos-Ornament. - Dem Pflanzenornament am Kapitell ähnlich ist das Blattsystem an der rechten Portalwandung. An den Konsolen, welche am Portal „Maria“ und „Salomo“ tragen, wachsen Blätter gleicher Anordnung aus einem Kranz von drei Kelchblättern heraus. - Dem Adlerkapitell steht ein Kapitell der Nordseite (N.4) außerordentlich nahe. Vier geflügelte Wesen mit menschlichen Köpfen befinden sich an den Ecken. Sie sind nur bis zur Brusthöhe dargestellt. Ihre Federn sind in der gleichen Weise stilisiert, wie die der Adler. Zwischen den Figuren befindet sich ein aufrecht stehendes, umschnürtes Blattbündel. Den Kämpfer bilden steil aufgerichtete Blätter mit tief eingeschnittener Mittelrippe.

 

Von Como ist wohl auch die Verwendung von traubenpickenden Vögeln herzuleiten, die an der mittleren Gewändesäule der rechten Portalseite in die Zwischenräume zweier Wellenranken mit großen Blättern hineingesetzt sind. Das bereits

 

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1) Abb. 2, 13, 14. Text Seite 306 und 311.

2) Goldschmidt nennt das Adlerkapitell in Regensburg unter den von Oberitalien beeinflußten. Wagner dagegen möchte die von Hager behaupteten Beziehungen zwischen Normandie und Schottenkirche seinerseits belegen und nennt ein ähnliches Kapitell in Ruvo bei Bari.

3) Ich habe auch in Regensburg mit der Zählung am Chor begonnen.

 

 

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erwähnte Chorfenster in Como ist von einem Fries umzogen, gebildet aus einer wellenförmig verlaufenden dreisträhnigen Ranke, in deren Bogen Vögel sitzen, die an Trauben picken. Die Vergleichung im einzelnen ergibt allerdings zu viele Unterschiede, als daß man die Säulendekoration in Regensburg direkt von Como herleiten könnte. - Wellenranken aus glattem Band wie in Como, mit großen Blättern in den Bogen, umziehen drei Säulen am Portal 1) und den Kämpfer der Säule S.1. An der mittleren Säule der linken Portalseite sind die Ranken gestrafft. Die Farren gleichenden großen Blattfächer, die von den Ästen nach beiden Seiten ausgehen, sind so ineinander eingepaßt, daß der Säulenkern völlig mit Laub umkleidet ist.

 

Das Ornament der anderen Säulen ist die umschriebene Palmette. Nur an einem Schaft kommt ein anderes Motiv, das schon erwähnte Achtergeflecht, vor.

 

Beziehungen zu Como zeigt endlich ein Kapitell der Nordseite (N.2), das mit Löwen geschmückt ist. Es sind zwei an jeder Kapitellfläche; sie stehen auf dem Halsring der Säule. Ihre Köpfe stoßen an den Ecken zusammen. Sie sind in Profilstellung gegeben, aber die Köpfe wenden sie dem Beschauer zu. Die Ohren sind steil aufgerichtet, die Mähne hängt glatt gestriegelt bis zum Nasenansatz, der Schweif ist um die Flanken hinaufgeschlagen. Ähnlich ist der Löwe eines Fensterfrieses in Como. 2) Die gleiche Idee: Figuren ineinander zu verflechten wie Glieder einer Kette, die das Kapitell umschließt, wird an zwei Säulen in St Jakob validiert. An den Flächen des ersten Kapiells der Südseite (S.1) befinden sich zwei Drachen, die an einer zwischen ihnen befindlichen Pflanze nagen. 3) Ihre Schwänze verknoten sich an den Kapitellecken.

 

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1) Die beiden frei vorgelegten Säulen und die äußerste Säule links.

2) Monatshefte, Abb. 4. - Die an Trauben pickenden Vögel und die Löwen finden sich auch an anderen Bauten der lombardischen Schule, z. B. an Kapitellen im Paradies von S. Ambrogio.

3) Goldschmidt (Der Albanipsalter zu Hildesheim) deutet eine solche Darstellung auf den Psalmvers: exterminavit vineam aper de silva et singularis ferus depastus est eam. (Ps. 79. V. 14).

 

 

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An dem Kapitell der zweitnächsten Säule (S.3) sind es menschliche Figuren, die zu einem Kranz verflochten werden. Wie zumeist in Italien markieren die Köpfe die Ecken. Vier Figuren sind dargestellt, zwei männlich und zwei weiblich; mit den Händen stützen sie sich auf den Halsring der Säule. Ihr Oberkörper ist menschlich gebildet; der Unterkörper geht in zwei Fischschwänze aus, die nach beiden Seiten gelegt, sich an den Kapitellflächen verknoten.

 

Das Motiv gefiel dem Portalmeister so gut, daß er es an der Wandfläche links vom Eingang, zu beiden Seiten der Maria mit dem Kind anbrachte. Links sind es genau die Figuren des Kapitells mit den verschlungenen Schwänzen, auch hier die eine als männlich, die andere als weiblich charakterisiert. Die Hände, denen ihr Stützpunkt fehlt, greifen in das Gewand hinein. - Bei den Figuren zur Rechten ist die Umbildung geschickter vollzogen. Sie sind nur bis in Brusthöhe dargestellt. Sie umschlingen sich mit den Armen; für die freie Hand wird auch hier ein Stützpunkt in den Falten des Gewandes gesucht.

 

Daß nicht nur Motive von S. Ambrogio übernommen wurden, sondern auch der Stil auf die Regensburger Bauschule von Einfluß war, beweist die an derselben Portalseite unter den genannten Figuren angebrachte Gestalt eines Drachen, der, einen Löwen zwischen den Zähnen, mit dem brezelartig gewundenen Schwanz einen Menschen umschlingt. Das aufgeworfene Maul, das dick umrandete Auge, das Blattohr, sind für die Baugruppe von S. Ambrogio charakteristische Merkmale. 1) Auch die Behandlung der blattähnlichen Schuppen, am Körper und der durch Längslinien gegliederten Flügel läßt sich dort nachweisen. - An der rechten Portalseite ist ein diesem ähnlicher Drache angebracht, der eine Kugel zu verschlingen im Begriff ist. Links von dem „Salomo“ befindet sich eine Aspis mit derselben Flügelbildung. Ihr Schwanz ist um die Flanken geschlagen. Sie hat dieselbe dreigeteilte Kralle wie die Greifen in Mailand. Von dem weiter rechts befindlichen Drachen, der

 

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1) Siehe den genannten Vortrag von R. Kautzsch

 

 

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einen Menschen umschlingt, wurde oben schon gesprochen. Sein Schwanz hat ein lilienförmiges Ende, auch das eine Besonderheit der Drachen und Fabelwesen der Mailänder Ornamentik. - In die Rundbogen sind noch mehr solcher Untiere hineingesetzt. Eines an der rechten Portalseite, das in eiligen Laufe begriffen ist, zeigt deutlich die Verwandtschaft mit einem geflügelten Drachen in Mailand, welcher gerade dabei ist, seine Beute zu verschlingen.

 

Es sind Einzelheiten, die noch auf Einflüsse aus dem selben Schulkreis hinweisen. Die Stelle der Eckknollen an den Säulen in der Schottenkirche vertreten große Tierköpfe 1): Hunde, die, wie der Drache am Portal, eine Kugel im Maul halten, Widder oder Schafe. Soweit ich mich entsinne, kommen ähnliche Eckbildungen in Italien nur einmal vor: in S. Michele in Pavia. Auch dort ist an der einen Basis ein Widderkopf mit großen Hörnern, an einer anderen ein flacher Kopf mit kleinen Ohren, der einem Hunde gleich sieht.

 

Ein einzelnes Motiv aus Parma fand ich in Regensburg wieder: An dem rechten Seitenportal des Domes säumt die Kante des innersten Bogens der Archivolte ein Ornament, das aus umschnürten Blattbündeln besteht. In vergrößertem Maßstab umzieht dasselbe Ornament den Kämpfer einer Säule im Schiff von St. Jakob (S.3); verwandelt in ein Bündel umschnürter Stricke findet es sich an der Basis der linken Portalseite. - Wohl kommen auch in Parma an einem Kämpfer im Schiff die dreiteiligen gegeneinander gestellten Blattfächer vor, mit denen die Kämpfer in der Freisinger Krypta und am Chor in Regensburg dekoriert sind. Doch das Motiv ist allgemein verbreitet und beweist nichts für einen Zusammenhang. 2)

 

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1) Viele der Eckbildungen sind abgeschlagen um zwischen den Säulen Platz für die Bänke zu schaffen. - Tierköpfe als als Eckverzierung an Basen finden sich auch im Vorhof von S. Ambrogio; doch sind die Köpfe im Verhältnis viel kleiner, als in Pavia und Regensburg.

2) Es kommt auch in der Handschriftenornamentik vor, z. B. an der Rahmung des Titelbildes in einer Handschrift der Salzburger Schule in Melk, die um 1140 entstanden ist. (Österr. Kunsttopographie, Bd. III, Abb. 338.)

 

 

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Enger als die Beziehung zu allen den genannten Orten sind die Übereinstimmungen mit den Bauten des Wiligelmus und Nikolaus, besonders zu Ferrara und Piacenza. Sie werden besonders deutlich bei Betrachtung der Figuren, die oben und unten den Abschluß der Schiffskehlen am Portal bilden. Doch ist zunächst von den Figuren zu reden, welche die mittlere Bogenstellung am Portal stützen. Sie vertreten die Stelle des Säulen- oder Pfeilerschaftes. Auf der Basis knieend und die Füße gegen die Wand gestemmt, stützen sie mit ihren Köpfen das Kapitell. Rechts an der rechten Seite ist eine langbärtige Figur dargestellt, welche die Hände wie bittend zusammenlegt. Ihr folgt eine weibliche Gestalt; zwei Schlangen, die, sich überkreuzend, in einmaliger Windung emporsteigen, hält sie mit den Händen umklammert. Die Figur ist wie alle übrigen mit Untergewand und Mantel bekleidet. Es folgen zwei männliche Figuren, von denen die erste mit beiden Händen ihren Mantel über dem Leib zummmenzieht, die zweite die übereinandergelegten Hände über einem Zipfel des Mantels an den Leib preßt. - Von den Figuren der linken Seite streckt die zweite von rechts die Hände mit nach außen gekehrten Handflächen vor sich aus; die dritte stützt ihr Kinn in die linke Hand und umspannt mit der rechten das linke Handgelenk. Die Aktion der beiden äußeren Figuren ist nicht zu erkennen; die Gestalt am weitesten links hat, scheint es, die Hände unter dem Mantel versteckt.

 

Goldschmidt hat diese Figuren als Verkörperung der acht Hauptlaster gedeutet. 1) Er ging aus von der weiblichen Gestalt mit den Schlangen, die er „fornicatio“ nennt, und von der folgenden links, die er als „phylargyria“‚ den Geiz, bezeichnet.

 

Doch die Figur mit den Schlangen ist häufig und wechselt in der Deutung. Sie erscheint in den Miniaturen, sogar in

 

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1) Deutungen des Schottenportals bei: G. Karch: Das Portal der Schottenkirche zu Regensburg (Würzburg 1872). - Ferd. Janner: Die Schotten in Regensburg, die Kirche zu St. Jakob und ihr Nordportal. - A. Goldschmidt: Der Albanipsalter, a. a. O. Seite 83 ff. - J. Endres: Das St. Jakobsportal in Regensburg (Kempten 1903). - K. Borinski: Verkannte Sternbilder und Ketzervorstellungen (Repertorium f. Kunstwissenschaft 1912.)

 

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einer Handschrift der Regensburger Schule aus dem XII. Jahrhundert, als Verkörperung der „terra“. 1) Die benachbarte links hat keinen Beutel, sondern die Zipfel ihres Mantels in den Händen. Auch die nächste links, von Goldschmidt als „ira“ gedeutet, will nur ihr Obergewand über dem Leib zusammenhalten. Daß ihr eine bestimmte Bedeutung zukommt, ist schon deshalb unglaubhaft, weil Figuren mit derselben Bewegung noch viermal am Portal vorkommen. Die äußerste Figur rechts, mit den wie bittend zusammengelegten Händen, soll die „gastrimargia“ bedeuten; man würde eher bei ihr die Bewegung der „ira“ erwarten: Die Haltung der Hände über dem Leib. Bei den beiden äußeren Figuren der linken Seite, „cenodoxia“ und „superbia“ geheißen, ist keine Bewegung, die auf diese Eigenschaften deutet, zu erkennen. Die zweite von innen gerechnet erhebt die Hände mit nach außen gekehrten Handflächen. Das ist der typische Betgestus von der Antike her; doch er wird hier von Goldschmidt als Gestus des Ekels (acedia) erklärt. Die Figur neben ihr, die das Kinn, in die Hand schmiegt - Goldschmidt nennt sie tristitia - nimmt wohl die Stellung Trauernder ein. Doch man könnte meinen, sie wolle nur ihrem Kopf Widerhalt geben, auf dem so schwere Last aufruht.

 

So wenigstens verstehe ich die Bewegung der beiden Figuren am linken Nebenportal in Piacenza, die, an den beiden Kapitellen des rechten Türgewändes hockend, mit den Köpfen die Deckplatte stützen. Beide Gestalten ruhen auf dem linken Knie; der linke Fuß ist gegen das Gewände gestemmt. Das rechte Bein ist aufgesetzt; auf ihm ruht der rechte Arm, der das Kinn stützt. Die linke Hand ist in die Hüfte gestemmt. - Es ist wohl möglich, daß der Regensburger Steinmetz diese Figur kannte und ihre Bewegungsmotive auf seine Gestalten des Jakobsportals übertrug. Die Figuren haben, so glaube ich, nur für den architektonischen Aufbau Bedeutung. Noch ist zu erwähnen, daß vermutlich die beiden äußersten

 

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1) Münchener Hof- u. Staatsbibl. Cod. Lat. 14399. Blatt 40.

 

 

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Säülenschäfte für schadhafte Figuren eingeschoben sind, so daß man bei einer Auslegung mit zehn statt mit acht Figuren zu rechnen hätte.

 

Für die Gestalten im Anlauf der Kehlen findet sich bei Goldschmidt keine bestimmte Erklärung. Sie hocken, ähnlich wie die Stützfiguren am Portal, ähnlicher noch den vielen Figuren, die in Oberitalien die Deckplatten der Kapitelle oder den Türsturz tragen. In solcher Verwendung kommen sie in Ferrara, Piacenza, Lodi und bis zu dem späten Portal in Borgo San Donnino vor, gebeugt oder in die Knie gesunken, unter der ihnen aufgebürdeten Last. In Regensburg wird die Haltung mit den zur Seite gestreckten Beinen sinnlos, denn die Figuren haben nichts zu tragen. Manche sehen aus wie Schwalben mit Menschenköpfen: Arme und Beine verschwinden unter den Flügeln gleichenden Gewandstücken.

 

Drei Figuren wiederholen die Bewegung, die die „ira“ kennzeichnen soll; eine hält eine Büchse; eine andere geigt; die nächstfolgende scheint dazu zu tanzen: ihre Arme greifen um die Rundstäbe herum, die die Kehle umsäumt. Sie umspannt ihre Füße mit den Händen. An dem linken Nebenportal in Piacenza finden sich zwei Figuren, von denen die eine knieende sich mit dem linken Bein gegen den Türsturz stemmt, die andere, ähnlich dem Nachbar des Geigers am Schottenportal, ihre Füße mit den Händen umklammert.

 

Die Figuren in dem unteren Ablauf der Kehlen deutet Goldschmidt als Illustration zu dem Text der Psalmen: „Erlöse mich von der Schlinge meiner Feinde“: Die erste Gestalt rechts vom Eingang wolle der Figur gegenüber eine Schlinge um den Hals werfen. Der „Verfolger“ ist aber ein Unhold, besteht aus zwei Körpern und einem Kopf. Sein Gegenüber ist an die Rundstäbe des Portalpfostens gefesselt und greift um einen dieser Stäbe herum. Bei beiden ist, meiner Meinung nach, nichts als eine spielerische Verbindung von Figuren und Architektur gewollt. - In der mittleren Figur rechts wäre, nach der Haltung zu schließen, wieder die „ira“ zu erkennen; die drittfolgende scheint sich auf einen Schild zu stützen. Am

 

 

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äußersten Pfeiler rechts hocken zwei Figuren; die eine, sehr verstümmelt, hält eine Tafel oder ein Buch; die andere greift mit beiden Händen in ihren Bart: es ist die Bewegung, die der „luxuria“ zukommen soll. Links von der Tür folgt dem Gefesselten eine zweite Figur ohne besonderes Attribut. Die dritte hält ein hammerähnliches Instrument. Die beiden Figuren des äußersten Pfeilers sind ganz verwaschen und unkenntlich.

 

Eine Bedeutung kommt meiner Meinung nach nur jenen menschlichen Gestalten zu, die nicht in Beziehung zur Architektur stehen.

 

1. Denen in Bogenfeld: Christus zwischen Johannes und Jakobus.

2. Den dreizehn Halbfiguren über dem Portal und den beiden thronenden Figuren rechts und links davon.

3. Den beiden thronenden Figuren an der linken und rechten Wandfläche.

4. Vielleicht noch den drei Halbfiguren zu unterst an der rechten Wandfläche. Diese, deren jede ein Buch hält, könnten für die drei „elenden Heiligen“ Cimius, Vimius und Martinus, zu Griesstetten verehrte Schottenmönche, gelten. - Die thronende Gestalt an der linken Wandfläche ist Maria mit dem Kind, die ihr entsprechende rechts wohl eher Christus als Salomo. Die Halbfiguren über dem Portal sind sicher Christus und die zwölf Apostel. Von den Thronenden ihnen zu seiten ist die

eine durch Zöpfe als weiblich charakterisiert und wird Maria bedeuten. Die andere ist wohl Johannes. Es handelt sich dann um eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, die über das Portal gerückt ist, weil im Tympanon für so viele Figuren kein Platz war.

 

Beeinflußt durch Ferrara oder Verona, hätte der Künstler die Gewändepfosten mit Figuren schmücken wollen. Doch er hat die Pfosten mit Schiffskehlen abgefast und behielt für figürlichen Schmuck nur an ihren Enden Platz. Die unteren Figuren verdecken den Ablauf der Kehle; ihre Köpfe sitzen zwischen den Rundstäben, die Breite der eigentlichen Kehle einnehmend. Nur einmal, bei der ersten Figur rechts vom

 

 

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Eingang, ist der Kehlenabschluß gegeben. Am oberen Ende ist der Ablauf sichtbar und die Rundstäbe, die in mehrere feine Stäbe gespalten sind, bilden ein zweispitzartiges Käppchen für die Figuren, das mit seiner Spitze tief in ihre Stirn reicht. In Ferrara schlägt das Gewände mit einer sich nach unten senkenden Spitze - kappenförmig - über den Figuren zusammen.

 

In der Anordnung der Figuren ist noch eine Übereinstimmung festzustellen. Die Köpfe der Figuren im Bogenfeld überschneiden die beiden Rundstäbe, welche die innere Umrahmung des Tympanons bilden. Das Überschneiden der Rahmung durch die Figuren ist gerade für die Schule des Wiligelmus und Nikolaus charakteristisch. Es findet sich an den Bogenfeldern in Ferrara, in Lodi und in Piacenza, und dort auch an den Figuren der Arkaden und der Chorbrüstung.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Ferrara-Kathedrale-San-Giorgio-Tympanon-IMG-6346.JPG

 

Zwischen Regensburg und Ferrara sind auch stilistische Zusammenhänge vorhanden. Zwar der Gewandstil ist durchaus anders. Die Regensburger Faltengebung ist nichts als eine Übertragung der Kerbschnittechnik, die für die geometrischen und pflanzlichen Ornamente verwendet wurde, auf die Gewänder. So besteht der Mantel der Maria aus Falten in gradliniger Kerbung, genau so wie das Band der Flechtornamente. Die Falten sind unten abgerundet, ähnlich den löffelförmigen Blättchen, aus denen sich auch die Palmetten an den Säulenschäften zusammensetzen. Noch eine Art der Faltenbildung kommt vor: Sie besteht aus in geringen Abständen parallel gezogenen Ritzlinien. Sie findet sich besonders an den Ärmeln, die, wie in Freising, an den Handgelenken Staufalten bilden, dann am Mantel und Unterkleid der thronenden Gestalt an der rechten Portalwandung. So sind auch die vertikal gerichteten Falten an den Röcken der drei Hauptfiguren gebildet, die sich an der rechten Portalseite befinden. Unter ihnen gleichen die Gewänder der Halbfiguren über dem Portal. Ein wenig abweichend, in dicken, unten abgerundeten Falten fällt das Gewand des „Rydan“, der im Kircheninneren dargestellt ist, wie er der Tür den Riegel vorlegt. Die Kopfbildung gleicht den drei heiligen Mönchen außen; das Haar hängt straff in die Stirn hinab.

 

 

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Die Zusammenhänge zwischen Ferrara und Regensburg zeigen sich vor allen Dingen an den Köpfen der Figuren. Der Nachweis ist am leichtesten zu führen, wenn man das Kapitell der Schiffsäule N.1 mit dem Kämpfer des nördlichen Seitenportals in Ferrara vergleicht. Das gescheitelte Haar, das, in breiten Strähnen zur Seite gekämmt, über die Ohren fällt, die niedrige Stirn, die hochgeschwungenen Augenbrauen, die hervorquellenden Augen, die stark vorspringende breite Nase: Das alles sind Eigentümlichkeiten des Kopfes in Ferrara, die in Regensburg nur fratzenhaft vergröbert werden. - An der Westempore findet sich an einer der Basen ein Kopf, der mit dem horizontalen Einschnitt an der Nasenwurzel, den hervortretenden Augen, der Haarangabe durch parallele Furchen, sich denen der Säule N.1 als verwandt erweist. 1) - Auch für die übrigen Köpfe lassen sich in Oberitalien Analogien finden. Die männliche Figur links neben Maria oder der Geigenspieler gleichen etwa dem „Daniel“ am Ferrareser Portal. Die Bartbildung der erstgenannten Figur mit den sich überkreuzenden Strähnen findet sich in Verona bei dem Propheten am linken Türpfosten.

 

Von dem schon genannten Kämpfer in Ferrara könnte man die Form der großen weichen überfallenden Blätter herleiten, die, wie Melonen gerippt, an dem Kapitell der Säule N.1 den Raum zwischen den Köpfen ausfüllen. Nur ist das fein gegliederte Blatt, das an dem Vorbild von dem größeren Deckblatt umrahmt und gehalten wird, in Regensburg weggelassen.

 

Ein unverändert aus der Nikolaus-Wiligelmus-Schule übernommenes Motiv ist die Reihe von Blättern, die wie aufgefädelt, hier die innere rechte Schiffskehle bis zur halben Höhe begleiten, in Ferrara und Verona gleichsam die Bindung zwischen Säulen und Gewände sind.

 

Die übrigen Formen der Kirche kann man zumeist auseinander herleiten. Dem Kapitell N.1 mit den großen Köpfen an den Ecken lassen sich mehrere Kapitelle anschließen. Die

 

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1) Die Köpfe an den Konsolen außen am Chor sind diesen ähnlich. Die geschwungene über Augen und Nasenansatz fortführende Linie hat in Ferrara z. B. der Verkündigungsengel am Portal.

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von den Seitenflächen aufsteigenden Blätter, die sich über den Köpfen zu Voluten zusammenrollen, finden sich wieder an dem letzten Kapitell der Nordseite (N.5). Das ganze Kapitell wird von Stengeln überzogen, die wie Schachtelhalme gegliedert sind. Die von der Kapitellmitte nach den oberen Ecken führenden Stengel rollen sich an ihrem Ende zu Voluten ein. An der Stelle der Köpfe findet sich ein weiches Blatt, das wie die Knospe eines Knollenkapitells aussieht. Noch ähnlicher ist die Blattbildung an den nördlichen, dem Schiff zugewandten Dienst der Empore. Auch hier fehlen die Köpfe; an ihren Platz treten große gehöhlte Blätter. Oben auf der Empore kommt fast dasselbe Kapitell noch einmal vor, an einem der Dienste, die der Westwand vorgestellt sind. In dieser Form übernahm es der Portalmeister. Er bildete ihm das mittlere Kapitell an der rechten Portalseite nach, brachte aber auch die Köpfe an den Ecken wieder an, die, unvermittelt und sinnlos, in tief gehöhlte Blätter hineingesetzt sind. Sämtliche Kapitelle an den Portalsäulen sind ähnlich gebildet. Einmal, an der mittleren Säule der linken Seite, sind die Masken von den Ecken nach der Mitte der Kapitellflächen gerückt. Einmal werden sie durch Löwenköpfe ersetzt. Die anderen Kapitelle sind nur mit Blättern dekoriert. Doch immer noch kann man das Vorbild an den gegeneinander eingerollten Stengelvoluten erkennen. - An dem Kapitell mit den Löwenköpfen ist, wie an dem Kapitell mit den vier Löwen in der Kirche und dem gegenüber liegenden mit den vier großen Köpfen, die Deckplatte wellenförmig bewegt. Diese Platte ist kein selbständiges architektonisches Glied, sondern – an den Säulen der Kirche wird das besonders deutlich – der unornamentierte obere Teil des Würfelkapitells.

 

Die Qualität der Arbeit ist am Portal weit geringer als in der Kirche. Hier sind die Formen ausgeprägter, die Ornamente weniger verlaufen. Ein besonders schönes Kapitell (N.3) ist noch zu erwähnen. Es ist geschmückt mit vier übereinander geordneten Reihen spitzer Blätter, die einmal tief gekerbt, mit den Mittelrippen übereinander gelegt sind. Die zickzackförmig geführte Deckplatte ist ebenfalls mit Blättern besetzt. Den Halsring

 

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bildet ein Perlstab. Den Kämpfer schmücken große Rosen: Vier Blätter, von denen je zwei umgeklappt sind, umgeben die Blütenmitte. 1) - Ein Kranz aus Rosetten mit fünf völlig entfalteten Blättern, die den genannten Blüten ähnlich sind, umzieht einen Bogen der Arkatur am Portal. - Ein bis jetzt nicht genanntes Kapitell (S.2) ist mit Blättern und Trauben geschmückt.

 

Die Empore folgt an letzter Stelle, weil ihre Ornamentik der Kirche am wenigsten gleicht. - Die Empore ist mit einem Rippenkreuzgewölbe gedeckt, wie der Hauptchor. Sie ruht auf zwei starken Rundpfeilern, deren jeder gleichzeitig eine der Emporenwand vorgelegte Halbsäule trägt, die den westlichsten Bogen der Schiffsarkaden auffängt. Der Abschlußwand im Westen sind Halbsäulen als Träger für die Gurten und Rippen vorgelegt. An der Ostseite werden diese von vier Bündelpfeilern getragen, die mit der Basis auf der Brüstung und einem gleich hohen Mauervorsprung ruhen. Die Mittelpfeiler bestehen aus einer Säule mit zwei vorgelegten Halbsäulen; bei den Eckpfeilern wird eine der Halbsäulen durch eine Konsole ersetzt. Mit der Kunst des Wölbens könnte dem Baumeister die Kenntnis französischer Pfeiler, die aus alten und jungen Diensten zusammengesetzt sind, überkommen sein. Die Halbsäulenvorlagen an den Hauptpfeilern haben besondere Basen und Kapitelle. Ihre Kämpfer üben keinerlei Funktion aus; sie sind dem Kämpfer des Hauptpfeilers, der das Gewölbe trägt, vorgeblendet. Nach oben zu laden sie bogenförmig aus; ihr Umriß hat die Form einer Volute. Diese Form wird verwendet, um von der Breite des Kapitells überzuleiten zur Breite der Gurten. An den Ecksäulen verkröpfen sich Kämpfer und Halsring um Säule, Halbsäule und Konsole.

 

In der Ornamentik sind die Unterschiede zwischen Kirche und Empore mehr technischer als formaler Natur. Es finden

 

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1) Einen Kämpfer mit Rosen geschmückt aus S. Antimo bei Siena bildet Venturi ab. (Storia dell‘Arte Bd. III Seite 821.) Die Anregung zu dem Ornament in Regensburg könnten die Rosetten mit umgeklappten Blättern gegeben haben, die in Ferrara, in Verona als Portalschmuck vorkommen.

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sich hier, außer dicken fleischigen Blättern, andere die schmal und so tief gefurcht sind, daß der Blattcharakter völlig verloren geht und es aussieht, als wären dem Kapitellkern nur parallel verlaufende Fäden aufgelegt. Dieser faserige Charakter der Dekoration findet sich auch am Portal, besonders an den Kapitellen der großen Säulen. 1) - Ferner sind an der Empore vielfach die Blattrippen mittels einzeln stehender Bohrlöcher vertieft. Am Portal wird die Technik an den Blattfächern verwendet, mit welchen die Bogen der untersten Arkatur ausgesetzt sind. Im Schiff findet sie sich nur einmal, an dem vorletzten Kapitell der Südseite (S.4), das dem Motiv nach mit den genannten zahlreichen Kapitellen mit den Stengelvoluten zusammenhängt. Vielleicht gehört dieses Kapitell schon dem Meister der Empore an. - Der Formenvorrat stimmt größtenteils mit der Kirche überein: Kämpfer und Basen sind im oberen Stockwerk dieselben wie im Schiff. Zwar sind die Profile der starken Rundpfeiler auf denen die Empore lastet, etwas verändert. Ihre Kämpfer und die Kämpfer der vorgeblendeten Halbsäulen sind nach Art der umgekehrten attischen Basis profiliert. Aber da oben die alten Profile wieder auftauchen, so war wohl nur des Erbauers Freude am Variieren maßgebend für den Wechsel; zudem sind die Formen der Kapitelle die vom Schiff her bekannten. Die übereinander geordnete Reihe von Blättern mit der tiefen Mittelrippe am nördlichen Rundpfeiler lassen sich von dem Kapitell mit den Rosen herleiten. Und die Kapitelle an den Diensten haben die schon genannten gegeneinander aufgerollten Voluten. Das Kapitell des südlichen Rundpfeilers gehört derselben Reihe an; die Eckvoluten verschwinden unter einer Häufung von schmalen, übereinander aufsteigendem Blattwerk. An einem der oberen Pfeiler gleicht eine Eckbildung in Form eines Hundskopfes genau dem Kopf an der östlichen Säule der Südseite. 2)

Ein menschlicher Kopf an der Halbsäulenvorlage der Westwand, der den Köpfen an der Schiffsäule N.1 ähnlich ist, ist schon im Zusammenhang

 

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1) Auch die Blattdekoration in Parma hat zum Teil dieses fadenförmige Aussehen.

2) Auch am Portal kommt die gleiche Eckbildung vor.

 

 

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mit Kirche und Portal genannt. Ein fratzenartiger Kopf mit breiter Nase gleicht wieder den Fratzen, die am Portal in die Rundbogen der mittleren Arkatur rechts hineingesetzt sind.

 

Zu den Übereinstimmungen mit dem Portal ist noch das Fehlen des Halsringes an den Rundpfeilern der Empore zu zählen. Nimmt man die Gleichheit der Technik hinzu, so wäre zu schliessen, daß derselbe Meister Portal und Westempore baute, beide mit Verwertung der im Schiff vorhandenen Formen. 1)

 

Es sind noch die beiden Fenster im Obergaden der Nord- und Südwand zu nennen: Das nördliche kreisrund, das südliche in Vierpaßform. Die Nasen des Vierpaßes sind mit Tierköpfen dekoriert, von denen kreuzweis geführte verbindende Stäbe ausgehen. Ein kreisrundes Fenster mit vier Tierköpfen aus einer Tiroler Kirche bewahrt das Ferdinandeum in Innsbruck.

 

Der Kreuzgang von St. Jakob steht den Formen der Kirche zu fern, ist zu sehr in anderem Geist erbaut, als daß seine Beschreibung an dieser Stelle ihren Platz finden könnte. Er leiht über zu den Werken der Frühgotik in Regensburg. Die von der Schottenkirche abhängige Kunst hat Bauten aufzuweisen, die mit ihr in engerem Zusammenhang stehen. Von ihnen wird in erster Reihe zu sprechen sein.

 

B I. Die abhängigen Bauten

 

a) St. Zeno in Isen.

 

Am nächsten steht der Schottenkirche das Portal der Pfarrkirche St. Zeno in Isen. 2) Isen ist zu Ende des XVII. Jahrhunderts umgebaut worden. Die romanischen Außenmauern stehen noch und eine Krypta, deren westlicher Teil von Pfeilern, deren östlicher von Säulen getragen wird. Auch die Isener Kirche ist eine dreischiffige Basilika ohne Querschiff. Die Hauptapsis setzt, wie in Freising, zwei Meter weiter östlich an

 

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1) Bei denen allein von Originalität und Reichhaltigkeit gesprochen werden kann.

2) Isen bei Haag, Bez. Wasserburg: Zu vergleichen: Die Denkmale des Königr. Bayern; Oberbayern Bd. II.

 

 

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als die Nebenapsiden. Ornamentiert ist allein das Hauptportal. Sein Grundriß ist der in Bayern vorherrschende. Genau wie in Regensburg sind in zwei Rücksprünge Säulen eingestellt, denen in der Archivolte Rundstäbe entsprechen. Die Gewändepfosten und Pfostenarchivolten sind auch hier mit Schiffskehlen abgefast. Pfosten und Säulen stehen, ähnlich wie in Freising, auf einem gleichmäßig nach innen fluchtenden Sockel, der mit Tier- und Pflanzenornamenten geschmückt ist. 1) Dem Gewände vorgelegt ist eine freistehende Säule mit besonderer Basis, um die sich der Kämpfer verkröpft. Sie trägt außer dem ihr zugeordneten Wulst einen schmalen, die Archivolte umgrenzenden Rundstab, der durch eine Kehle von dem Wulst abgesetzt ist. In Regensburg entspricht diesem abschließenden Bauglied der auf dem Gesims des Portalanbaues ruhende Rundstab. Der Kämpfer, aus Platte und Rundstab bestehend. 2) ist der in St. Jakob am häufigsten verwandte. Das Tympanon ruht auf zwei bogenförmig vorkragenden Steinen auf. Den unteren Rand schmückt ein Fries aus umschriebenen Palmetten; mit diesem Ornament sind in Regensburg einige der Portalsäulen überzogen. Den halbkreisförmigen Abschluß begleitet eine Wellenranke mit Blättern und Trauben, ähnlich derjenigen am Bogenfeld der Schottenkirche. Darunter folgt die Weihinschrift: „Uodalrice domini flagrans in amore fidei hoc opus auxisti; pateat tibi gratia Christi.“ Ein Stab trennt sie von dem für figürlichen Schmuck freigelassenen Teil des Bogenfeldes. Diese Rahmung wird wie in Regensburg von dem Kopf der Figur - es ist hier nur eine: Christus auf dem Thron Salomonis – überschnitten. Die Säulenkapitelle, links und rechts übereinstimmend, tragen Blattschmuck. Regensburg am verwandtesten sind die mittelsten; vier Reihen sehr fleischiger Blätter mit stark hervortretender Mittelrippe sind übereinander geordnet: Eine Weiterbildung des Kapitells der Ecksäulen auf der Regensburger

 

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1) Eine ähnliche Dekoration des Sockels fand ich in Innichen im Pustertal.

2) Die Platte ist im Vergleich zum Rundstab schmaler geworden; an dem Portal von St. Zeno in Reichenhall ist sie ganz verschwunden.

 

 

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Empore. Im Gegensatz zu Regensburg setzen die Schiffskehlen an den Pfosten etwas unter Kapitellhöhe plötzlich ab, um Raum für die aus Regensburg wohlbekannten hockenden Figuren

zu lassen. Haltung, Tracht und Faltenstil sind in Regensburg abgesehen. Am linken Gewände greift sich die eine Gestalt mit beiden Händen in den Bart, die andere preßt, wie die „ira“, die Hände flach auf den Leib. Rechts hält eine der Figuren Pflanzen in der Hand; die Blätter sind, wie häufig in Regensburg, löffelförmig. Die andere Gestalt hat die Hände ausgestreckt. 1) Die Figuren der rechten Portalseite haben glatte Obergewänder und bis zum Knie reichende faltige Röcke, die durch einen mit einer Schlinge gebundenen schmalen Gurt gehalten werden. Den faltigen Überfall und den strickartigen geschlungenen Gürtel hat am Jakobsportal die innerste Figur der rechten Laibung. Die Staufalten an den Ärmeln wiederholen sich in Isen bei allen Figuren. Die ovale Kopfform, die großen hervorquellenden Augen, die nach unten breit werdenden Nasen, zeigen große Ähnlichkeit mit Regensburg. Von dort kommt auch die Anordnung der Haare. Die in die Stirn herabhängenden Strähnen, wie die Figur mit den Pflanzen oder die großen Köpfe an der innersten Säule links haben in Regensburg „Rydan“ und die Köpfe in den Kehlen. Das straffe gescheitelte Haar, das bei den Figuren des Schottenportals die Regel ist, findet sich in Isen an der Gestalt mit den flach ausgestreckten Händen und an den Köpfen am innersten Kapitell rechts. Die Zopftracht bei bärtigen Figuren, in Isen mit Vorliebe verwendet, hat in Regensburg die männliche Gestalt links von der thronenden Maria.

 

Obwohl in Isen die Schiffskehle die Figuren nicht umrahmt, so tragen doch alle die zweispitzartige Kappe, die in Regensburg durch die über den Köpfen zusammentreffenden Stäbe gebildet wird. Selbst an den großen Köpfen der inneren Kapitelle ist sie beibehalten. An den äußersten Kapitellen

 

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1) Sie hält nicht, wie im Inventar der Kunstdenkmäler behauptet wird, ihre abgeschnittene Nase; und somit ist die Deutung auf die Psalmstelle (Ps. 115 V. 6) hinfällig.

 

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bilden hakenförmig zusammengebogene Stäbe die Schiffskehlenenden in Regensburg nach. - Einigen Einfluß von anderer Seite her wird man in Isen zugestehen müssen. Das Bogenfeld durch einen über den Pfosten vorkragenden bogenförmig abgerundeten Stein zu stützen, ist Gewohnheit der Salzburger Schule. 1) Von dorther mag auch die Blattverzierung, die das untere Ende der Schiffskehle mit dem Sockel verbindet, dem Isener Meister bekannt gewesen sein.

 

b) Die Burgkapelle in Nürnberg und das Bamberger Karmeliter-Portal.

 

Ebenso hat sich der Meister der Doppelkapelle auf der Burg in Nürnberg eng an das gehalten, was ihm in Regensburg bekannt geworden war. Motiv für Motiv kann man seine Abhängigkeit beweisen.

 

Historisch ist der Zusammenhang mit der Schottenkirche dadurch gegeben, daß Kaiser Konrad III., und nach ihm Friedrich I.‚ einen Schottenabt als Schloßkaplan nach Nürnberg berufen hat. Zum Dank wurde den Schotten das Kloster St. Egidien übergeben. 2) - Die zweigeschossige Burgkapelle gleicht in ihrem Grundriß der Kaiserkapelle zu Eger. 3) Die Ober- und die Unterkapelle bestehen aus drei Schiffen von gleicher Höhe. Beide schließen mit einem quadratischen Chor und halbkreisförmiger Apsis‚ die in der Mauerdicke ausgespart ist. Über dem nach außen rechteckigen Chor ist in späterer Zeit ein Turm errichtet. Die völlig schiefwinkelige Anlage ist vermutlich durch das Terrain und den Anschluß an ältere Baulichkeiten zu erklären. In der oberen, der Ottmarskapelle, wird die Verschiebung durch die eingebaute Empore verdeckt, deren Vorderseite etwa der Öffnung zwischen Ober- und Unterkapelle parallel geht. Unten, in der Margaretenkapelle, sind die drei

 

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1) So ist das Bogenfeld an St. Zeno in Reichenhall gestützt.

2) A. F. Oefele: Rerum Boicarum Scriptores. Bd. I.

3) A. Essenwein: Die Doppelkapelle der Kaiserburg zu Nürnberg (Anzeiger f. Kunde d. Deutschen Vorzeit 1878.) - Popp und Bülau: Die Architektur d. Mittelalters i. Regensburg 1834. Fotographien bei Stoedtner.

 

 

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schiefen Joche zu der Kapelle gezogen und durch Pfeiler gestützt, so daß die untere Kapelle in der Länge aus vier Jochen, die obere aus nur drei Jochen besteht. Vier monolithe Säulen tragen oben und unten die gratigen, zwischen Gurten eingespannten Gewölbe. Die Gurten werden an den Außenwänden von Konsolen aufgefangen. Unter- und Oberkapelle entstammen der gleichen Bauperiode. Es stimmt das Blattwerk der Säulen unten mit dem Schmuck der starken Rundsäulen, die die Empore im Obergeschoß tragen und der Konsolen oben überein; ferner die Ornamentik der Sockel- und Kämpferplatten.

 

Das bestimmt dazu, die vier Säulen im Obergeschoß, die völlig anders aussehen, aus der Regensburger Schule auszusondern. Ihre Schäfte, schlank und stark verjüngt, sind aus weißem Marmor, einem Material, das in Bayern sonst nirgends anzutreffen ist. Ihre Kapitelle haben Kelchform; zwei sind mit großen weichen Blättern besetzt, die sich an den Spitzen nach innen einrollen. Der runde Kapitellkern ist mit einem Perlstab abgekantet. Solche Formen, in Bayern völlig fremd, sind häufig in der französischen Frühgotik zu finden. Auch die Basen mit den lappigen überhängenden Eckblättern findet man in Frankreich oft, während sie zum mindesten in der Burgkapelle nirgends wieder vorkommen. Je zwei Sockelplatten sind aufeinander geschichtet: Die untere aus Muschelkalk wie die ganze übrige Kapelle und mit einheimischer Ornamentik geziert‚ die obere, ohne Ornament und mit der „französischen“ Basis aus einem Stück. Die Kämpfer, wieder aus Muschelkalk, bestehen aus Platte und Schräge und werden von zweisträhnigem Flechtband umzogen, wie einer der Kämpfer in der unteren Kapelle. Alles deutet darauf, daß die Säulen: Schaft‚ Kapitell, Basis und obere Sockelplatte, an anderer Stelle, vielleicht in Frankreich gefertigt worden sind. Eine von ihnen ist auf dem Transport zerbrochen und mit einem Schaftring geflickt. Nur an einer Basis hat sich ein Nürnberger versucht, und sie mit Flechtband und Tierköpfen verziert.

 

Alle übrigen Kapitelle haben Würfelform. Wie in Regensburg folgt auf die skulpierte Zone eine unbearbeitete, die die

 

 

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Stelle der Deckplatte vertritt. Auf ihr ruht der Kämpfer auf. - Die Qualität der Ornamentik ist geringwertiger als die handwerklichsten Teile der Schottenkirche. - Den Zusammenhang zwischen dieser und Nürnberg gewährleistet zuerst die Verwendung von Flechtmotiven. Von ihnen findet sich in der Burgkapelle :

 

I. An Kämpfern und Basen:

1. Das Zweiriemengeflecht.

2. Das Dreiriemengeflecht.

3. Das Kettengeflecht aus kreisförmigen Schlingen.

 

II. An der Empore:

4. Eine Verbindung von Rautengeflecht mit Kreisen an dem Mittelfenster.

5. Das Achtergeflecht.

 

Sodann stimmen auch die vegetabilen Ornamente mit Regensburg überein. In der Margaretenkapelle sind zwei Kämpfer mit Blattzacken geschmückt, ähnlich einer Säule, welche an der rechten Portalseite in Regensburg die Blendarkatur trägt. Von den beiden mit Blättern geschmückten Kapitellen der unteren Kapelle erinnert eines, das nordöstliche, vermittels seiner Stengelvoluten, seiner stark übergebogenen geriefelten Deckblätter, an das Kapitell der nördlichen, der Empore vorgelegten Halbsäule in St. Jakob. In Nürnberg ist man noch tiefer in den Stein hineingegangen, ist alles noch mehr zerpflückt und zerfasert. Auch hier sind, wie auf der Regensburger Empore, die Blattrippen durch einzeln stehende Bohrlöcher vertieft. Diesem Kapitell ähnelt in der Ottmarskapelle das Kapitell des nördlichen Rundpfeilers unter der Empore. - Die Konsolen der Ottmarskapelle setzen, wie die Konsolen am Rundbogenfries des Chors von St. Jakob, mit einem Halsring an, von dem radial gestellte Blätter ausgehen. Über einer der Konsole angearbeiteten unornamentierten Deckplatte folgt ein blattgeschmückter Kämpfer: Die Eckblätter sind steil aufgerichtet, das in der Mitte gekerbte füllende Blatt ist mit der Spitze übergeklappt. Es ist die Blattform, wie sie in Regensburg am Adlerkapitell, an der Konsole

 

 

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des „Salomo“ vorkam. Konsolen tragen in Nürnberg auch den Bogenfries unter dem Dach. Ihre Formen kommen an St. Jakob am Portal, am Westwerk oder der Hauptapsis‚ d. i. den spätesten Teilen vor. 1)

 

Für den Vergleich kommt endlich noch die figürliche Dekoration in Frage. Ein Adlerkapitell in der Margaretenkapelle gleicht in der Stilisierung der Vögel dem in der Schottenkirche (S.5); die Flügel stoßen in der Mittellinie zusammen, wie bei den italienischen Vorbildern. Ein anderes ist an den Ecken mit Tierköpfen besetzt. Zackige Blätter, die aus den Mäulern der Tiere kommen, verschlingen sich in der Kapitellmitte und greifen bis an die Ecken zurück, wo sie sich über den Köpfen zu Voluten einrollen. An den Köpfen deuten die stark umrandeten Augen, die eingesattelte breite Nase sichtlich auf Regensburger Abkunft. - In der Ottmarskapelle ist der südliche Rundpfeiler an den Ecken mit sehr rohen menschlichen Köpfen dekoriert. Ihr Haar steigt über der Stirn kappenförmig an; die langen, seitlich herabhängenden Strähnen verknoten sich an den Seitenflächen des Kapitells, das aufsteigende Blattwerk überschneidend, das den Raum zwischen den Köpfen ausfüllt. 2) Der Zusammenhang mit dem Kapitell N.1 in St. Jakob ist nach Art der Anordnung und nach der Ähnlichkeit mit dem an den Spitzen übergeklapptem Battwerk nicht zu verkennen.

 

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1) Neu sind die einem Kreis eingeschriebenen vierteiligen Blüten, welche einen der Emporenbogen umziehen; sonderlich genug sind sie den Rosen der burgundischen Schule (Autun, Beaune) gleich. Dennoch werden sie eher von dem rosengeschmückten Kämpfer in Regensburg herzuleiten sein. Auch die Umgrenzung des Emporenfensters mit spitzen Blättern ist der Schule sonst fremd, kommt aber außer in Burgund (in Cluny an einem Fenster) in Italien vor (am Tympanon von Ferrara).

 

2) In Modena an der Fassade des Domes sind beide Motive vorgebildet: Statt Tierköpfen männliche Köpfe, deren Bärte in Blattwerk verwandelt sind.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Modena-Dom-San-Geminiano-Fassadendetail-IMG-5892.jpg

 

Wie in Nürnberg verschlingen sich die Blätter in der Kapitellmitte, biegen sich nach den Ecken zurück und rollen sich über den Köpfen ein. Bei einem Kapitell mit weiblichen Köpfen an den Ecken verschlingen sich die langen Haare zu einem Knoten und werden, von dem Mund der Figuren wieder aufgenommen.

 

 

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Als Eckbildung sind in beiden Kapellen teils unbearbeitete Knollen, teils Tierköpfe verwendet, von denen ein Hund mit aufgesperrtem Maul am nördlichen Rundpfeiler der Empore auffallende Ähnlichkeit mit einem Kopf auf der Regensburger Empore aufweist. An der gleichen Basis in Nürnberg kommen weibliche Köpfe vor, die mit der niedrigen Stirn, dem gescheitelten Haar, den schiefen Augen, der dicken Nase, den bekannten Regensburger Typus repräsentieren, wie er beispielsweise an dem Kapitell N.1 vorkommt.

 

Die Ostfassade ist mit verstreuten Bildwerken geschmückt. In Höhe des oberen Fensterbogens sind zu beiden Seiten ruhende Löwen über Blattkonsolen angebracht; darunter zwei menschliche Figuren, von denen die rechte, sitzende dem „Tassilo“ des Ulrichsmuseums in Regensburg ähnlich ist und für diesen die Entstehungszeit um die Wende des XII. Jahrhunderts sichert. 1) Zwischen beiden Figuren ist außer einer sehr beschädigten Figur eine Maske und der Vorderkörper eines Löwen zu sehen. Wie dieser werden auch die Löwen am Sockel des Jakobsportal von vornherein nur bis zur Hälfte dargestellt worden sein. Eine symbolische Bedeutung kommt der Dekoration der Ostseite der Kapelle nicht zu. Ein erneuter Beweis gegen die symbolische Erklärung des für die Nürnberger Anordnung maßgebenden Schottenportals.

 

Unerwähnt blieb bis jetzt der Schmuck des Triumphbogens in der Ottmarskapelle. Sein Kämpfer ist mit zackigem Blattwerk besetzt, wie die Kämpfer der Margaretenkapelle oder wie die Konsolen. Strichweise sind die Rippen mit dem Bohrer vertieft. Dieselbe Technik ist verwendet, um die Kehle an den Pfosten zu beleben. Nun ist es merkwürdig, daß das Portal der Karmeliterkirche in Bamberg denselben schematischen Dekor aufweist, wie der Nürnberger Triumphbogen. Der Blattschmuck der Kapitelle des Portals besteht in gleicher Weise abwechselnd aus Blattzacken und umgeklappten Blättern; ihre Mittelrippe ist ebenso mit dem Bohrer vertieft. Seitlich der Archivolte

 

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1) A. Seyler: Die mittelalterliche Plastik Regensburgs (Dissertation München 1905) läßt die Frage der Datierung offen.

 

 

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deren Ornamentierung im Zickzack vom Kreuzgangsportal der Schottenkirche beeinflußt sein könnte, finden sich die ins Profil gestellten Löwen auf Konsolen wieder, wie sie in Nürnberg die Ostseite der Burgkapelle schmücken. Die Frage nach der Herkunft der Dekoration wird so zu lösen sein, daß, von Regensburg ausgehend, der Stil nach Nürnberg kam und von dort nach Bamberg. In engster Anlehnung an die Formen der Doppelkapelle wurde das Karmeliterportal wohl von dem Nürnberger Steinmetzen gemeisselt. Daß umgekehrt der Weg von Bamberg nach Nürnberg führte, ist nicht wahrscheinlich, denn die Art der Dekoration ist in Franken sonst nicht nachzuweisen. 1)

 

c) Die Nachfolge der Schottenkirche im Donautal.

 

Donauabwärts, zwischen Regensburg und Ingolstadt, stehen alle Bauten dieser Zeit im Zusammenhang mit St. Jakob. Der Qualität ihrer Dekoration nach unerfreulich, werden sie der Betrachtung wert durch ihre Beziehungen zueinander.

 

I. Die Kirche der Benediktiner in Biburg.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Biburg-St-Maria-small-IMG-2228.jpg

Die Kirche in Biburg 2) ist ein Pfeilerbau. Entgegen bayerischer Baugewohnheit ist der Grundriß kreuzförmig. Doch enden, wie üblich, die Schiffe in drei gleichfluchtenden Apsiden. Die Bögen der Arkaden sind angespitzt. Vom Hauptchor führen je zwei bogenförmige Durchgänge in die Nebenchöre. Über den östlichsten Jochen sind Türme errichtet. Die Planbildung stimmt genauer als mit Regensburg mit Prüfening überein, zu dem schon von der Gründung an Beziehungen bestehen. 3) Das Westportal hat zwei Rücksprünge, die mit Säulen ausgesetzt sind. Die Säulen und die Rundstäbe, die ihnen in der Archivolte entsprechen, sind unornamentiert. Der äußere Rücksprung ist abgefast. Über ihn hinweg zieht sich die

 

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1) Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. W. Noack.

2) Bezirksamt Kelheim bei Abensberg a. d. Donau. Den Zusammenhang mit Regensburg erwähnt Dehio (Handbuch. Bd. III).

3) Der Bruder der Stifter und erste Abt, Eberhard, war zuvor Mönch in Prüfening.

 

 

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Kapitellzone, um in etwa doppelter Kapitellbreite an der Westwand gerade abzuschneiden. Um das Portal ist ein Zahnschnittfries bogenförmig herumgeführt. 1)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Biburg-St-Maria-IMG-2230.jpg

 

Er sitzt, scheinbar, auf dem auf die Westwand hinübergezogenen Kapitell auf. Dadurch gewinnt für den Betrachter die kleine Portalanlage ein wenig an Größe und Bedeutung. - Wie in Regensburg fehlen an Säulen und Pfosten die Halsringe. Von einzelnen Motiven stammt das sich rechtwinkelig schneidende Flechtwerk an der rechten Seite sicher vom Schottenportal; von dort auch die kauernde Figur am mittelsten rechten Pfosten. An der linken Seite dann die Sirene, die ihre Schwänze hält; sie hat wie an St. Jakob eine sehr niedrige Stirn und gescheiteltes, in zwei Zöpfe geflochtenes Haar. Die Angabe der Augensterne durch ein Bohrloch ist spezifisch oberitalienisch und kommt sonst in Bayern nicht vor. - Die Deckplatte des Kapitells knickt über den Figuren ein und folgt bogenförmig ihrem Kopfkontur. Als streifenförmiges Käppchen, wie es „Salomo“ und die Stützfiguren in Regensburg tragen, sitzt sie den Figuren auf. Scheinbar wehrt die männliche Halbfigur an der innersten linken Säule wilde Tiere von sich ab. Die Gestalt rechts streckt die Zunge heraus und dreht den Schnurrbart. Solcher Mißgestalten zeitigte die Schule der Schottenmönche noch mehr; der Steinmetz, der das Portal einer Hauskapelle in der Oberen Bachgasse fertigte; hat sein rechtes Kapitell mit einem ähnlichen Gesellen geschmückt. 2)

 

Im Tympanon ist von den drei Regensburgern Figuren nur eine Christus, übrig geblieben. Er erhebt segnend die Rechte; in der Linken hält er ein Buch. Sein Nimbus ist in byzantinischer Weise mit der „crux gemmata“ geschmückt. Die Kopfform gleicht den Regensburger Figuren. Aber die Haaranordnung

 

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1) Der als Umgrenzung bogenförmiger Architekturteile verwendete Zahnschnittfries ist meines Wissens auch in Italien nicht häufig. Ein Beispiel: Die Umrahmung von Fenstern und Blendbogen an den Apsiden von Parma. (C. Martin: Bd. I, Tf. 2-4).

2) Jetzt Schaufenster. Erwähnenswert ist der wie in Mallersdorf um im Archivolte geführte Rundbogenfries.

 

 

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mit der byzantinischen Locke über den Ohren ist anders; auch die Gewandung, die aus dickem glatten Stoff besteht und an den Kanten mit Streifen eingesäumt ist.

 

Dem bayrischen Formenkreis fremd sind die beiden Drachen am innersten linken Rücksprung‚ die hoch aufgerichtet mit den Körpern an der Kapitellecke zusammenstoßen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Biburg-St-Maria-Adler-IMG-2226.jpg

 

Die Federn, die ihren Körper bedecken, sind durch runde Einschnitte, die Flügel durch Längslinien gegliedert. Um den Hals liegt ein gedrehtes Halsband. Die Rüssel sind aufgeworfen, die Zungen werden herausgestreckt. Genau so ist die Bildung des Gefieders der Vögel in Como; genau so sind die Federn der Vögel und Aspiden an der von Como beeinflußten Quedlinburger Stiftskirche charakterisiert 1)

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Quedlinburg-St-Servatius-Empore-Vogelreliefs-IMG-7008.jpg

 

Auf Como weisen auch die mit Figuren ausgesetzten Kreisschlingen, die sich in Biburg über den äußersten Pfosten hinziehen. Das Flechtwerk ist dem ähnlich, das an S. Abbondio ein Fenster umzieht. Das Motiv der traubenpickenden Vögel als Füllung der Schlinge stammt auch von Como her 2) und der Biburger Meister hat es genau wie der Quedlinburger übernommen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Quedlinburg-St-Servatius-Kaempfer-Vogelreliefs-IMG-7048.jpg

 

Das Ornament innerhalb der dritten Kreisschlinge - in der äußersten ist ein Jäger mit Pfeil und Bogen dargestellt - bilden zwei verschlungene lilienförmige Blätter. Ähnliche Blätter finden sich in S. Ambrogio in Mailand‚ 3) dann auch am Dom zu Parma. Das Kompositkapitell am rechten Gewände kommt wohl in Straubing ähnlich vor; auch dort sind zwischen Akanthuslaub und Voluten verbindende Stäbe stehen geblieben. Doch die Gliederung des Blattwerks ist verschieden. Es fehlen in Straubing die stark hervortretenden Blattrippen. - Es bleibt ganz ungewiß, wie das Auftreten lombardischer Bauformen, die weder in Regensburg noch auch in Straubing vorkommen, hier zu erklären ist.

 

Den Rundbogenfries der Apsis in Biburg stützen kleine Köpfe, meist als Tiere: Rehe, Löwen, Widder, charakterisiert. Die Provenienz dieser Kopfkonsolen ist Italien; der Regensburger

 

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1) Monatshefte für Kunstwissenschaft 1910. S. 301 u. 303. Abb. 2 u. 5.

2) Monatshefte für Kunstwissenschaft 1910. S. 301 u. 303. Abb. 2 u. 4.

3) Monatshefte für Kunstwissenschaft 1910. S. 306.

 

 

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Schule mag die Art der Dekoration in Ferrara bekannt geworden sein, wo über dem Portal ähnliche Konsolen, mit Fratzen und Tierköpfen geschmückt, das Gesims tragen. -

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Ferrara-San-Giorgio-Fassade-Konsolen-IMG-7093.jpg

 

Bogenfries und Gesims werden von einem Zahnschnittfries getrennt; in Italien ist diese Disposition häufig; in Como, in Parma findet sie sich. Unabhängig von Biburg hat Straubing sie aufgenommen.

 

Vielleicht von Biburg beeinflußt kommen die von Tierkonsolen gestützten Bogenfriese an der schon genannten Kirche von Bergen, dann an den drei Dorfkirchen der Ingolstädter Gegend, Tolbath‚ Ainau, Weißendorf, vor.

 

II. Tolbath. Ainau. Weißendorf. Münchsmünster.

 

Tolbath ist als Vorort für die übrigen Kirchen der Gegend zu betrachten. Mit Ainau und Weißendorf gehört es eng zusammen. Nach dem zur Freisinger Baugruppe zu rechnenden Walderbach, nach Münchsmünster, führen Fäden herüber. Stärker als von Regensburg ist die Baugruppe von Freising und wohl auch von Schwaben abhängig. Dabei ist Regensburgs Einfluß nicht völlig auszuschalten; der Erbauer Weißendorfs hat auch aus dieser Quelle geschöpft.

 

1. Tolbath.

 

Die Kirche in Tolbath ist einschiffig und innen völlig schmucklos. Die Apsis wird von einem einmal abgetreppten Bogenfries umzogen, der unmittelbar auf Konsolen in Form von Menschen- und Tierköpfen aufsitzt. Die Abtreppung der Bogen könnte von Schwaben herzuleiten sein: Der Bogenfries an der Apsis in Brenz hat dieselbe Form und sitzt auch auf Kopfkonsolen auf.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Brenz-Galluskirche-Rundbogenfries-mittlere-Chorapsis-Zeichnung-Fastenau.jpg

 

In Tolbath fehlt zwischen Köpfen und Bogenfries die in Brenz und Biburg vorhandene Deckplatte. Ohne Zusammenhang fügen sich in Tolbath Adler, Rinder, Schweine, ein Löwe mit seiner Beute, dann eine Sitzfigur, die einen Kopf im Schoß hält. Sie wird nach der Figur eines „Abraham“ kopiert sein. Denn an dem inschriftlich bezeichneten „Abraham“ an der Fassade von Borgo San Donnino sind die „Seelen, die

 

 

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er im Schoße hält, auch nur durch Köpfe angedeutet. Über dem Bogenfries folgt ein Gesims aus zwei Rundstäben, die durch Diamantreihen getrennt sind. Diese Profilierung begegnet an den Rippen des Herrenrefektoriums in Maulbronn, während die besondere Form des in Tolbath verwendeten Diamantschnittes, die aneinander gereihten halbierten Pyramiden, an der von Maulbronn abzuleitenden Westfassade von Faurndau in Schwaben vorkommt. - Das bleibt nicht die einzige Beziehung nach Schwaben hinüber. Die Fensterrahmung an der Apsis ist mit drei Kehlen profiliert, die mit Schellen ausgesetzt sind. Ein ähnliches Fenster hat die Walderichskapelle in Murrhardt. -

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Murrhardt-Walderichskapelle-Fenster-Foto-Fastenau.jpg

 

Das Portal, durch zweifache Folge von Rundstab und Kehle gegliedert, nach außen durch einen Blendbogen abgeschlossen, den zwei flache Kehlen abgrenzen, besitzt an Stelle der Kapitelle nur einen Kämpfer. Er schmiegt sich der Profilierung des Gewändes an und „überklettert“ auch das Rahmenprofil. Das ist, wie Meier feststellt, 1) ein seltenes Motiv; sein wohl Paulinzeller Meister sah es in Maulbronn; dort oder in Pforzheim wird es der Architekt Tolbaths aufgegriffen haben. Das Kämpferprofil besteht aus Platte, Karnies und Kehle; und da die Profilierung im Karnies sich weder in Freising noch in Regensburg findet, so liegt es nahe, auch ihre Verwendung mit schwäbischem Einfluß zu erklären. In Pforzheim setzt sich das Kämpferprofil aus Platte, Stab und Karnies zusammen; und dort ist auch die rechteckige Türrahmung, wie in Tolbath die Kehlen, mit Köpfen und Rosetten besetzt. - Die Basis ist bogenförmig an den Halbrundstäben und rechtwinkelig an den Kehlen, 2) muß also von einem Portal mit Säulen und Pfosten herübergenommen sein. Da die Plinthen der Stäbe und Kehlen in einem Winkel von 45° aufeinander treffen, so liegt der Gedanke an Freisinger Einfluß nahe. Doch auch in Faurndau ist dieser Richtungswechsel nachzuweisen. - Im Bogenfeld,

 

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1) B. Meier a. a. O. Seite 22.

2) Genauer: Der obere Stab der attischen Basis ist an den Kehlen bogenförmig; der untere springt aus und leitet zu der rechtwinkeligen Plinthe über.

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das von einem Perlstab umsäumt wird‚ 1) ist der lehrende Christus in der Mitte, ihm zu seiten je ein sich, ihm zuneigender männlicher Heiliger mit einem Buch in den Händen dargestellt. An diesen Figuren bestimmte Einflüsse wahrzunehmen, ist wegen ihrer Qualität und ihres Erhaltungszustandes unmöglich. Eher läßt sich über einen Kopf im Scheitel eines Fensterbogens etwas aussagen. Seine ovale Form, das stark markierte Kinn, die eingesunkene Mundpartie, sind Freisinger Merkmale; doch die tief in die Stirn hereinhängenden strähnigen Haare, das über die Nase gradlinig fortgeführte Stirnbein sind Eigentümlichkeiten des Regensburger Stils.

 

2. Ainau.

 

Die Kirche in Ainau ist ebenfalls einschiffig. 2) Auch hier wird der einfach abgetreppte Bogenfries an der Apsis von Köpfen getragen. Ein König ist darunter, wie in Walderbach; dann Widder und Stiere, genau wie in Tolbath. Das Gesims hat hier die Profilierung der umgekehrten attischen Basis. Das Portal ist zweifach abgetreppt‚ die innere Abtreppung mit Säulen und einem Rundstab in der Archivolte ausgesetzt. Der vordere Pfosten ist abgefast, die Kehlung mit Rosetten, Köpfen, auch mit einem Tier ausgesetzt. Dem Portal ist jederseits eine Halbsäule vorgelegt, bestimmt, den rechtwinkligen Rahmen zu tragen, der um die Archivolte herumgeführt ist. Seine Profilierung besteht aus Platte und zwei Rundstäben; soweit er horizontal verläuft, begleitet ihn ein Zahnschnittfries. - Die rechtwinklige Portalrahmung ist, von Hirsau angefangen, schwäbische Eigenart. Auch in Pforzheim sitzt der Rahmen über dem Kämpfer auf. 3) Wieder verkröpft sich der Kämpfer, nach Maulbronner, nach Pforzheimer Art über die äußere Rahmung. Die Profilierung der rechten Seite aus Platte, Stab, Karnies und Kehle entspricht in den drei oberen Gliedern dem Kämpfer in Pforzheim. Über Tolbath werden die schwäbischen

 

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1) Ein Perlstab schmückt auch den Halsring der Säule N.3 in Regensburg.

2) Bei Geisenfeld; Bezirk Pfaffenhofen.

3) B. Meier: Seite 19.

 

 

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Motive ihren Weg nach Ainau gefunden haben. Von dort mag auch der Perlstab herzuleiten sein, der in Ainau das Tympanon in zwei Zonen teilt. Im inneren Feld ist in der Mitte Abraham dargestellt. Er hält vier Seelen in einem Tuch. Im äußeren Feld befinden sich rechts und links zwei Gestalten, die auf einer gebückten Figur sitzen. 1) Den oberen Raum nehmen drei Halbfiguren ein. Der Grund des Tympanons ist mit Ranken überzogen. Das Ganze ist von unglaublicher Roheit.

 

Die Kapitelle sind mit Rankenwerk geschmückt, aus dem jederseits ein Kopf hervorschaut. Nur der rechte ist gut erhalten; er erinnert durch seine lange ovale Form und durch die büschelartige Anordnung der Haare sehr an die Köpfe, die sich in Freising am Portal und den gleichzeitigen Teilen der Krypta befinden. Der Ainauer Steinmetz verwertete neben Freisinger Erinnerungen solche, die ihm aus Regensburg haften geblieben waren. Wie in St. Jakob stützen Löwen die Gewändepfosten. Die Fläche zwischen ihnen und dem äußeren Rahmen ist mit Halbfiguren geschmückt, von denen besonders die linke mit dem schmalen Gesicht und dem dichten gewellten Haar noch Freisinger Einfluß erkennen läßt. 2) Dieser Zusammenhang zeigt sich auch an dem rechts vom Portal, in geringer Höhe über dem Boden, in die Außenwand eingelassenen Relief. Dargestellt ist Christi Einzug in Jerusalem. Christus reitet auf einem Esel. Zwei Leute breiten vor ihm Kleider auf den Weg, ein dritter bricht Blätter von einem Baum. Vor einer Kirche steht eine Frau mit einem Kind. Der Baum mit seinem lappigen Blattwerk gleicht dem Pflanzenornament des Pfeilers M.P.8 in der Krypta. - Zu erwähnen bleibt noch die Relieffigur eines lehrenden Christus, die über dem Portal angebracht

 

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1) Die einzige mir bekannte Parallele befindet sich am Türsturz in Arles, wo eine mit Nimbus und Krone versehene Figur auf einer gebückten Gestalt thront, welche einen Geldsack um den Hals hat. Dieser Figur entspricht auf der anderen Seite Abraham mit den Seelen im Schoß.

2) Die Köpfe an der Apsis sind voller, haben aber die gleiche eingefallene Mundpartie und die büschelförmige Haarangabe.

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ist und eine Giebelfigur im Kircheninneren. 1) Sie nimmt die hockende Stellung der säulentragenden Figuren in der Freisinger Krypta ein.

 

 

3. Weißendorf.

 

Auch die Weißendorfer Kirche ist einschiffig. Die Form des Rundbogenfrieses an der Apsis ist genau die gleiche wie in Tolbath und Ainau. Auch hier sitzen die Rundbogen unvermittelt über den Kopfkonsolen an. Den Zusammenhang mit Tolbath ergeben besonders die Figuren. Die Tierköpfe Widder, Stier, Kalb, Löwe sind dieselben nach Form und Art. Beweisend für die Übereinstimmung ist die Ähnlichkeit zwischen dem Kopf eines bärtigen Mannes in Weißendorf und dem erwähnten Kopf an dem Fensterbogen in Tolbath. Zwei Köpfe sind als König und Königin charakterisiert. 2) Nur einmal kommt es vor, daß, wie in Schwaben häufig; ein Rundbogen mit einer Figur ausgesetzt ist. Sie hat den Kopf in die Hand gestützt wie eine Figur der Schottenfassade; mit der andern hält sie ein Buch. Im Inneren zeigen sich Regensburger Einflüsse in der Anbringung einer auf zwei Säulen ruhenden Empore. Die Kapitelle sind würfelförmig; ihre Schildflächen sind streifenförmig umrahmt und mit Figuren geschmückt. An einer Seite befindet sich ein lehrender Christus. Sonst kommen zwei Vögel in symmetrischer Anordnung vor, dann auf die Hinterbeine aufgerichtete Löwen mit zwei Körpern und einem gemeinsamen Kopf. Der Kämpfer, aus Platte und zwei Kehlen bestehend, ist in Bayern selten. In der Krypta von Bergen kommt er ähnlich vor; doch ist sie mehr als ein Jahrhundert früher entstanden. An den Basen bilden Adlerköpfe die Eckverbindung. Eine Figur, deren Kopfbildung dem Kopf im Tolbather Fensterbogen gleicht, hockt auf dem Gesims des Chors. - Das Portal ist dreifach abgetreppt. Säulen fehlen. Es wird umzogen von einem Achtergeflecht, das von schmalen Rundstäben eingefaßt

 

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1) Der Kopf fehlt; er war in den Rumpf eingelassen.

2) L. von Bürkel (Zeitschrift f. Numesmatik 1912) macht auf den Zusammenhang zwischen der dekorativen Plastik und den Münzdarstellungen derselben Gegend im XII. Jahrhundert aufmerksam.

 

 

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ist. Der Portalkämpfer bietet jederseits vor dem Gewände Platz für einen ins Profil gestellten Löwen. Das Flechtwerk, die Löwen auf dem Kämpfer, erweisen Regensburger Einfluß. Der Kämpfer, aus Platte, Absatz, Stab, Kehle und Stab bestehend, zeugt durch die Unterhöhlung des oberen Stabes und durch die Feinheit seiner Gliederung von später Entstehungszeit.

 

4. Münchsmünster.

 

Des Portal von Münchsmünster ist aus der heute noch bestehenden Kirche entfernt und bildet seit kurzem den Zugang zum Friedhof in Landshut. Seine einstige Gestalt erkennt man auf einem Stich bei Nagel 1). Es war von einem rechteckigen Rahmen umschlossen. Dieser bestand aus Halbrundstäben, die durch kreisförmige Einschnitte gegliedert, aus vier Reihen von Perlen oder Kugeln zusammengesetzt schienen. Die von Rahmen und Archivolte umgrenzte Fläche war mit drei Reihen von Reliefplatten geschmückt. In der Mitte, die übrigen Gestalten überragend, war ein Krucifixus; eine Sirene, die ihre Schwänze hält, ein Mann, der sich in den Bart greift, ein Meerweibchen sind unter den übrigen Figuren. Es ist eine Auswahl aus dem Figurenschmuck der Schottenkirche, von der auch das aus einem Kreis und vier Blättern bestehende pflanzliche Ornament herstammt. Die Reliefplatten wurden von Konsolen getragen: Zwei Löwen, die sich in den Schwanz beißen, an den Ecken; dann einzelne Köpfe: einer, der etwa ein Lamm als Beute zwischen den Zähnen hält, ein Löwenkopf, der ein menschliches Haupt im Rachen hat. Beide Tierköpfe finden sich genau so an der Apsis in Tolbath. Unter den Konsolen folgen scheinbar in zwei Reihen übereinander Zickzackstäbe. 2)

 

Das eigentliche Portal in Landshut hat drei Rücksprünge, die nicht mehr mit Säulen, sondern mit dünnen Rundstäben ausgesetzt sind, die sich in der Archivolte fortsetzen. Die Basen scheinen modern zu sein. An ihrer Stelle waren,

 

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1) Nagel: Origines domus boicae illustrantes. (1804)

2) Die Wiedergabe auf dem Stich ist nicht zuverlässig.

 

 

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wenigstens an den Rundstäben des linken Gewändes, Halbfiguren angebracht. Sie saßen. unmittelbar über dem Boden auf. 1) Den Schmuck der Kapitelle bilden Köpfe, die, nebeneinander aufgereiht, so angeordnet sind, daß je einer an den Gewändepfosten, je zwei an den Kapitellen der Runddienste sitzen. Die mit einer Wellenranke besetzte Deckplatte verkröpft sich bogenförmig um die Rundstäbe und rechtwinkelig um die Pfosten. Der Halsring hat die Form eines gedrehten Strickes. Der äußerste Pfosten ist mit einer Reihe halbierter Diamanten besetzt, die von zwei Rundstäben eingefaßt werden. Genau die gleiche Profilierung hat das Gesims von Tolbath. Die Übereinstimmung mit Tolbath erstreckt sich auch auf die Kopftypen. Zu vergleichen ist der Kopf im Tolbather Fenster mit einem beliebigen bartlosen Kopf der Münchsmünsterer Kapitelle. Die ovale Form, das betonte Kinn, der schlitzartige Mund, der schmale Nasenrücken stimmen überein. Für die bärtigen Köpfe ist ein Kopf der Tolbather Apsis heranzuziehen, bei dem der wie von einem Strick umrahmte Mund und der herunterhängende Schnurrbart übereinstimmende Merkmale abgeben. Die Halbfiguren an den Basen bezeugen Ainauer Einfluß. - Ganz geht die Rechnung mit Tolbath und Ainau nicht auf. Es wurde schon bei Besprechung der Ornamente innerhalb des Portalrahmens auf Regensburg hingewiesen. An St. Jakob erinnert am eigentlichen Portal die Wellenranke an der Deckplatte. Und auch Freising hat zur Gestaltung des Portals von Münchsmünster einen Beitrag geliefert: das Fehlen des Kämpfers, die Führung der Deckplatte entspricht der Freisinger Schulübung.

 

Baureste der Kirche von Münchsmünster befinden sich heute im Nationalmuseum zu München. Ein giebelförmiger Türsturz 2) zeigt Christus lehernd zwischen Sonne und Mond. 3) Die Halbfigur ganz links ist wohl der Kirchenpatron. Das gescheitelte

 

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1) Diese Figuren fehlen heute.

2) Die Türsturze in Giebelform kommen am Rhein häufiger, vereinzelt auch in Sachsen vor, und zwar bis ins XIII. Jahrhundert hinein. s. B. Meier. S. 39.

3) Sonst sind Sonne und Mond nur zu seiten des Krucifixus dargestellt. (Bassermann-Jordan: Der Bamberger Domschatz. Tf. 14)

 

 

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Haar, den Schnurrbart in parallelen Strähnen wie der Christus, haben auch die Landshuter Köpfe. Aber die Köpfe am Sturz sind runder, stehen noch näher den Köpfen

in Ainau. Der Reliefgrund ist mit Ranken und Trauben ornamentiert, deren Form auf Freisinger Einflüsse schließen läßt. Das dreiteilige Blatt, herzförmig von Rankenästen eingeschlossen, findet sich auch, am oberen Teil der Basis von N.P.3. Ein rechteckiger Steinblock, der den Teil eines Türsturzes gebildet haben könnte, zeigt den Zusammenhang mit Freising noch deutlicher. Er ist mit einer Ranke geschmückt; den eliptischen Raum, den ihre Äste umschließen, füllt eine große Palmette, und ein ihr entgegengesetztes gerichtetes dreiteiliges Blättchen. In die Zwickel zwischen den Ästen sind Halbpalmetten gesetzt. So sind Astwerk und Palmetten am Rundstab der eben herangezogenen Basis N.P.3 angeordnet, und ähnlich ist die Ranke am äußersten Stab der Freisinger Portalarchivolte.

 

Ebenfalls im Nationalmuseum werden vier skulpierte Steinblöcke aus Münchsmünster aufbewahrt, die eine Türbogenumrahmung gebildet haben. Der Schlußstein ist erhalten, und ein Stein vom linken, zwei vom rechten Gewände. Jeder von ihnen ist mit einem bärtigen Kopf dekoriert, von dem Blattranken mit Trauben ausgehen. Mit dem giebelförmigen Sturz sind diese bogenförmigen Steine nicht zu einem Portal zu vereinigen; denn der Block der linken Seite, der Bogenanfänger ist, müßte sonst an seinem unteren Teil schräg abgearbeitet sein. Es sei denn, daß der Sturz auf Konsolen aufgeruht hätte. Aber auch diese Vermutung ist abzulehnen, weil die Köpfe der Rahmung viel größeren Maßstab haben als die Köpfe am Sturz. Der ornamentale Kopf am Schlußstein mißt 33 cm, der Christuskopf im Sturz nur 14 cm. An einem Portal, das beide Stücke verwendet, hätten aber beide Köpfe senkrecht übereinander gesessen.

 

An dem Portal, dem die vier Blöcke angehören, setzte ein Gewölbe an. 1) Am Stein des linken Gewändes sind an der

 

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1) Vermutlich führte es in eine überwölbte Vorhalle.

 

 

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hinteren rechten Kante drei Rippen angearbeitet, von denen eine mutmaßlich die Diagonalrippe, die beiden andern die Schildbögen sind. Dieser Stein kann nicht in seiner ganzen Breite gebunden haben, da hinten an der linken Seite ein nach oben schmaler werdendes bogenförmiges Stück mit Blättern besetzt ist. Die beiden Blöcke der rechten Seite müssen weiter oben am Portal gesessen haben, denn der eine hat an der Rückseite nur eine Rippe, die demnach dem über dem Portal ansteigenden Schildbogen angehört; der andere und auch der Schlußstein ist hinten glatt gearbeitet.

 

Die vier Köpfe zeigen ebensowenig Ähnlichkeit mit den Skulpturen Freisings wie mit denen Regensburgs. Das Haar ist gescheitelt, die Bärte schematisch gelockt. Charakteristisch ist die kerbschnittartige Vertiefung an der Nasenwurzel und der seitlich der Nase ansetzende Schnurrbart. Auch die Form des Blattwerks, die doppelt zusammengelegten Blätter mit den runden Zacken, den kantigen Rippen, muß von einer andern Bauschule her angeregt worden sein.

 

Zu den Bauteilen aus Münchsmünster gehören noch zwei Konsolen oder Wandpfeilerkapitelle, die mit Pflanzen und überhängenden großen Blattzacken dekoriert sind. Dieselben Blattzacken kehren an zwei gleichen, mit vier verschlungenen Drachen geschmückten Basen wieder.

 

d) Einzelne Werke romanischer Plastik in Regensburg.

 

Von einzelnen Figuren wären noch ein Greif zu erwähnen, der - unbekannt woher - in das Ulrichsmuseum zu Regensburg gelangt ist. 1) Seine Form ist herzuleiten von den Greifen an St. Zeno in Verona, 2) mit denen die Haltung und die Bildung im einzelnen, die Augen, der Schnabel übereinstimmen.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Verona-Santa-Maria-Matricolare-Greifen-IMG-8067.jpg

 

An einem Pfeiler in St. Emmerum ist ein männlicher Kopf eingemauert. 3) Er gleicht den Köpfen des Schottenportals in der Scheitelung der Haare, der Bildung der Stirn und Augen

 

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1) Wagner: Abb. 32.

2) Abb. bei Mohrmann und Eichwede: Germanische Frühkunst.

3) Provenienz unbekannt.

 

 

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und ist unterschieden nur durch seinen langen, wie im Wind zur Seite gewehten Bart.

 

Aus dem Schutt über den Gewölben von St. Emmeran stammen einige Tonfliesen, die nach Graf Walderdorffs Meinung einen Fries an der Außenmauer gebildet haben. 1) Mit Flechtwerk, mit wappenartig angeordneten Tieren, mit einem Greifen mit erhobener Klaue, mit Ranken und Blattwerk geschmückt, zeigen sie wohl Zusammenhänge mit St. Jakob, weisen aber noch deutlicher als dieses auf den oberitalienischen Kunstkreis, auf die Seengegend und Mailand hin.

 

 

Anhang: Bauwerke ohne Beziehung zu Regensburg.

 

a) Im Donautal: Gögging.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Bad-Goegging-St-Andreas-Portal-IMG-2213.jpg

 

Die Kirche in Gögging 2) wird von Wagner ausdrücklich als Schulwerk der Schottenmönche hingestellt. Doch der Portalgrundriß, die Profilierung des Kämpfers und die Anordnung der Plastik am Portal, alles ist anders als in Regensburg. 3) Das Portal hat nur einen Rücksprung und ist säulenlos. Der Kämpfer, aus hoher Platte, Wulst und Kehle bestehend, ist seitlich über den Entlastungsbogen fortgeführt. Das Bogenfeld ruht auf vorkragenden Steinen des Türpfostens auf, die an den Seitenflächen ornamentiert sind. Im Bogenfeld ist Christus thronend dargestellt, ihm zu seiten ein knieender und ein das Rauchfaß schwingender Engel. 4) Der vordere Portalpfosten ist beiderseits mit fünf Reliefplatten in verschiedener Breite und Höhe geschmückt. Zu unterst auf der Basis sind ruhende Löwen in Hochrelief angebracht. Darüber sind in den ersten Mauerstein jeder Seite Figuren hineingeschnitten. Über den Löwen folgt eine Aspis und eine Sirene. Es findet sich eine Kreuzigung darunter. Einmal ist ein sitzender König dargestellt,

 

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1) Graf Walderdorff: Tonreliefe aus der Stiftskirche zu St. Emmeram (Vhdlg. d. Vereins f. Oberpfalz und Regensburg Bd. 34.)

2) Gögging liegt unweit Eining a. d. Donau.

3) Die Kirche ist sonst schmucklos.

4) Das Rauchfaß ist nicht mehr vorhanden.

 

 

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vor dem zwei Juden stehen: vielleicht die Ankläger Christi vor Herodes oder Pilatus. Auch neben und über der Archivolte sind Reliefplatten eingelassen. Auf der einen ist der auferstandene Christus, auf einer zweiten eine weibliche Gestalt mit einem Räucherfaß oder Salbgefäß dargestellt, über dem Portal ein bogenschießender Kentaur. Die Darstellung biblischer Szenen kommt nur dieses eine Mal in der Donaugegend vor. Der Faltenstil ist von der Regensburger Schule verschieden; bei der Verwaschenheit der Formen läßt sich ein Vergleich Zug um Zug nicht führen. Die Umrahmung der Tür mit Reliefplatten, sonst in Südbayern nicht nachzuweisen, mag auf Tiroler Zusammenhänge deuten. Dort findet sie sich, unter italienischem Einfluß, an kleineren Portalen in Schloß Tirol und an der Zenoburg.

 

b) In Regensburg: St. Emmeram und Niedermünster.

 

Die Vorhalle von St. Emmeram und die romanischen Bauteile von Niedermünster sind unabhängig von der Schottenkirche entstanden.

 

St. Emmeram hat Beziehungen zu Schwaben. Darauf deutet der Schachbrettfries an einem der Kämpfer und die Form des Kapitells der Mittelsäulen, die, wie Meier nachweist 1) am Maulbronner Portal ähnlich vorkommt. Der niedrige Pfühl und die nur durch Ritzung abgetrennte Deckplatte sind gleich, und die vielgliedrigeren Kämpfer haben ähnliche Profilierung.

 

Das Hauptportal von Niedermünster besitzt zwei mit Säulen ausgesetzte Rücksprünge. In der Archivolte entsprechen Rundstäbe den Säulen. Diese nehmen mehr als ein Viertel der Rücksprünge ein, so daß der Kämpfer sich über Säulen und Pfosten unregelmäßig verkröpft. Kapitelle haben allein die Säulen. Sie trennt eine ausgearbeitete Deckplatte von dem in Form der umgekehrten attischen Basis profilierten Kämpfer. Auf dem giebelförmigen Sturz ruht ein Entlastungsbogen auf. Die Kapitelle sind mit Akanthuslaub in zwei oder drei Reihen übereinander besetzt. Zwischen dem Laub ist am inneren

 

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1) B. Meier, Seite 23.

 

 

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Kapitell der rechten Seite eine Figur angebracht, von der nur Kopf und Schultern sichtbar werden. Vielleicht ist dieses Kapitell von S. Zeno in Verona herzuleiten. Dort, an der Südvorhalle‚ befindet sich ein mit Akanthuslaub geschmücktes Kapitell, an dessen Ecken zwischen dem Blattwerk Halbfiguren hervorschauen.

 

Das Westportal von Niedermünster geht der Schottenkirche voraus. Das Nebenportal muß sehr viel später entstanden sein. In den einzigen Rücksprung ist eine Säule eingestellt, der ein Rundstab in der Archivolte entspricht. Das Kapitell des rechten Pfostens ist eine schematische Nachbildung der Kapitelle vom Westportal, das der Säule daneben ist ein Kompositkapitell. Mit dem zusammenhängenden Blattkranz, aus dem die Voluten aufsteigen, mit der gekerbten Deckplatte, in deren Mitte ein quadratisches Plättchen stehen bleibt, erinnert es, wie auch Wagner betont, an normannische Kapitelle. 1) -

Die beiden linken Kapitelle sind mit nur einem Kranz von nach oben eingerollten Blättern ornamentiert.

 

 

C. St. Peter in Straubing.

 

Straubing gehörte vermutlich schon im XI. Jahrhundert zur Augsburger Diöcese. Mitte des XII. Jahrhunderts sind Augsburger Domherren Pröpste von St. Peter. Daher ist die Übereinstimmung von St. Peter mit St. Michael in Altenstadt im Augsburger Sprengel erklärlich. Merkwürdig ist der geringe Einfluß, den Straubing auf die Kirchen gleicher Gegend ausübte. Einzig ein Portal an der Spitalkirche in Straubing gehört noch dem gleichen Schulkreis an. In Windberg, in Straubings nächster Nähe, vereinen sich bereits mit den Einflüssen von St. Peter die Formen der wirksameren Schottenschule.

 

St. Peter ist ein Pfeilerbau ohne Querschiff. Die Kirche schließt nach Osten mit drei gleichfluchtenden Apsiden. Die

 

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1) Vgl. die Kapitelle an der Empore von St. Etienne in Caen.

 

 

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beiden letzten Arkadenbögen im Westen sind schon spitz. Im XIX. Jahrhundert schlug man die barocken Gesimse der Pfeiler ab und gab ihnen neue ornamentierte Deckplatten.

 

Die Ornamentik beschränkt sich auf den Bogenfries an den Apsiden und auf die Portale. Das bedeutendere im Westen besteht aus zwei mit Säulen ausgesetzten Rücksprüngen. Den Säulen entsprechen Rundstäbe in der Archivolte. Die Säulenschäfte sind nicht ornamentiert, doch die Säulenarchivolten und die Pfostenarchivolten werden dicht von Blattwerk überzogen. Die Kapitellzone ist bis auf die Westfassade der Kirche hinübergeführt und bricht dort plötzlich ab. Der Kämpfer ist höher als die Kapitelle und reicht an der Westwand um Kapitellsbreite über sie hinaus. Da die Säulen mehr als ein Viertel der Rücksprünge einnehmen, so sind die Seitenlängen des Kämpfers über den Pfosten kleiner als über den Säulen. Im Bogenfeld, das auf dem Türsturz aufruht, ist, wie eben erwähnt, ein Gewappneter dargestellt; er zückt das Schwert gegen einen Drachen, der im Begriff ist, einen Menschen zu verschlingen. Den Grund des Reliefs überzieht Rankenwerk. Den bogenförmigen Abschluß begleitet ein Palmetten-Lotosfries. Ein Ornament aus sich überkreuzenden Bändern, die um Palmetten herumgeführt sind, zieht sich über die Kämpfer hinweg und bedeckt, nur nach der Blattzahl verändert, auch den Türsturz. Die Ornamente der Archivolte sind ein Palmettenfries, ein Kreisornament, dem Palmetten einbeschrieben sind, und eine Wellenranke mit sichelförmigen Blättern. Die Ornamente beider Rundstäbe stimmen überein. Meist sind gleiche oder zusammenhängende Bauglieder mit gleichem Ornament geschmückt. Die Ornamentik der Kapitelle schmiegt sich zumeist der Grundform an, so daß kubische und sphärische Teile deutlich voneinander geschieden bleiben. Die Kapitellzone ist links völlig einheitlich. Zwischen das Blattwerk ist an den Schild der Kapitelle eine Rosette gesetzt. An der rechten Seite sind die beiden Säulen durch andersartige Kapitelle herausgehoben. Das eine ist mit zwei Figuren - zwei an der Kapitellecke zusammentreffenden Tiere mit voneinander abgewandten

 

 

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Köpfen und herausgestreckten Zungen – geschmückt. Das andere ist ein Kompositkapitell.

 

Die Südpforte ist sichtlich später entstanden als das Hauptportal. Die Säulen treten stärker hervor; die Bedeutung der Pfostenarchivolte tritt zurück gegenüber dem Rundstab der Säulenarchivolte.

Das Ornament, in den Elementen das gleiche wie im Westen, ist vergröbert, doch auch plastischer herausgearbeitet. Der Zusammenhang zwischen den Portalen erweist aber, daß es sich um eine große Zeitdifferenz nicht handeln kann. Die Südpforte hat nur einen Rücksprung mit eingestellten Säulen. Diese sind spiral von einem Band umwunden, 1) während der Rundstab in der Archivolte von einem Tau umwickelt ist. Der äußere Pfosten ist mit einer Kehle abgefast, die von zwei Rundstäben begleitet wird. Diese bleiben von der Basis bis zum Halsring parallel. Die Pfostenarchivolte ist entsprechend gegliedert. Nur fehlt der innere Stab. Basis und Halsring schmiegen sich der Bewegung des Gewändes an. Das Bogenfeld zeigt eine figürliche Darstellung: den Kampf zwischen einem Löwen und einem Drachen. Der mittlere Teil war abgeschlagen und ist erst im Jahr 1886 wieder ergänzt werden. - Das Bogenfeld ist von Blattwerk umrahmt. Den bogenförmigen Abschluß begleitet wie am Hauptportal eine Palmetten-Lotosranke. Den unteren Abschluß bildet eine Wellenranke. Der Palmettenfries des Türsturzes mit seinen bogenförmigen Verbindungen stammt von der Rahmung der Archivolte am Hauptportal. Kämpfer und Kapitelle reichen auch hier bis auf die Außenwand hinüber, wo sie jedoch in gleicher Linie abschneiden. Jederseits sind Kämpfer und Kapitelle fortlaufend dekoriert. Die Kompositkapitelle rechts sind von doppeltem Blattkranz umgeben; ihre Voluten sind mit Bohrlöchern besetzt. Links ist der obere Blattkranz ausgefallen. Zwischen Voluten und Blättern blieben an den Ecken verbindende Stäbchen stehen. Den Kämpfer schmücken rechts eine Wellenranke,

 

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1) Genau gleich der rechten Säule ist ein vertikal verlaufender Stab an den Chorschranken von St. Jakob kanneliert.

 

 

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links ovale Schlingen, welche Trauben und Blattwerk umrahmen.

 

Die Längswände und die Apsis sind mit einem einfachen, auf Konsolen aufruhenden Bogenfries geschmückt. Die Konsolen sind teils nur profiliert, teils werden sie von Fratzen oder Blättern gebildet. Über dem Konsolenfries folgt ein Zahnschnittfries, darüber, an der Hauptapsis, noch ein Blattfries aus je drei fächerförmig zusammengenommenen Blättern.

 

Es ist schon darauf hingewiesen werden, daß lombardische Bauleute an dem Bau von St. Peter beteiligt waren. Der flache Kerbschnitt der Dekoration, das Umkleiden des Steins mit Ornament, weist darauf hin. Die Verbindung von Flechtornamenten mit Blattwerk erinnert an lombardische Bauornamente. Ein genaues Vorbild für Straubing, einen Bau, an dem der dortige Baumeister unzweifelhaft studiert hat, kann ich nicht aufweisen. Manche Einzelheiten finden sich an S. Ambrogio: Das Vorkommen der wappenartig gruppierten Tiere an der rechten Gewändeseite deutet auf S. Ambrogio und seinen Schulkreis. Der Palmetten-Lotosfries, der in Straubing die Tympana umzieht, ist in dieser Form in Mailand an der Archivolte des Hauptportals, in Parma am linken Nebenportal zu finden. Kompositkapitelle, an denen Blattkranz und Voluten, völlig von einander abgesetzt, der eine die untere, die anderen die obere Kapitellzone einnehmen, kommen ähnlich in Mailand und an der Zwerggalerie des Domes von Parma vor. Auch in Mailand gibt es Blätter, die wie Zähne einer Säge ausgeschnitten, sich Spitze gegen Spitze gewendet gegenüberstehen, 1) wie am Kämpfer des Hauptportals; auch dort die halbmondförmig zum Stengel zurückgebogenen Blätter, wie in Straubing an Kämpfer und Sturz. 2) Von den Kapitellen im Mailänder Paradies sind einige mit Blattwerk übersponnen. Doch die Pflanzen sind zentral orientiert: die Stengel, aus denen sich die Blätter entwickeln, haben einen gemeinsamen Ausgangspunkt, entsenden neue Zweige, die

 

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1) An einer Säule auf der Empore.

2) In S. Ambrigio an Kapitellen im Paradies.

 

 

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wieder in Blättern enden. Ranken und Blattwerk sind organisch verbunden. In Straubing ist Bandwerk und und Pflanzenornament getrennt; jenes bildet die Rahmung, dieses die Füllung. In S. Ambrogio legt sich das Ornament lose über den Steinkern. In Straubing ist alles dicht mit Blattwerk überzogen: Die „negativen Formen“ sprechen für das Auge nicht mit. Zudem fehlen die in Mailand, Pavia und Parma stets wiederkehrenden sich überkreuzenden Blätter.

 

CI. Die abhängigen Bauten.

 

a) Das Portal der Spitalkirche in Straubing.

 

Unter dem Einfluß der Peterskirche entstand in Straubing ein kleines Portal an der Spitalkirche. Ein giebelförmiger Sturz ist erhalten und Teile der Türpfosten. Alles ist überzogen mit flachem Blattwerk, das teils noch aus Palmetten besteht, teils schon naturalistischen Charakter trägt und an Eichenlaub und Kleeblatt erinnert.

 

b) St. Michael in Altenstadt.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Altenstadt-St-Michael-IMG-2221.jpg

 

Die Kirche in Altenstadt ist ein dreischiffiger Pfeilerbau ohne Querschiff. Der Chor schließt in drei gleichfluchtenden Apsiden. Die Türme stehen über dem östlichsten Joch der Nebenschiffe. Wie in Prüfening und in St. Jakob führten Öffnungen vom Hauptchor in die Nebenchöre. Die Kirche ist mit gratigen Kreuzgewölben gedeckt, die im Mittelschiff zwischen Gurten eingespannt sind. Rundbogige und angespitzte Arkadenbögen wechseln, ohne anderen Grund als den des Höhenausgleichs über verschieden weiten Pfeilerabmessungen. Vierpaßförmige Pfeiler tragen die Gurten und Scheidbögen. 1) Die dem Mittelschiff zugekehrten Halbsäulen sind ohne Unterbrechung bis zum Ansatz der Gurtbögen hinaufgeführt. Um die Halbsäulen, die den Arkaden und dem Nebenschiff zugekehrt sind,

 

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1) Pfeiler aus vier Halbsäulen zusammengesetzt tragen eine offene Halle in S. Stefano in Bologna.

 

 

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verkröpfen sich die Kapitelle und Kämpfer. - Die Fassade ist durch Lisenen gegliedert, die durch einen ansteigenden Bogenfries verbunden sind. Die Gliederung erinnert sehr an italienische Vorbilder. Der Bogenfries, der, von deutschem Band begleitet, auch die Apsiden umzieht, ist einfach abgetreppt.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Altenstadt-St-Michael-Bogenfries-der-Apsiden-IMG-2200.jpg

 

Wie in Como ist der Schenkel der oberen Abtreppung über die untere hinweggezogen. 1) Am Mittelschiff sind seine Schenkel von ungleicher Länge.

 

Die Kirche hat ein Hauptportal im Westen und ein kleines Nebenportal an der Nordseite.

 

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Das Hauptportal steht zu beiden Straubinger Portalen in Beziehung. Die Zahl der Rücksprünge ist die gleiche wie an dem Westportal in Straubing: doch die Säulenarchivolten sind spiral kanneliert wie am Südportal und treten wie diese frei vor das Gewände. Noch sind sie stärker betont als die Pfosten. Vor die Kirchenwand ist auf besonderem Sockel eine Säule frei vorgestellt, die einen mit Platte, Rundstab und Kehle profilierten Blendbogen trägt. Der äußere Pfosten und die ihm zugeordnete Archivolte sind, so wie die Pfostenarchivolte am Straubinger Nebenportal, mit Rundstab und Kehle abgefast.

 

Es ist das Altenstädter Portal vermöge seines Grund- und Aufrisses als Zwischenglied in der Entwicklung von Straubing zu St. Jakob anzusehen. Die frei eingestellten Säulen, die Entsprechung zwischen Säule und Säulenarchivolte, zwischen Pfosten und Pfostenarchivolte, die Abfasung der Kanten mit Kehle und Stab sind Vorboten des bayerischen Portalschemas. Noch fehlt die gleiche Bewertung von Säulen und Pfosten. - Der auf Säulen aufliegende Blendbogen tritt in der Schottenschule in Isen wieder auf.

 

Die Kapitelle am Altenstädter Portal haben Kelchblockform. Den Kelch bilden, gerade wie am Straubinger Hauptportal, steil aufgerichtete Akanthusblätter. Nebeneinander gereihte Palmetten schmücken links die obere Zone. Rechts treten an ihre Stelle mehrfach lange gekerbte Voluten, die bandartig dem

 

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1) Monatshefte für Kunstwissenschaft. S. 307. Abb. 18.

 

 

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Stein aufliegen. Die Kapitelle der freistehenden Säulen sind erneut. - Die Ranke mit sichelförmigen Blättern, die das Tympanon umzieht, ist vom Straubinger Westportal abgesehen. Der Fries aus Flechtband und Blättern, der sich über Kämpfer und Türsturz gleichmäßig fortsetzt, findet sich in Straubing an gleicher Stelle. Die Darstellung im Tympanon ist nach Art und Anordnung der Figuren die gleiche wie in Straubing. Ein Drache, aus dessen weit aufgesperrtem Maul der Oberkörper eines Mannes hervorragt, wird von einem mit Helm, Schild und Schwert bewehrten Ritter bedroht.

 

Auch an der Nebenpforte sind Straubinger Dekorationsformen verwendet. Sie ist zweifach abgetreppt. Nach den beiden Rundstäben zu schließen, sind beide Rücksprünge mit Säulen ausgesetzt. 1) Ein um die äußere Pfostenarchivolte herumgeführter Ornamentstreifen besteht aus einem Palmettenfries mit bogenförmig geschlungenen Stengeln, ähnlich dem Dekor des äußersten Bogens am Straubinger Westportal. Der Blattfries, der das nicht skulpierte Tympanon umzieht, findet sich in Straubing an beiden Portalen an gleicher Stelle. Die Kapitelle in Kelchblockform, mit doppeltem Blattkranz besetzt, gleichen denen am Hauptportal. Am Kämpfer kehren die sichelförmig gebogenen Blätter wieder.

 

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Die dichte Überkleidung der Architektur mit Ornament an den Portalen und den Kapitellen im Kircheninnern und die Steintechnik weisen darauf, daß gleiche Steinmetzen in Altenstadt und Straubing tätig waren. - An den Kapitellen im Innern sind die Einzelformen meist vom Hauptportal oder von Straubing direkt übernommen und in großen Maßstab übertragen. Daher wirken sie steif und leblos. Große, radial gekerbte Blätter decken wie am Hauptportal den kelchförmigen Teil des Kapitells; der würfelförmige obere Teil ist an einigen Kapitellen wie dort mit starr aufgerichteten Palmetten geschmückt; bei anderen finden sich an gleicher Stelle die flachen längs gekerbten

 

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1) Nur eine Säule ist jetzt sichtbar. Den hinteren Teil des Portals verdeckt ein Holzvorbau.

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Voluten, die rechts am Portal vorkommen. An einem Pfeiler umzieht die obere Kapitellzone ein Palmetten-Lotosfries, welcher der Bogenfeldrahmung am Nebenportal gleicht. Das Motiv einer Rosette zwischen verwehten Blättern ist vom linken äußersten Kapitell des Straubinger Hauptportals übernommen, Kompositkapitelle kommen vor, bei denen die Voluten radial geriefelt sind; bei anderen lösen sich die Volutenäste in einzelne parallel gestellte Blättchen auf. Beide Formen findet man in Parma in der Krypta; die zweite auch außen am Chor. Ähnlicher noch ist ein mit großen Akanthusblättern geschmücktes Kompositkapitell an S. Simpliciano in Mailand, bei dem auch zwischen beiden Volutenästen eine Rosette sitzt. 1) - An den Kapitellen der Halbsäulen im Mittelschiff finden sich die wappenartig angeordneten Tiere wieder, wie sie für die Schule der Lombardei charakteristisch sind. Andere Kapitelle sind an den Ecken mit sehr roh gearbeiteten Köpfen geschmückt. Die Kapitellmitte füllt Blattwerk. - Die Kämpferprofile bestehen aus Platte, Wulst und Kehle, oder nur aus Platte und Wulst. Die letztere Gliederung, die in der Regensburger Schule fast durchgängig vorkommt, mag durch Altenstadt dorthin vermittelt worden sein.

 

 

c) Aiterhofen

 

Zu derselben Schule könnte die kleine Dorfkirche von Aiterhofen bei Straubing gehören. Die Stützen sind Pfeiler, deren Profil aus Platte, Wulst, Absatz, Kehle, Absatz, Wulst, besteht. Über ihnen steigen, wie in Altenstadt, Halbsäulen auf, die die Gurtbögen tragen. Ihre Kapitelle sind sehr hoch; sie sind mit großen Blättern bestetzt, oder mit halbkreisförmigen Schilden dekoriert, in denen Blätter oder Blüten sitzen. Daß die Ornamentik zuletzt auf Altenstadt zurückgeht, ist möglich; sie ist so spärlich und so schlecht, daß es schwer fällt, sie einzuordnen. Die Apsis ist reich ornamentiert. Unter dem Gesims folgt ein Schachbrettfries, der von einem mit Rosetten ausgesetzten Rundbogenfries durch deutsches Band getrennt ist. Das

 

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1) Abb. in: C. Rommussi. Milano nei suoi monumenti. Bd. I. S. 176

 

 

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Schachbrettmuster und die Ornamentierung der Rundbogen deuten darauf hin, daß auch hier Beziehungen zu Schwaben vorhanden sind.

 

d) Windberg.

 

In der Kirche des Prämonstratenserklosters zu Windberg treffen Einflüsse des nahen Straubing mit denen der Schottenkirche zusammen. Die Kirche hat gebundenen Grundriß. Sie ist dreischiffig und mit einem Querschiff versehen, hinter dem die Seitenschiffe sich als Nebenchöre fortsetzen. Die Nebenchöre bestehen aus zwei Jochen und sind gewölbt. Sie haben gleiche Länge wie der Hauptchor und schließen wie dieser mit Apsiden. Über dem letzten Joch der Nebenschiffe waren Türme geplant. Der Grundriß ist, wie Semmet konstatiert, sichtlich von Hirsau übernommen. 1)

 

Im XVIII. Jahrhundert ist die Kirche völlig umgebaut, die Pfeiler mit Stuck überkleidet worden. Es blieb das Westportal und eine Pforte an der Nordseite bestehen. Ich beginne bei letzterer, da ihre Formen die Zusammenhänge besser erkennen lassen. - Sie hat nur einen mit einer Vollsäule ausgesetzten Rücksprung. Die Säulenschäfte sind unornamentiert. Ihnen entspricht ein glatter Rundstab in der Archivolte. Die Pfostenarchivolte ist abgefast, die entstandene Kehlung mit radial gekerbten Schellen ausgesetzt. Der äußerste Pfosten ist mit einer Schiffskehle abgefast, deren Stäbe nur nach unten konvergieren. An der rechten Seite bilden oben Blätter die Verbindung zwischen den Stäben. Von den Pfostenkapitellen herkommend‚ neigen sie sich über die Abfasung hinweg einander zu. Links sind an der gleichen Stelle zwei symmetrische Vögel angebracht; ihre Stellung mit den nach rückwärts gedrehten Köpfen erinnert an die Drachen am Straubinger Hauptportal. Kapitelle und Kämpfer sind, über den äußersten Bogen der Archivolte hinaus, auf die Kirchenwand hinübergezogen. Der Kämpfer ist wie in Straubing, höher als das Kapitell. Dem

 

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1) Pläne und Bauanalysen bei: V. Semmet u. F. Ebner (Niederbayrische Monatsschrift, 1912 u. 1915.)

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gedrehten Halsring der Säulen entspricht ein Tauornament, das die Kapitelle von dem Kämpfer trennt. Die Säulen haben Kompositkapitelle. Von den Voluten ausgehend führen Stäbchen über das obere Strickornament fort nach der Deckplatte. Diese Stäbchen, die am Straubinger Nebenportal den Zweck haben, die Voluten vor dem Abbrechen zu schützen, sind hier ganz mißverstanden über sie gerückt. - Wie man es in der Regensburger Bauschule gewöhnt war, springt in der Kapitellzone die Ornamentik an jedem Gliede um. Nur die Kämpferdekoration ist durchlaufend. Sie besteht aus einer Doppelpalmette, zwischen die Rosetten gesetzt sind. 1) Ein bogenförmig geschnittener Stein an der Laibungsseite, mit Blattwerk ornamentiert, trägt den Türsturz. Dieser ist mit Flechtwerk - vier Ovalschlingen von Kreisen durchschossen - besetzt: ein weiterer Hinweis auf Zusammenhänge mit Regensburg. Das Tympanon begrenzt nach unten zu ein zweiteiliges Flechtband. Ein Löwe ist dargestellt, gegen den ein Mann das Schwert zieht. Das Thema erinnert an die Darstellung in Straubing; doch der Ritter ist nicht gewappnet. Sein Haar ist wie das der Regensburger Figuren in einen langen Zopf geflochten. - Wie in Straubing ist auch hier der Grund des Bogenfeldes mit Ranken überzogen.

 

Das Hauptportal ist reicher ausgestaltet, aber roher in den Formen. Es folgt dem bayerischen Grundrißschema. Die zweifache Abtreppung ist mit Säulen ausgesetzt, deren vordere, ähnlich den inneren Säulen des Altenstädter Hauptportals, spiral kanneliert sind. Beide Säulenarchivolten sind einfache Rundstäbe. Der äußerste Pfosten ist mit einer Schiffskehle abgefast, die sich auch in der Archivolte fortsetzt. Der innere Pfosten ist rechtwinkelig gemauert; die ihm entsprechende Archivolte ist abgefast, und die Kehlung mit Schellen ausgesetzt. Vor die Kirchenfront sind wie in Altenstädt große Säulen gesetzt, die einen Blendbogen tragen, der auch hier mit Platte, Wulst und Kehle profiliert ist. Jeder Baustein ist innerhalb

 

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1) Doppelpalmetten als Verzierung des Kämpfers finden sich am rechten Nebenportal in Parma, auch dort als Eckornament.

 

 

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der Kehlung mit einem Kopf oder einer Rosette verziert. - Über den Kämpfer und Türsturz zieht sich eine Wellenranke‚ die, der Ranke am Tympanon des Schottenportals gleich, durch Querbänder zusammengehalten wird. - Die Symmetrie der Seiten ist nur allgemein gewahrt: Die Kapitelle der Frontsäulen haben gleiche steife Blätter, die von melonenförmig gerippten Deckblättern gehalten werden. Die Ecken sind mit Köpfen, die freien Flächen über den Blättern mit Rosetten besetzt. An den äußersten Pfosten sind an den Schiffskehlen, ähnlich wie am Nebenportal, Vögel angebracht. Dann folgen rechts ein Mann und eine Frau, die sich umfangen halten. Die Darstellung ist wohl abzuleiten von den sich umschlingenden Fabelwesen an der Regensburger Fassade. Den folgenden Pfosten schmücken zwei Löwen, deren gemeinsamer Kopf die Ecke bildet. Auch diese Darstellung ist von Italien her durch Regensburg vermittelt. An der linken Seite wiederholt sich noch einmal das Kapitell mit dem doppelten Blattkranz und dem Kopf und den Rosetten darüber. Den inneren Pfosten schmücken paarweise geordnete Voluten; zwischen das obere Volutenpaar ist ein Kopf gesetzt. Das innerste Säulenpaar hat mit Blattwerk geschmückte Würfelkapitelle. An den Gewändesäulen fehlt wie in Regensburg der Halsring. Regensburger Einfluß zeigt sich auch in der Technik, die weit entfernt ist von dem flachen präzisen Steinschnitt in Straubing.

 

Das figürlich geschmückte Bogenfeld zeigt Maria mit dem Kinde thronend; sie hält mit der Rechten den Granatapfel; das Kind segnet. Zur Rechten der Maria kniet betend der Stifter, links befindet sich eine frontal gewendete weibliche Heilige, mit anbetend erhobenen Händen. Die Gewänder stehen steif, mit nur wenigen Falten, um die Figuren. Vielleicht ist hier der Einfluß von Regensburg wirksam gewesen. Die Staufalten an den Ärmeln, der in zwei Enden herabhängende Gürtel der weiblichen Heiligen, könnten darauf hinweisen. Auch die Gesichter, die flache Mundpartie, das stark ausgeprägte Kinn zeigen, wie die Köpfe an den Basen, Übereinstimmungen mit den Regensburger Figuren.

 

 

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D. Der Kreuzgang der Schottenkirche.

 

Die Besprechung des Kreuzganges der Schottenkirche ist bis hierher verschoben werden. Denn er ist in seinen Formen von der Kirche offensichtlich verschieden. Ein jüngerer Meister mit lebendigerem Formensinn muß ihn geschaffen haben, kurz nach Vollendung der Kirche. Seine Schulung hat er wohl auswärts, vielleicht in Nordfrankreich, erhalten. Doch blieb er von den Formen des schon bestehenden Baues nicht unbeeinflußt. Eine große Anzahl von Motiven der vorhergehenden Meister werden wieder verwandt. Aber es fehlen alle tierischen Elemente, alle Greifen, Sirenen und Drachen. Das Flechtwerk tritt zurück gegenüber der pflanzlichen Ornamentik.

 

Von dem Kreuzgang stehen nur die Portale und die Brunnenkapelle. Von den Fenstersäulen und -bogen wurden bei einem Umbau Teile wiedergefunden, die in einer Mauer verbaut waren. 1) Die Säulchen sind heute teils zu Chorschranken und Altarstützen in der Schottenkirche verwandt, teils schmücken sie die Fassaden der Erhardikapelle, der Leonhardskirche. Einige Kapitelle verwahrt das Ulrichsmuseum und das Münchener Nationalmuseum. Kapellers Zeichnung zeigt, daß die Arkaden des Kreuzganges auf paarweise angeordneten Säulchen ruhten. Diese hatten getrennte Basen; nicht alle Säulenpaare hatten auch getrennte Kämpfer. Die dem Hof zugekehrten Bogen waren ornamentiert. Die Formen sind die des Übergangsstils. Die Kapitelle haben Block-, Kelchblock- oder reine Kelchform. Die Basen sind noch nicht tellerförmig.

 

Mit dem Südportal ist angefangen worden. Es trat an die Stelle eines älteren Portals, dessen einziger Rücksprung mit einer Säule ausgesetzt war. Aus dem Gewändepfosten ist eine Halbsäule herausgearbeitet, deren gedrücktes Würfelkapitell noch an das Portal der Alten Kapelle, oder das Portal im nordöstlichen Joch des Kreuzganges von St. Emmeran erinnert. Beim Umbau behielt man diesen Pfosten bei, und Sockel und

 

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1) A. Kapeller: Neu aufgefundene architektonische Fragmente vom Schottenkloster zu St. Jakob (Allgemeine Bauzeitung 1848.)

 

 

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Basis der Säule im Rücksprung. Den Säulenschaft treppte man über der Basis mittels einer Kehle ab und verjüngte ihn, so daß eine schlanke zierliche Säule, wie der alte Stil sie nie verwendet, auf eine große ungefüge Basis zu stehen kommt. Ein doppelter Halsring aus Kehle und Wulst trennt Säulenstamm und Kapitell. Über Pfosten, Säule und Portalrahmen verkröpft sich der Kämpfer, der mit Platte, spitzem Stab, Wulst und Rundstab profiliert ist. Pfosten- und Säulenarchivolte bestehen aus je einem ornamentierten Rundstab. Den Abschluß der Archivolte bildet ein bogenförmig gefüllter Streifen, mit radial gekerbten Schellen - „aufgesteckten Rosen“ besetzt. 1)

Die Pfostenarchivolte schmücken zwei parallel verlaufende gleichmäßig gebrochene Stäbe, die mit drei gleichlaufenden Kehlen wechseln. Die Säulenarchivolte ist besetzt mit zwei gegeneinander gesetzten Stäben, die ein fortlaufendes Rautenmuster bilden. Auch ihnen folgen, der Bewegung sich anschmiegend, flache Kehlen. Die freibleibenden dreieckigen Felder füllt eine dreiblättrige Sternblume.

 

Die Archivolte gibt Aufschluß über den Einfluß, den der wohl heimische Meister in sich aufnahm. Wie Hager zuerst betont, ist ihre Ornamentik zweifellos normannischen Stils. 2)

Wagner bildet neben der Archivolte in Regensburg die fast identische von St. Loup in Bayeux ab.

 

Der Kämpfer ist rechts über Pfosten und Säule mit Flechtwerk geschmückt, in etwas komplizierteren Formen als an den früheren Bauteilen. Am Türrahmen besteht sein Dekor aus Mäander. Mäandermuster kommen innerhalb des normannischen Kunstkreises am häufigsten in Schottland vor; dort ließ sich auf frühchristlichen Monumenten eine ganz ähnliche Linienführung nachweisen. 3) - Den linken Kämpfer umzieht eine Ranke mit flachem Stengel.

 

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1) Eigentlich ein burgundisches Motiv; es findet sich auch an der Gnadenpforte zu Bamberg.

2) Hager bezog den normannischen Einfluß schon auf die Kirche.

3) Romilly Allen and Scott: Early Christian Monuments of Scotland. Nr. 831 B. u. C. und 2788.

 

 

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Die beiden Kompositkapitelle sind durch ihr fein geschwungenes Profil, ihr zartgefiedertes, nur wenig eingetieftes Blattwerk völlig unterschieden von denen, die italienisch geschulte Meister der vorangehenden Bauperiode hervorgebracht haben. An dem Kapitell rechts sind die Blattspitzen abgeschnürt und muschelförmig gebogen. Das Motiv findet sich in Ste. Trinité in Caen auf der Empore, aber auch in der Pfalz von Gelnhausen, in Schloß Münzenberg, in der Krypta in Jerichow. Direkt oder indirekt ist es normannischer Herkunft. Normannisch sind die Köpfe im Zwickel zwischen den Voluten, normannisch die profilierten Deckplatten mit dem hervortretenden quadratischen Feld in der Mitte der Seitenflächen. Beide Charakteristika vereint ein Kapitell der Empore von St. Etienne in Caen. 1) - Das Kapitell der linken Seite hat gleiche Deckplatte und Voluten, ist sonst nur mit zwei Blattkränzen geschmückt. An ihm zeigt sich die Anknüpfung an die Tradition in den melonenartig gerippten „Überfangblättern“, die das feine ihnen aufliegende Blattwerk zu umrahmen und zu halten scheinen.

 

Die Vorbilder für die Kreuzgangskapitelle werden sich zum Teil in Frankreich aufweisen lassen. Doch vielleicht hat der Zustrom aus der Normandie einen Umweg über den Mittelrhein genommen; denn in Gelnhausen und Worms finden sich deutliche Übereinstimmungen mit Regensburg.

 

Anf französischen Einfluß deuten die Faltenkapitelle, die genau so, mit kreisförmigen Durchschnittsflächen der Falten, in Ste. Trinité in Caen vorkommen. Die perlenbesetzten Bänder, wie sie den Schaft der Säule, auf der heut die „Schöne Maria von Regensburg“ steht, umziehen, sind in der Normandie häufig. Normannisch sind auch die sich überkreuzenden Rundbogen: Auf den Kopf gestellt ist dieses Ornament an dem Kämpfer einer der Kreuzgangssäulen verwendet.

 

Die Beziehungen zum Mittelrhein ergeben sich aus dem Vergleich einer jetzt im Hauptchor stehenden Säule mit einer

 

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1) Abb. bei G. T. Rivoira: Le Origini della Architettura Lombarda. II. S. 146.

 

 

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Säule der Pfalz in Gelnhausen. In der Mitte der Kapitellfläche unten ist ein diamantierter Blattstengel ringförmig verschlungen; die ihm entsprießenden Blattwedel sind oben herzförmig zusammengeführt und entsenden eine Palmette, die den herzförmigen Zwischenraum füllt. Akanthuslaub schmückt die Ecken des Kapitellkelches; ihm entwachsen ebenfalls Blattwedel, die durch den Blattring in der Mitte gezogen, nach den oberen Kapitellecken aufsteigen; von dort führen Halbpalmetten, der Deckplatte folgend, nach der Mitte zurück. In der Gelnhausener Burg ist dieses Kapitell mit geringen Abweichungen mehrfach zu finden. 1) Dort sind auch vielfach wie am Kreuzgang die kantigen Halsringe verwendet. 2) - Ein Kapitell des Kreuzgangs im Ulrichsmuseum ist mit einer großen Blüte geschmückt, die strahlenförmig am oberen Rande eingeschlagene Blätter entsendet. Ein diamantierter Stengel schließt sie ein. An einem Kämpfer in Gelnhausen 3) ist ein ähnliches Blattsystem einem diamantierten Stengel einbeschrieben; nur daß die Blätter mit ihren Spitzen um die umgebende Ranke herumgreifen. - Ebenfalls im Ulrichsmuseum befindet sich ein Kapitell, mit Blatt- und Rankenwerk ganz überzogen; an den Ecken sieht zwischen dem Laub ein Kopf heraus; Blätter überdecken ihn und fallen tief bis in seine Stirn hinein. Das gleiche Motiv sah ich in Worms, am Hauptportal des Domes. 4)

 

Eine weitere Quelle für die Schmückung des Kreuzgangs ist der Formenvorrat der Jakobskirche. Den Zusammenhang beweist unter den Kämpferornamenten die häufige Verwendung von Flechtwerk, 5) der Zahnschnittfries, die von Querbändern gehaltene

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1) Z. vergl: L. Bickell; Bau- und Kunstdenkmale im Regierungsbezirk Kassel. I. Tf. 27; Tf. 36; das Kapitell links vorn und rechts hinten.

2) In Regensburg sind sie oben und unten abgeschrägt.

3) Bickell: Tf. 37, rechts am Rand.

4) Jan Fastenau: Romanische Bauornamentik in Süddeutschland. Tf. 23.

5)Es kommen vor: einfache Schlinge, Zopf, Achtergeflecht, verschlungene Kreise u. s. f. Ein Motiv aus zwei Riemen, die zwischen den Verknotungen frei bleibende rechteckige Felder umrahmen, findet sich in Modena, und, von dort beeinflußt, mit dazwischen gesetzten Rosen, an einem Kämpfer im Großmünster in Zürich.

 

 

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Wellenranke, die vom Bogenfeld her übernommen ist, das im Zickzack verlaufende dreisträhnige Band, in das Blattfächer hineingesetzt sind, wie es an einem Kämpfer der Hauptapsis vorkommt. Eine Säule besitzt Eckknollen mit Perlreihen, wie einer der Pfeiler auf der Empore.

 

Das wesentlich Neue ist außer den französisch-rheinischen Formen, die hervorragend gute Technik des Kreuzgangs. Der Kerbschnitt wird aufgegeben; die Blätter sind zart eingetieft, wie in Wachs oder Ton modelliert. Jede Einzelform ist deutlich umrissen, durch scharfe Stege gegliedert. -

 

Das Refektoriumsportal ist zweifach abgetreppt. 1) In die Rücksprünge sind Säulen eingestellt, die, noch bayrischer Gewohnheit getreu, ein Viertel der Rücksprünge einnehmen. Um die zur Entwicklung des Portals nötige Tiefe zu erreichen, ist der äußerste Pfosten zur Hälfte vor die Außenwand gezogen. Die Pfosten sind mit halben Schiffskehlen abgefast: Die beiden Rundstäbe bleiben nach oben hin parallel, so daß der Halsring sich um sie verkröpft. Wie am Nordportal entsprechen in der Archivolte Rundstäbe den Säulen und mit Schiffskehlen abgefaste Bogen den Pfosten. Die Kämpfer haben die Form der umgekehrten attischen Basis. Bei der Übertragung der Motive von einzeln stehenden Kapitellen auf eine Kapitellzone war man um Füllung des Raumes verlegen. Man behalf sich, indem man mit den Maßen der zur Dekoration verwendeten Blätter beliebig wechselte. Die Einpassung von Blattwerk in linear umgrenzte Formen am linken Pfostenkapitell kommt an den Kreuzgangssäulchen mehrfach vor. Das Pfostenkapitell rechts ist besetzt mit einem Kranz aufsteigender Blätter, die durch runde Einschnitte getrennt und durch parallele Rippen gegliedert sind. So ist ein Kapitell des Kreuzgangs ornamentiert, dessen Kämpfer zwei sich überkreuzende Zickzackbänder schmücken. Der Blattkranz kehrt am linken Gewände in zweierlei Maßstab wieder. An den Enden rollen sich die Blätter muschelförmig ein. Der Schmuck der Kapitelle rechts ist einheitlich,

 

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1) Wagner: Abb. 29.

 

 

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bis zu dem schon genannten Pfosten links. Ein Kranz von Kelchblättern, die ein Stück weit miteinander verwachsen sind, schmückt Säulen- und Pfostenkapitelle. An jeder Kante ist ein stärkeres Blatt angebracht, das, übergeklappt, auf seiner Rückseite starke Riefelung zeigt. Hinter diesem Blattkranz steigt ein zweiter mit breiteren, höheren Blättern auf. Ihre muschelförmig eingerollten Spitzen hängen an den Ecken so weit herab, daß sie die unteren Blätter berühren und am Platz zu halten scheinen. Dieselbe Art der Einrollung zweier Blattkränze übereinander, das hakenförmige Festhalten der unteren durch die oberen Blätter findet sich in der Gelnhausener Pfalz. 1) Noch deutlicher wird die Übereinstimmung mit Gelnhausen, wenn man ein Kapitell der Brunnenkapelle heranzieht; der vordere Blattkranz steigt wie am Refektoriumsportal ungegliedert auf und spaltet sich dann in Einzelblätter, deren Überschlag muschelförmig gestaltet ist. Die Blätter sind ungegliedert wie in Gelnhausen. Sie werden von den Blättern des hinteren Kreuzes umrahmt und durch deren Überschlag von oben her gehalten. 2) Ein anderer Pfeiler der Brunnenkapelle ist mit unregelmäßig verzogenem Flechtwerk und laufendem Hund ornamentiert. Er soll mit einem Kapitell im Stift Nonnberg in Salzburg Ähnlichkeit haben. 3) Einen dritten schmückt Blattwerk, das von diamentierten Bändern umrahmt wird.

 

Refektoriumsportal und Brunnenkapelle bleiben auf der Stufe, die mit dem Südportal erreicht ist, stehen. Die Weiterentwicklung bringen die Kreuzgangsarkaden. 4) Auch sie sind mit Zickzackstäben besetzt; die von den Stäben umschriebenen Dreiecke werden wie am Portal von Sternblumen oder Blattzacken ausgefüllt. An einem Bogen treffen die gegeneinander gesetzten Stäbe über einem mit ihm konzentrischen Rundstab

 

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1) Abb. bei Bickell; Tf. 27 und 36.

2) Zu vergleichen Bickell Tf. 27.

3) Wagner, Abb. 17. - Österreichische Kunsttopographie, Bd. VII, S. XIII. Das Kapitell im Lapidarium, das unter Fig. 211 abgebildet ist, erinnert mehr an die Formen des Berchtesgadener Kreuzganges als an Regensburg.

4) Nur aus Kapellers Zeichnungen bekannt.

 

 

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zusammen. Ein anderer Bogen ist mit nur einem Zickzackstab besetzt; unter ihm läuft ein zweiter Zickzackstab durch. Aus dem linearen Ornament der Südpforte ist ein plastischer Dekor geworden, aus Zickzackbändern Rundstäbe, die sich überschneiden und überkreuzen.

 

Die Steinmetzen, die im Kreuzgang der Schottenkirche tätig waren, hat man, wie es scheint, dann nach St. Emmeram berufen. Dort haben sie die Archivolte des Portals dekoriert, das im Nordtrakt in das Querschiff der Kirche führt. 1) Der Nordtrakt ist bereits frühgotisch, das Portal spitzbogig, seine Kapitelle Knospenkapitelle. Man schließt in St. Emmeram an den Dekor der Kreuzgangsarkaden an; doch man geht in dem Grad der Durchbrechung noch über jene hinaus.

 

Den sechs Portalsäulen entsprechen sechs Bogen in der Archivolte. Der innerste und der äußerste Bogen sind mit je zwei Zickzackstäben besetzt, die, gegeneinander gestellt, ein rautenförmiges Muster bilden. Die dreieckigen Felder zwischen ihnen sind weggearbeitet, so daß die Stäbe à jour liegen. Am untersten Bogen liegen die Spitzen der Rauten wie bei einem Bogenstück des Schottenkreuzgangs 2) über einem mit der Archivolte konzentrischen Rundstab auf. Am obersten liegen die Rauten in einer Ebene; sie verlaufen zwischen zwei dünnen Stäben; ein dritter dahinter gelegener läuft konzentrisch mit der Archivolte, die gegenüberliegenden Eckpunkte der Rauten verbindend. 3) Den zweiten Bogen von unten schmückt ein Zickzackstab, der nur nach unten hin unterarbeitet ist. Jedes der dreieckigen Felder, die er umgrenzt, ist mit einem zart gekerbten Blatt mit parallel verlaufenden Rippen geschmückt;

 

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1) Dehio erwähnt die Mitarbeit nordfranzösisch geschulter Ornamentbildhauer an dem cisterziensisch-burgundisch beeinflußten Kreuzgang und die „normannisch anmutenden“ Zickzackstäbe am Querschiffportal.

2) Kapeller: Tf. 2, Fig. 1.

3) Ganz ähnlich der Dekor einer Arkade von South Scarle Church, wo auch an einem Kapitell das breite ungegliederte Blatt mit dem muschelförmigen Überschlag sich findet. Abb. im Journal of the Brit. Archaeol. Association 1907. Tf. 21 u. 22.

 

 

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es gleicht den Blattspitzen, die im St. Jakobs-Kreuzgang die Felder zwischen den Stäben füllen. 1) Der dritte und fünfte Bogen sind nur profiliert. Der vierte ist mit zwei Stäben besetzt, deren unterer regelmäßige Zacken bildet, während der obere, ihn einfassend, in rhytmischer Folge einmal dem Archivoltenbogen und dann dem unteren Stab parallel läuft. 2)

 

Die Arkaden des Schottenkreuzgangs und das Kreuzgangsportal in St. Emmeram lassen nun eine Quelle für den normannischen Stil in Regensburg bestimmen. An der Kirche zu Mouen (Calvados) kommen ganz ähnliche Formen vor, und Mouen oder ein Bau von dem auch dieses abhängig ist, muß den Regensburger Künstlern bekannt gewesen sein. - Fassade und Langseiten der Kirche von Mouen sind zweistöckig gegliedert. 3) Das obere Stockwerk wird von einer auf durchlaufendem Sims aufsitzenden Zwergarkatur gebildet, deren Bogen mit Zickzackstäben besetzt sind. Dort wo die Stäbe zweier benachbarter Bogen zusammentreffen, entsteht, genau wie an den Arkaden des Schottenkreuzgangs, ein Feld, das - nach oben nicht geschlossen - etwa die Form eines Trapezes hat. 4) Wie in St. Emmeram ist die Bewegung der Zickzackstäbe nicht gleichförmig. Sie nimmt nach dem Scheitel der Archivolte hin zu und verlangsamt sich wieder im Absteigen. 5) In St. Emmeram ist Rythmus in die Bewegung gekommen. Die starke Durchbrechung fehlt in Mouen noch; die Stäbe liegen dem Mauerkern fest auf. Von den Blattmotiven, mit denen man in Regensburg die Dreiecke zwischen den Stäben aussetzt, finden sich in Mouen die halben Sternblumen, 6) die Blattspitzen, die zackenförmig abschließend, sich der geometrischen Form genau anpassen. 7)

 

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1) Kapeller: Tf. 2 Fig. 4 u. 6.

2) Dem gleichen Stil gehört die innere Rahmung des Rundfensters und der Fensterarkaden im Emmeramer Kreuzgang an.

3) C. Martin: L‘art roman en France. Bd. II. Tf. 24-26.

4) Martin: Tf. XXVI. 1-3. Kapeller: Tf. I,4.

5) Martin: Tf. XXVI. 4 u. XXV. 2.

6) Martin: Tf. XXVI. 1 u. Kapeller: Tf. I. 1.

7) Martin: Tf. XXV. 2 u. Kapeller: Tf. II. 4 u. III. 1.

 

 

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Mit dem Portal in St. Emmeram hört in Regensburg der Einfluß, den die Schottenkirche geübt hat, auf. Im Kreuzgang von St. Emmeram lösen burgundisch geschulte Bauleute die normannischen ab, und der burgundische Einfluß bleibt maßgebend für die Ornamentik an den folgenden Bauten: der Pfarrkirche von St. Ulrich und dem Chor des Domes.

 

a) Moosburg.

 

St. Castulus in Moosburg ist dreischiffig. Ein Querschiff ist nicht vorhanden. Der Chor ist im XV. Jahrhundert umgebaut. Die Stützen sind Pfeiler; jeder fünfte hat eine rechteckige Vorlage, die sich an der Hochwand fortsetzt und wohl als Stütze für die flache Decke bestimmt war. Bemerkenswert ist die Stellung des Turmes vor dem südlichen Seitenschiff. Die Kirche ist modernisiert. Es sind nur drei der romanischen Pfeilerkapitelle erhalten. Sie sind mit aufrecht stehenden Palmetten, zwischen die kleine Blüten hineingesetzt sind, geschmückt. Von den Portalen ist das Nordportal modern, die Südpforte unbedeutend und ohne plastischen Schmuck. Das Westportal steht in enger Beziehung zu St. Jakob. Es vereinigt die Formen des Nordportals mit Motiven der Kreuzgangspforte. 1) - Das Portal ist der Kirchenwand vorgelegt. Die Archivolte ist rechtwinkelig ummauert. Ein Gesims, nur mit einer Kehle profiliert, schließt den Vorbau nach oben ab. Den seitlichen Abschluß bilden Pfeiler. Das Gewände ist dreifach abgetreppt; in den Rücksprüngen stehen Säulen. Kämpfer und Kapitelle verkröpfen sich regelmäßig um Säulen und Pfosten. Auf den innersten Pfosten ruht das Bogenfeld auf; ein Türsturz fehlt. 2) Die Säulen setzen sich als Halbrundstäbe in der Archivolte fort. Auch den Pfosten entsprechen Halbrundstäbe. Die Pfostenkanten

 

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1) G. Hager, der die Beziehungen zwischen St. Castulus und St. Jakob klargelegt hat, erwähnt nicht, daß es sich um eine Vereinigung beider Regensburger Stilrichtungen handelt. (Baugeschichtl. Forschungen in Altbayern; Beilage z. Allg. Ztg. 1892). - Abb. in: Die Kunstdenkmale d. Kgr. Bayern, Bez. Freising.

2) Der Segmentbogen über der Tür und die darüber folgenden Blattfriese sind modern.

 

 

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sind mit Eckrundstäben ausgesetzt, die von Tierköpfen ausgehen. - Der äußerste Archivoltenbogen, mit dreieckigem Querschnitt, ruht auf den seitlichen Pfeilern auf, läßt aber jederseits noch Raum für einen ruhenden Löwen, der auf dem Portalkämpfer aufliegt.

 

Im Bogenfeld sind fünf Figuren dargestellt. In der Mitte Christus, die Rechte segnend erhoben, in der Linken ein Buch; ihm zu seiten stehend die Gottesmutter und der heilige Castulus, in den Ecken des Bogenfeldes kniend Kaiser Heinrich und Bischof Adelbertus, welcher Castulus das Kirchenmodell darbringt. Auf dem Randstreifen des Bogenfeldes steht über den Personen ihre Namensbezeichnung. Am unteren Rand findet sich folgende Weihinschrift:

 

Hoc tamen magnificum tibi defert Castule templum.

Felix antistes, cui sis patrona potestas.

Propitius sit rex qui restituit tibi lumen

Lucem perpetuo subtractum tempore longo. 1)

 

Vom Nordportal ist 1. der rechtwinkelige Portalvorbau, 2. der Grundriß des Portals, 3. die Anbringung von Löwen auf dem Kämpfer, 4. die Überschneidung der Rahmung des Bogenfeldes durch die Figuren herzuleiten. Wie dort, ist der Dekor sich entsprechender Teile nie der gleiche. - Vom Südportal stammt die gleichmäßige Folge von Halbrundstäben in der Archivolte. 2)

 

Über den allgemeinen Aspekt hinaus sind eine Reihe von Motiven dem Schottenportal und dem Moosburger Portal gemeinsam. Hager nennt das Bandgeflecht am rechten, das Kreisgeflecht am linken Kämpfer. Letzteres kommt sogar in Regensburg genau an dem gleichen Bauteil zur Verwendung. Dem Profil des Kämpfers aus Platte und Wulst ist in Moosburg eine tiefe Kehlung hinzugefügt. Die wie am Schottenportal mit Ornament überzogenen Schäfte der Säulen gleichen diesen zum

 

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1) Braun: Geschichte von Moosburg.

2) Von der Regensburger Südpforte, nicht wie Meier meint von Moosburg, wird der Meister der Bamberger Gnadenpforte diese Anordnung übernommen haben.

 

 

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Teil auch im Dekor. Die Säulen der rechten Seite sind mit Flechtwerk übersponnen; die äußerste mit sich rechtwinkelig schneidenden dreisträhnigen Bändern, wie sie auch am äußersten linken Pfeiler des Schottenportals vorkommen; die zweite mit fünf Reihen aufwärts gerichteter Schleifen: die untere Reihe greift jedesmal in die obere ein; die innerste mit kreuzförmig gelegten Bändern, die von mit Punktreihen verzierten Kreisen durchschossen sind. 1) Beide letztgenannten Motive finden sich nicht in Regensburg. Die äußerste Säule links ist der Länge nach mit dreisträhnigen Bändern geschmückt, die in gegenständige Schleifen gelegt sind. Das gleiche Ornament findet sich am Schottenportal an einer der Säulen der rechten Seite, welche die unterste Blendbogenreihe tragen. Die mittlere Säule links umziehen Palmettenranken, die von Querbändern zusammengefaßt werden; Palmettenranken sind am Nordportal in Regensburg fast an jeder Säule verwendet; am ähnlichsten an der äußersten Säule links, neben dem Eckpfeiler. Die innerste Säule in Moosburg ist mit Zweiriemengeflecht und mit konzentrischen Halbkreisen dekoriert. Letztere, schuppenförmig übereinander gelegt, schmücken auch die äußerste Säulenarchivolte. In Regensburg ist dieses Ornament in der Kirche, am Kämpfer der Säule S.4 verwendet. - Beide Portalpfeiler sind mit Figuren geschmückt: Der eine mit zwei Gestalten an den Ecken, in der gespreizten Stellung wie die Figuren an den Schiffskehlen am Schottenportal. Auch hier umklammert eine Figur ihre Beine, die andere, bärtig, spielt ein Blasinstrument. Den Raum zwischen den Figuren füllt ein Baum mit Blättern und einer Frucht, an der zwei Vögel picken. Rechts ist eine männliche Halbfigur dargestellt, mit in die Höhe gereckten Armen; in den Händen hält sie Gesichtsmasken. Die Köpfe, auch die Figuren im Bogenfeld, sind von Regensburg abhängig. Das strähnige, gescheitelte Haar, die niedrige Stirn, der Einschnitt an der Nasenwurzel, die schmal ansetzende Nase, die kurzen Bärte,

 

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1) Das Motiv ist sehr verbreitet. Es kommt beispielsweise an einem Fenster des Langhauses der Genfer Kathedrale und an einer Rippe im Chor von St. Germer en Beauvaisis vor.

 

 

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sind von den Figuren der Schottenkirche übernommene Züge. Anders sind die Augen gebildet; bei den Moosburger Figuren sind sie schmaler und mehr in die Länge gezogen; zwischen Ohr und Augen bleibt nur ein schmaler Steg stehen. - Den Hauptunterschied bildet die Behandlung der Gewänder. Es ist zwischen einem dicken Obergewand mit nur eingeritzten Falten und einem dünnfaltigen Untergewand unterschieden. Dieses endet bei einigen Figuren in ösenförmigen Falten. Die in breite parallele Falten gelegten Gewänder kommen in Moosburg selten vor, die flügelförmigen Mäntel überhaupt nicht. Scheinbar hat aber in Regensburg ein Bau der Schottenschule existiert, dem der Moosburger Faltenstil geläufig war. Von ihm stammen zwei Figuren, die heute in Nischen an der Fassade von St. Cassian aufgestellt sind. 1) Man deutet sie als Darstellung der Beichte. Ihre Sockel bestehen aus einer schmalen Platte und einem Rundstab, der mit einem Zackenband umwickelt ist, genau gleich dem vierten Rundstab an der Moosburger Archivolte. Die eine Figur kniet nach rechts gewendet; die Arme sind erhoben, die Hände zusammengelegt. Die andere sitzt, den Oberkörper frontal, die Beine seitwärts gerichtet; ihr rechter Arm ist auf das Knie aufgestützt; vom Mantelende völlig umhüllt, greift die Hand nach dem Auge; die linke Hand ist auf den aufgestützten Arm gelegt. Kopfform und Stellung, Einzelheiten, wie die streifenförmige Kappe und die am Handgelenk geriefelten Ärmel weisen mit Bestimmtheit auf die Abhängigkeit des Meisters von der Schottenkirche. Noch näher ist die Beziehung zu den Figuren in Moosburg. Es sind die gleichen fast bis zum Ohr reichenden Augen mit schmalen Lidern; der gleiche etwas zusammengezogene Mund, die gleiche schematische Wiedergabe der Ohren. 2) Bei der Gewandung ist auch hier zwischen einem dünnen, gefälteten Untergewand und einem dicken Obergewand, dessen

 

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1) Hager erwähnt ihre Ähnlichkeit mit Moosburg in seiner Abhandlung in der Allgemeinen Zeitung.

2) Zu vergleichen die knieende Figur von St. Cassian und der Flötenspieler in Moosburg.

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Falten wie mit der Nadel geritzt sind, unterschieden. Die Tracht des „Beichtenden“, das glatte Ärmelgewand mit dem in zwei Enden herabhängenden Gürtel, haben in Moosburg die Figuren am linken Eckpfeiler. Der Saum seines Gewandes endet gerade abgeschnitten wie der des Christus. Die Falten am Gewand des „Beichtigers“ fallen ösenförmig aus, wie das Kleid des Castulus. Sein Mantelsaum ist wie der der Maria mit Kreisen ornamentiert. - Mit diesen Werken stimmen nun merkwürdigerweise Skulpturen im Kreuzgang von St. Zeno in Reichenhall überein, und zwar das Relief mit der Figur Kaiser Friedrichs, das an einem Pfeiler des Kreuzgangs eingelassen ist 1) und das in die Ostwand vermauerte Tympanon der Kirche von St. Peter. Die Figur des Kaisers ist in Hochrelief aus einem sie als Rahmen umgebenden Stein herausgeschnitten. Die rechte Hand hält das Lilienszepter, in der vom Mantel umhüllten Linken ruht der Reichsapfel. 2) Auf dem Kopf trägt der Kaiser eine Krone mit Lilienzacken. Er hat die lang gezogenen Augen der Figuren im Moosburger Tympanon, den gleichen kurzen, spitz zugeschnittenen Bart. Abweichend sind die Haare in die Stirn gekämmt. Das Gewand besteht auch hier aus einem eng gefältelten ösenförmig ausfallenden Untergewand und einem Mantel aus schwerem Stoff mit eingeritzten Falten. Der Kragen ist wie der des „Beichtigers“ geschnitten. Die Staufalten am Handgelenk, das Kreisornament des Gewandsaumes, selbst die Schuhe sind die gleichen.

 

Das Tympanon aus St. Peter ist mit drei Figuren geschmückt. Die mittlere sitzende hält ein Buch und einen Schlüssel. Links und rechts von ihr knieen zwei Figuren, die das eine Bein aufstellen wie die Knieenden am Moosburger Tympanon, die zusammengelegten Hände erheben wie der

 

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1) Nach der zeitlichen Stellung handelt es sich eher um Friedrich II. als um Barbarossa. Da er obendrein dem „Hainricus“ des Moosburger Tympanons gleicht, so fallen Kemmerichs Betrachtungen über die Porträtdarstellungen Barbarossas völlig in sich zusammen.

2) Zu vergleichen der „Beichtiger“, durch dessen Mantel der Kontur des Armes aber sichtbar bleibt.

 

 

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„Beichtende“ an St. Cassian. Das fein gefältelte Untergewand mit den ösenförmigen Falten gleicht dem des Castulus und der knieenden Figuren in Moosburg, das Obergewand mit den Ritzfalten, der Gürtel, der genau an der gleichen Stelle zwei Enden herabfällt, stimmt mit der Tracht des „Beichtenden“ überein. Etwas anders ist die Kopfform und die dem Kaiser Friedrich ähnelnde Haartracht. - Noch einige weitere Beziehungen zwischen Moosburg und Reichenhall lassen sich finden: Der Löwe aus St. Zeno im Münchener Nationalmuseum 1) ist denen des Moosburger Portals ähnlich. Ferner gleicht der Dekor des Säulenschaftes mit den aufgerichteten Schlingen im Durchgang des Kreuzganges durchaus dem der mittelsten Säule am rechten Moosburger Gewände.

 

Die Frage, ob man mit einem Einfluß von Reichenhall auf Moosburg zu rechnen hat, möchte ich verneinen. Das Portal in Moosburg läßt sich aus der Regensburger Entwicklung heraus wohl erklären, während die Schule von Reichenhall gesondert erscheint, im Zusammenhang mit Berchtesgaden, Steingaden, den Fragmenten aus Rottenbuch. Es ist umgekehrt wahrscheinlicher, daß ein in Regensburg oder Moosburg geschulter Steinbildhauer seinen Weg nach Reichenhall gefunden hat. -

 

Von der Südpforte von St. Jakob sind die Ornamente der Portalarchivolte von Moosburg herzuleiten. Den innersten Stab schmücken zickzackförmig gegeneinander gesetzte Bänder. Am zweiten verlaufen zwei Zickzackstäbe einander parallel; sie werden von gekehlten Bändern eingefaßt. Am dritten Bogen läßt das Vorbild den Meister im Stich und er wiederholt das Motiv des ersten. Der vierte Rundstab ist mit einem gezackten Band umwunden, der äußerste, wie erwähnt, mit dem Schuppenornament aus der Schottenkirche geschmückt. Der Blendbogen, der um die Archivolte herumgeführt ist, ist mit Blättern besetzt.

 

Von den Kreuzgangsarkaden übernahm der Portalmeister die sich überkreuzenden Bogen der rechten Kapitellzone, von

 

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1) Katalog V, Nr. 110.

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dort die dreiteiligen Blüten, mit denen an den Kapitellen des linken Gewändes ein im Zickzack geführtes Band ausgesetzt ist. 1) - Im Bogenfeld ist die obere Umgrenzung den Regensburger Faltenkapitellen nachgebildet. Normannischen Ursprungs ist noch das Pfeilerkapitell in der Kirche, das mit einem Kranz von Palmetten und dreiteiligen Blüten in den Zwischenräumen, geschmückt ist. Dann wohl noch die Masken in der Hand der Figur am rechten Eckpfeiler. Beide Motive kommen zwar in Regensburg nicht vor, finden sich aber an der schon genannten Fassade von Mouen. 2)

 

b) Stift Niedernburg in Passau.

 

Wie Moosburg vereinigt Stift Niedernburg in Passau 3) die Strömungen, die in St. Jakob getrennt erscheinen.

 

Von der romanischen Kirche besteht die Vorhalle und der über ihr gelegene Chor; dann zwei Portale, Teile der Türme und ein Stück des südlichen Seitenschiffs mit zwei kreuzförmigen Pfeilern und halbkreisförmigen Wandvorlagen. - Die Stellung der Türme vor den Seitenschiffen ist die gleiche wie in Moosburg. Die Vorhalle tritt zwischen den Türmen vor. Das eigentliche Portal nimmt nicht die ganze Vorhallenbreite ein. Es hat drei mit Säulen ausgesetzte Rücksprünge. Die Basen verkröpfen sich nur um die Pfosten; die Säulen stehen auf eigener Basis und eigenem zylinderförmigen Sockel. Sie sind aus den Gewändeecken etwas hinausgerückt. Daher sind die Kämpferseiten über den Säulen länger als über den Pfosten. Zwei der Säulen haben polygonale Schäfte. Die Säulenarchivolten sind Rundstäbe. Von den Pfostenarchivolten ist die innere ornamentiert, die äußere mit einer Kehle abgefast. Die Archivolte umschließt ein mit Diamantschnitt besetzter Blendbogen, der auf der Kämpferfortsetzung zu seiten des eigentlichen Portals aufruht. Dieser abschließende

 

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1) Kapeller Tf. II. Abb. 6. Das Motiv ist auch der Buchkunst geläufig. (G. Swarzenski. Die Salzburger Bildmalerei: Abb. 452.)

2) C. Martin: Tf. XXV. 1 und XXVI. 1.

3) Verhandlungen des Vereins f. Niederbayern II, Heft 2: Dr. Erhard: Das ehemalige Nonnenkloster Niedernburg in Passau.

 

 

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Bogen findet sich am Nord- und am Südportal der Schottenkirche. - Die Besetzung aller Kanten mit einzelnen Köpfen ist von der älteren Regensburger Schule herzuleiten; sie findet sich nicht in Regensburg, aber an dem abhängigen Portal von Münchsmünster. Von einzelnen Ornamenten gehören der älteren Schule an: Ein Kapitell mit Adlern am linken Gewände, eine umschriebene Palmette rechts. Am rechten Kämpfer das gleiche Ornament, am linken die gegeneinandergesetzten Blattfächer, die in Regensburg am Chor vorkommen. An einem Pfeilerkapitell in der Kirche sind hockende Figuren dargestellt, deren Provenienz an der gespreizten Stellung kenntlich ist. Eine von ihnen stützt mit den Armen die Deckplatte. Auch die Halbfiguren am anderen Pfeiler dürften, da Sie Schlangen in den Händen halten, zu den Figuren des Schottenportals in Beziehung stehen.

 

Die Kenntnis der Formen des Regensburger Kreuzgangs ergibt sich aus der genauen Übernahme des Kapitells mit den durch eine Schlinge gezogenen Blättern, das hier am Portal und an einem Pfeiler in der Kirche, in Regensburg an der freistehenden Säule im Chor verwendet ist. Die Anbringung von Diamantschnitt an der Portalarchivolte und an den Pfeilerkämpfern ist ebenfalls dem Einfluß der jüngeren Regensburger Schule zuzuschreiben. Dagegen vermag ich ein Kapitell am Portal mit leierförmig gebogenem Diamantstab und dazwischen gesetztem Blattwerk und ein zweites von fast Straubingischer Struktur, mit Blattkranz und blattförmigen Voluten, in Regensburg nicht nachzuweisen.

 

c) Mallersdorf.

 

In einem barocken Umbau ist noch das romanische Portal der einstigen Klosterkirche erhalten. Es vereinigt ältere und jüngere Elemente. Der Baumeister ist mit späterer Technik vertraut und ist doch in seiner Formensprache höchst rückständig, klammert sich an die Tradition aus den älteren Teilen St. Jakobs.

 

Die Portal springt um die halbe Pfostenbreite vor die Westwand vor. Es hat zwei Rücksprünge, in welche Säulen

 

 

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eingestellt sind; die Länge der Säulendurchmesser ist gleich der halben Breite des Rücksprungs. Die Säulenarchivolten sind Rundstäbe. Die beiden Gewändepfosten sind mit Schiffskehlen abgefast, die, tief in den Stein hineingreifend, mit ihren Ästen weit oberhalb der Basen und weit unter dem Halsring in eckigem Schluß zusammentreffen. Dem inneren Pfosten entspricht ein mit Schiffskehle abgefaster Bogen in der Archivolte; auf dem äußeren sitzt ein zum Halbkreis gebogener Rundbogenfries auf, den ein konzentrischer Bogen aus Platte, Stab und Kehle umschließt. Auf dem Türpfosten ruht das Tympanon, das von einem Stab und Flechtwerk umrahmt wird. Die umgrenzte Fläche schmückt ein Kreuz und in seine einspringenden Winkel gesetztes Blattwerk. Basenkapitelle und Kämpfer sind in regelmäßigem Zickzack geführt und um den äußersten Pfeiler und um den Türpfosten verkröpft. Der Sockel ist mit Wasserschlag abgetreppt; die Basis ist die attische; die Kapitelle haben Halsringe und eckige Deckplatten; die Kämpfer bestehen aus einer breiten ornamentierten Platte und einer schmalen Deckplatte.

 

Die Portaldisposition ist von Regensburg beeinflußt. Die Entsprechung zwischen Gewände und Archivolte, das Verhältnis von Säulen und Pfosten, die Abfasung mit Schiffskehlen, die Asymmetrie der Dekoration hat das Schottenportal. Der vortretende Pilaster, um den Kapitellzone und Basis sich verkröpfen, findet sich am Refektoriumsportal. Der zum Halbkreis gebogene Rundbogenfries ist aus fremdem, vermutlich Bamberger Einfluß zu erklären. Dort in der Krypta kommt er vor, und die gleiche Profilierung mit Kehle, Absatz und Rundstab, noch durch einen Absatz oberhalb der Kehle vermehrt, hat der Rundbogenfries am Ostchor und anderen frühen Bauteilen des Doms. - In der Dekoration ist aus dem älteren Regensburger Stil die Zusammenordnung von pflanzlichem Ornament und Figuren herzuleiten. Von Einzelmotiven stammt daher: das Kettengeflecht am linken Kämpfer. Vom Schottenportal beeinflußt sind auch die Figuren an den Kapitellen: an der linken inneren Säule kauernd ein Männchen mit auf die

 

 

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Knie gestützten Händen; an der entsprechenden Säule rechts eine Gestalt mit langen Zöpfen; Schlangen ringeln sich zu ihren Brüsten hinauf. Die Figur ist abhängig von der Gestalt mit den Schlangen an der Schottenfassade. Der Türpfosten ist mit Halbfiguren geschmückt: zu äußerst, in Anlehnung an Regensburg, Maria mit dem Kind, neben ihr eine männliche Gestalt wohl der Kirchenpatron. Am linken Gewände mögen die beiden Masken, von Blattwerk umgeben, die zwei Löwen mit aufgerissenen Mäulern, auch noch auf Anregungen des älteren Stils zurückgehen. - Dem jüngeren Stil entstammt der Schmuck des linken Pilasters: symmetrisch angeordnete, vielfach umgeschlagene Blätter werden von diamantierten Bändern gehalten oder umrandet. Solches Blattwerk findet sich am linken Pilaster des Refektoriumsportals und an einem Blattkapitell in der Brunnenkapelle. Die diamantierten brezelförmigen Schleifen am rechten Kämpfer, die durch Querriegel gehalten werden, schmücken das Kapitell eines Kreuzgangssäulchens in der Südapsis von St. Jakob. - Flechtwerk aus diamantierten Bändern und tiefe gehöhlte Blätter, von diamantiertem Band konturiert, wechseln an den drei ersten Kapitellen des rechten Gewändes miteinander ab. Die gleichen Formen lassen sich am Kreuzgang nicht aufzeigen. Nur die häufige Verwendung von Diamantbändern weist auf die jüngere Regensburger Gruppe.

 

d) Die Galluskapelle und der Salzburger Hof in Regensburg.

 

Sicherlich nach dem Schottenkreuzgang, vielleicht später als das Portal im Emmeramskreuzgang entstanden, zeigen Galluskapelle und Salzburgen Hof zumeist noch Verwandtschaft mit dem älteren Stil von St. Jakob. Das Portal der Galluskapelle 1) hat Regensburger Schema, durch Einflüsse eines Baues der Mallendorfer Stilstufe modifiziert. Das Portal steht auf hohem Sockel. Die äußersten Pfeiler treten etwas vor die Wand vor.

 

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1) In der Schwarzen Bärenstraße. - C. Pohlig: Hauskapellen und Geschlechterhäuser. (Zeitschrift f. Bildende Kunst Bd. 24.)

 

 

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Zwei Rücksprünge sind mit schlanken Säulen ausgestellt, denen in der Archivolte rechtwinkelig gemauerte Bögen, die an den Kanten mit Rundstäben profiliert sind, entsprechen. Die Pfosten sind mit Schiffskehlen abgefast, die wie in Mallersdorf eckige Schlüsse haben. In der Archivolte treffen wie am Refektoriumsportal die beiden die Kehle begleitenden Stäbe nicht zusammen. Der Kämpfer besteht aus Platte und Wulst; doch er ist unterarbeitet wie die Profilierungen am Kreuzgangsportal in St. Emmeram. - Von der Ornamentik gehört das Kettengeflecht aus dreisträhnigem Band am rechten vorderen Pfeiler und eine umschriebene Palmette links dem älteren Regensburger Stil an. Die Stirnseite des linken vorderen Pfeilers ist mit paarweise geordneten aufrecht stehenden Blättchen geschmückt. Duchgehend tragen vom Eckpilaster ab Säulen und Pfosten an beiden Seiten Knospenkapitelle, deren Blätter teils mit Diamantschnitt besetzt sind. Man könnte aus der Form der Blätter auf eine Beziehung zu Maulbronn schließen, wenn nicht innerhalb der lokalen Tradition Diamantreihen so verbreitet wären.

 

Von den Bauresten des Salzburger Hofes 1) gehören dem älteren Stil an: zwei Kragsteine eines Tores im Nordbau. Das eine schmücken zwei geduckte Figuren, deren gemeinsamer Kopf die Kapitellecke bildet; den anderen ein Löwenkopf mit breit aufgerissenem Maul. Zum älteren Stil gehören ferner Bauteile, die im Südbau vermauert aufgefunden wurden: 1) ein Kapitell mit zwei Löwen mit gemeinsamem Kopf, die ihre Schwänze übergeschlagen haben, 2) die vollplastische Figur einer Löwin, die dem Löwen von der Toreinfahrt gleicht, 3) ein Wandbogen, geschmückt mit einem männlichen Kopf mit strähnigem in die Stirn gekämmten Haar und kurzem Bart, 4) Teile eines Portals, dessen einziger Rücksprung mit einer Säule ausgesetzt ist. Der Kämpfer setzt sich über Pfosten und Kapitell fort und ist an der allein erhaltenen rechten Seite wie der Kämpfer der Säule S.4 in der Schottenkirche mit halbkreisförmigen

 

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1) Im Ulrichsmuseum. - C. Pohlig: Eine verschwundene Bischofspfalz. (Zeitschrift f. Bildende Kunst 1896.)

 

 

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Schuppen ornamentiert, 5) ein Mauerstück mit Rundbogenfries; in den Raum zwischen zwei Bögen ist einmal, wie an den Chorschranken von St. Jakob, eine dreiteilige Blüte, das andere mal eine Palmette hineingesetzt. Blattwedel rahmen die Rundbogen ein, 6) ein Fenster am Südbau in Vierpaß-Form wie das Fenster der Südwand von St. Jakob. Es ist mit zwei Rundstäben profiliert; die Nasen sind geschmückt mit kleinen menschlichen Figuren, deren eine von einem Kopf schon halb verschlungen ist, 7) die Fensterarkaden, die von einer Reihe von Säulchen gestützt werden, und an denen der Kämpfer volutenförmig auslädt, wie an der Empore von St. Jakob. Die Säulchen haben konturierte Würfelkapitelle, die an einem Fenster im Ostbau nach Hirsauer Art mit Nasen versehen sind. Jede Seitenwand und die Wandfläche über den Arkaden ist mit Schellen besetzt. An einem Fenster des Nordbaues und einem im Westen sind die Kämpfer fortgelassen; statt ihrer leiten die Kapitelle durch volutenförmige Ausladung zur Fensterbreite über. Diese Fenster sind am fortgeschrittensten: der doppelte Halsring am Nordfenster zeugt von der Kenntnis des Schottensüdportals; das Biforenfenster im Westbau hat schon Spitzbogen.

 

Beziehung zum jüngeren Regensburger Stil zeigt ein Kämpferstück mit sich überkreuzenden Bogen, die mit Diamanten besetzt sind. Die Zwischenräume füllen dreiteilige Blätter aus. Diamantenes Band ist auch an einem Würfelkapitell verwendet, dessen Schildfläche eine umschriebene Palmette ziert. - Zwei vermauert gefundene Knospenkapitelle gleichen den Kapitellen an der Pforte der Galluskapelle: Um einen kegelförmigen Kern sind zwei Reihen weit ausladender, eingerollter Blätter gestellt, die an einem der Kapitelle mit Diamanten besetzt sind.

 

 

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Die zeitliche Ansetzung der romanischen Bauten Südbayerns.

 

Die relative Datierung der zur Rede stehenden Bauten ergibt sich aus ihrer Stellung zueinander. Eine Festsetzung auf bestimmte Jahre ist deshalb schwierig, weil die bisher herangezogenen Stiftungs- und Weihedaten nirgends standhalten. - Die Stiftung eines Klosters fällt gewißlich nicht immer mit dem Beginn eines Kirchenbaus zusammen, weil die anfänglich kleine Zahl der Mönche gestattete, sich mit bestehenden Baulichkeiten, oder mit einer Kapelle zu begnügen. Erst vierzig Jahre nachdem die Grafen von Mallersdorf ihre Burg in ein Kloster umgewandelt hatten, schritt man zum Bau einer neuen Kirche. In Windberg richtete man sich die ersten Jahre mit der Dorfkirche ein. - Wie wenig Weihedaten für die Datierung eines Bauwerks besagen, erfährt man gerade aus der Windberger Tradition. Denn eine Handschrift des XII. Jahrhunderts 1) erwähnt für das Jahr 1142 die Weihe des Hauptaltars und zweier weiterer Altäre durch Bischof Stiko von Olmütz, als der Bau nur eben begonnen war: „Fundamento templi noviter posito muroque sanctuarii tantum initiato“, lautet der Text. 1167 weiht Stikos Nachfolger Johann von Olmütz vier Altäre, darunter einen in der nördlichen Apsis und den Kreuzaltar. Da dieser seinen Platz in der Vierung hat, so ist es sicher, daß Chor und Querschiff zu dieser Zeit fertig waren. Die Kirche mitsamt den Portalen hat gewiß um 1167 nicht fertig dagestanden. 2) Schon die Zahl der geweihten Altäre spricht dagegen. Ein so frühes Vollendungsdatum ist auch deshalb hinfällig, weil Windberg von Straubing und Altenstadt abhängt. Diese beiden Kirchen verwenden schon den Spitzbogen.

 

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1) Cod. Lat. 22248 der Münchener Hof- und Staatsbibliothek; publiziert in M. G. SS. XVII S. 559.

2) Die Bemerkung am Rande der Handschrift, es seien 25 Jahre zwischen der Weihe des Hauptaltars und der Weihe der Kirche (monasterium) verflossen, bedingt nicht, daß der ganze Bau 1167 fertig war.

 

 

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Daher sind sie vor 1170 nicht errichtet. 1) Vermutlich fällt ihre Bauzeit noch später, erst in die letzten zwanzig Jahre des Jahrhunderts. 2) Deshalb sind die Windberger Portale kaum vor 1200 entstanden. Ihr Stil steht mit dieser Ansetzung nicht im Widerspruch. Einzelheiten wie die Schellen am Hauptportal weisen auf die gleiche Bauzeit hin.

 

Für St. Jakob und alle Bauten, die direkt davon abhängen, ist ein verläßliches Datum nirgends zu finden. Bisher stützte man sich auf Wattenbach, 3) der sich für seine Ansetzung vor 1185 auf folgende Tatsachen berief: Es ist im XII. Jahrhundert die Vita Mariani 4) des Gründers des Regensburger Schottenklosters, abgefaßt, welche in die Acta Sanctorum aufgenommen ist. Sie erwähnt ausführlich den Neubau unter Abt Gregor (nachweisbar zwischen 1150 und 1205), welcher die Kirche und den Kreuzgang erbaut und diesen mit ornamentierten Kapitellen und Basen schmücken läßt: „Qui etiam adiutrice Dei gratia fretus vetus monasterium utpote diruptum atque confractum, quod antiqui Patres, ut superius enucleavi cum summa festinatione parum provide construxerant, licet audacter praeter turres confregit, ac Christo Opitulante ex integro a fundamento usque ad summum quadris ac politis lapidibus construens idem monasterium plumbo contexit, pavimento quadris etiam lapidibus superficietenus laevigatis ornato nec minus claustro capitellis sculptis ac basibus insuper aquaeductu intus eamdem ecclesiam decoravit.“

 

Weil in der Vita auch die päpstlichen Erlasse zum Schutz von St. Jakob aufgezählt seien, die Bulle des Papstes Lucius von 1185 aber schon fehle, so müsse der Bericht vor diesem Erlaß entstanden, die Kirche demgemäß vor 1185 fertig gewesen

 

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1) Dehio (Kirchl. Baukunst) nennt als frühesten Termin für den Spitzbogen in Deutschland das Jahr 1170.

2) Baudaten sind nicht überliefert. - Die gleiche Ansetzung geben Dehio und das bayerische Inventar der Kunstdenkmäler.

3) Wattenbach: Die Congregation der Schottenkloster in Deutschland (Zeitschr. f. Chr. Arch. u. Kunst. Bd. I. 1856).

4) Februar II.

 

 

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sein. Einer so frühen Datierung wiedersetzen sich der Formencharakter des Portals und der Westempore. Hier zeigen sich deutlich die Kennzeichen des Spätromanismus‚ der auf Bereicherung und Vervielfältigung, auf die Auflösung der Architektur durch die schmückenden Formen ausgeht. Das Portal von St. Jakob ist meines Erachtens zeitlich vom Ostchor des Bamberger Doms nicht weit zu trennen, und der Unterschied zwischen beiden ist rein qualitativ. Zu meiner Meinung stimmt

Burkhard Meiers Ansicht, 1) daß bei dem Georgenportal, das rund 1210 entstanden ist, 2) auf den Typus des Jakobsportals zurückgegriffen wird. - Auch zeigt, was in Regensburg in den sechziger bis achtziger Jahren entstanden ist, einen völlig anderen Stil. Die Allerheiligenkapelle im Domkreuzgang ist als Grabkapelle für Bischof Hartwich II. (1155—1164) erbaut.

 

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Die Gliederung am Außenbau hält sich noch völlig in der Fläche, klärt die Proportionen und die Lage der Bauteile zueinander, während der Dekor an St. Jakob im Sinne einer Verunklärung und Verschleifung der Formen wirkt. Die Vorhalle von St. Emmeram, die nachweislich nach dem Brande von 1163 erbaut, wohl in den achtziger Jahren vollendet ist, hat noch die flache, der Werkform aufgelegte Ornamentik der vorhergehenden Periode. Wäre 1185 auch nur die Kirche von St. Jakob fertig gewesen, so hätte man zum mindesten an den frühen Teilen noch die gleiche Stilstufe wie in St. Emmeram zu erwarten.

 

Es ist aber in der Vita Mariani von der Kirche nebst dem Kreuzgang die Rede, und man muß wohl oder übel entweder die zeitliche Beschränkung fallen lassen, oder auch die Vollendung des Kreuzganges vor 1185 ansetzen. Das letztere wird niemand zugestehen. Die Kapitelle und Basen gehören bereits dem Übergangsstil an, sind entwickelter als die Säulen der Bamberger Krypta, rückständiger als die Kapitelle der Georgenchorschranken und würden, nach Bamberger Maß gemessen,

 

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1) Meier a. a. O. S. 56.

2) Nach freundlicher Mitteilung von Dr. W. Noack

 

 

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in das erste Jahrzent des XIII. Jahrhunderts zu datieren sein. - Wenn man mit Hager den nördlichen Kreuzgangspunkt um 1225 ansetzt, so ist für die Entwicklung, die von der Südpforte in St. Jakob zu dem Zackenportal in St. Emmeram führt genügend Raum gegeben. Noch ist zu erwähnen, daß die angezogene Stelle der Vita Mariani nicht alle Papsterlasse für St. Jakob aufzählt, sondern nur diejenigen, welche sich mit den Rechten von St. Jakob über Weih St. Peter beschäftigen. Die Luciusbulle enthält in der Tat nichts darüber.

 

Keine von den Bauten, die von Regensburg abhängig sind, nötigt zu einer anderen Ansetzung, als der hier angegebenen: Vollendung der Kirche nicht vor den neunziger Jahren, Bau des Kreuzgangs um 1200 bis 1210.

 

Isen, dem Jakobsportal am nächsten stehend, soll laut Inschrift unter Propst Udalricus erbaut sein. Er wird 1194 urkundlich erwähnt, ist 1177 noch nicht, 1212 nicht mehr an der Herrschaft. 1) Es steht nichts im Wege anzunehmen, daß das Portal um die Jahrhundertwende errichtet worden ist.

 

Die Burgkapelle in Nürnberg ist undatiert; aber die von ihr abhängige Egerer Burgkapelle verrät bereits die Bekanntschaft mit dem Bamherger Ostchor. Ein Kämpfer mit starr aufgerichteten Blättern, die an ihrem oberen Ende umgeklappt sind und von bandartigen, mit Knöpfchen besetzten Mittelrippen durchzogen werden, kommt genau so an den Blendarkaden des Bamberger Georgenchors vor. 2) Das zugehörige Kapitell dagegen ist mit einer Fratze dekoriert und gehört noch ganz in den Formenbereich der Regensburg-Nürnberger Bauschule. Jonas datiert Gewölbe und Kämpfer der oberen Egerer Kapelle um 1225; eine Zeit, die mit der Errichtung des Bamberger Ostchors – die Blendarkaden sind um 1220 entstanden 3) – zusammengeht.

 

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1) s. Föringer: Oberbayer. Archiv f. Vaterl. Geschichte. Bd. III.

2) J. E. Jonas: Kunstgeschichtl. Jahrbuch d. Zentralkommission 1911. Abb. 54. - Weese-Aufleger: Der Dom zu Bamberg. Tf. 28.

3) Nach Dehio ist der Georgenchor zwischen 1200 und 1230 errichtet. Die Blendarkaden sind wohl gleichzeitig mit den nach Noack um 1220 entstandenen Georgenchorschranken.

 

 

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so käme für die Entstehung der Burgkapelle in Nürnberg die Frühzeit des XIII. Jahrhunderts in Betracht, die gleiche Zeit für das Karmeliterportal in Bamberg, das, wie oben erwiesen, derselben Schule, wenn nicht derselben Hand zuzuweisen ist. Letzteres verwertet als Umrahmung schon die gebrochenen Stäbe, fällt also bereits in die Zeit des Regensburger Kreuzgangs.

 

Das Moosburger Portal, das nach den obigen Darlegungen nichts ist als eine Summierung der Formen des Regensburger Nord- und Südportals, gehört dem nach ausgedehntem Brand im Jahre 1212 und 1213 geweihten Neubau an. 1) Daran kann die Darstellung des schon 1184 verstorbenen Bischofs Albert von Freising im Bogenfeld nicht irre machen: Mag sein Andenken nun weil er den Hauptaltar der Kirche geweiht hat, oder weil er ihr testamentarisch große Schenkungen hinterließ, auf diese Weise festgehalten worden sein. Das Bogenfeld ist auch nicht früher als das Portal entstanden. Das beweist einmal der Faltenstil der Figuren, der genau der gleiche ist wie an den Eckpfeilern; und ferner die Anbringung der Faltenkapitelle im Hintergrund des Bogenfeldes die den Schottenkreuzgang voraussetzt.

 

Auch Mallersdorf kann nicht vor dem Regensburger Kreuzgang, nicht vor dem zweiten Jahrzehnt des XIII. Jahrhunderts erbaut sein. Die überlieferte Weihe von 1167 fällt unmöglich mit der Vollendung zusammen.

 

Gesondert ist auf die Kirche von Biburg einzugehen.

 

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Es ist befremdlich, daß am Portal noch Formen verwendet werden, die, von St. Abbondio in Como stammend, in Quedlinburg schon zu Beginn des XII. Jahrhunderts vorkommen. Daneben weist die Ornamentik deutlich auf den Einfluß von St. Jakob und nötigt zu einer Ansetzung etwa in die neunziger Jahre des XII. Jahrhunderts. Eine Parallele zu Biburg ist der Dom zu Chur, der 1178 gegründet wurde, und für den eine Teilweihe im Jahre 1202

 

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1) M. v. Freyberg: Der Traditions-Codex des Collegiatstifts St. Castulus zu Moosburg (Oberbayr. Archiv Bd. II) Nr. 187 u. 194. - Gandershofer: Kurze chronologische Geschichte der Stadt Moosburg.

 

 

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überliefert ist. Hier kommen, in ähnlicher Gestaltung wie in Biburg, ein Untier mit gedrehtem Bart, die Sphinx mit zwei Zöpfen, die wappenartig aufspringenden Tiere vor. - Entscheidend für die späte Datierung ist die Verwendung von Spitzbogen im Innern, die auch hier dazu dienen, die Scheitel der Bogen über verschieden weiten Arkaden auf gleiche Höhe zu bringen. Das bisher als Vollendungsdatum angesehene Weihedatum von 1133 ist hinfällig, weil es, wie Leidinger nachgewiesen hat 1) aus einer gefälschten Urkunde stammt. Die richtige Überlieferung ergibt, daß 1132 das Kloster gegründet wurde und erst 1140 eine Einweihung stattfand, die sich aber auf bestimmte Bauteile nicht beziehen läßt.

 

In Freising ist die Entstehungszeit des Domes nach oben zu begrenzen durch den Brand des Jahres 1158. Er entsteht am Palmsonntag an der Ostseite. Der der Kirche zugefügte Schaden ist beträchtlich. Ragewinus, der zu dieser Zeit Kanoniker in Freising war, schreibt in seiner Fortsetzung der „Gesta Friderici Imperatoris“ 2): „Ottone episcopo defuncto . . . . civitas Frisinga penitus et penitus conflagravit, adeo quod, ut taceam de maioribus aecclesiis, que cum ornamentis suis perierunt, . . . . nec una quidem de minoribus capellis et oratoriis superfuit.“ - Ein 1187 von dem Sakristan Konrad verfaßter Traditionscodex 3) berichtet weiter, wie das Feuer von Osten aus die ganze Kirche ergriff. Dann werden die besonders beschädigten Teile aufgeführt: der Chor stürzt ein, die Kronleuchter, die Holzdecke, fallen herab und der Turm stürzt zusammen. Es ist anzunehmen, daß auch die Krypta zerstört wurde, da das Feuer gerade im Osten der Kirche entstand. - Man scheint sich darnach zu einem völligen Neubau entschlossen zu haben; denn es werden erst von dem Bischof, hernach von dem Baumeister, dem Laienbruder Reinmarus, Grundstücke für den Bau

 

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1) Georg Leidinger: Über ein wiedergefundenes Schriftchen Aventins (Bayr. Akad. d. Wissensch. Philos.-hist. Klasse. 1913.)

2) M. G. SS. 24: Gesta episcoporum Frisingensium.

3) M. G. SS. 20: Ottonis Fris. Epi. et Ragewini Gesta Frid. Imp. IV, 12.

 

 

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angekauft. 1) Beim Tod des Bischofs Albert war die Kirche noch nicht vollendet. Ja es muß sie neues Unheil betroffen haben. Denn unter dem folgenden Bischof Otto II. ist ausdrücklich von Reparaturen die Rede. 2) - 1185 sind Teile der Kirche sicherlich im Gebrauch, da Stiftungen für Lichter, und wenig später, für eine ewige Lampe verzeichnet sind. Für das Jahr 1205 ist eine feierliche Einweihung durch Bischof Otto II. überliefert. - Aus den hier zusammengestellten Daten läßt sich für die Baugeschichte nichts anderes gewinnen, als daß sicherlich nicht vor 1158 mit dem Bau begonnen wurde und daß vermutlich schon 1185, gewiß aber 1205 die Krypta fertig war. Oben ist ausgeführt, daß sich in der Krypta Werkstücke zweier verschiedener Bauperioden unterscheiden lassen. Für die späteren, von Regensburg beeinflußten wäre das Jahr 1205 ein annehmbarer Termin; die früheren, die einer der Schottenkirche voraufgehenden Stilstufe angehören, werden in den siebziger Jahren, etwa gleichzeitig mit dem zweiten Zustrom italienischen Einflusses in Sachsen, entstanden sein. 3) In Königslutter finden sich ähnliche Formen wie in Freising: Eine Säule mit dem gleichen Grundriß wie am Freisinger Portal und eine Figur, die eine Säule stützt.

 

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Dehio datiert in seinem Handbuch diese von Verona und Ferrara beeinflußten Teile frühestens in den Anfang der siebziger Jahre.

 

Bislang wurde das Jahr 1161 als Vollendungsdatum sowohl der Krypta als des Portals angesehen. Man berief sich dabei auf die Portalinschrift, die ich nicht für echt halte und auf folgende im XVIII. Jahrhundert bei den Reliquien des Nonnosus gefundene Inschrift:

 

Anno incarnationis Domini millesimo centesimo sexagesimo primo, anno Alberti Frisingensis Episcopi tertio, praesente

 

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1) Th. Bitterauf: Die Traditionen des Hochstifts Freising. Bd. II. S. 391.

2) M. G. SS. XXIV. S. 323: „Turrim et murum extrumum qui nondum corruerat lignorium edificio, mumium scissuras novo cemento et lapidibus compegit.“

3) A. Goldschmidt: Die romanische Bauornamentik in Sachsen (Monatshefte f. Kunstwissenschaft, 1910.)

 

 

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Eberhardo Salisburgensi Archiepiscopo, translatum est corpus Sancti Nonnosi confessoris post incendium in hanc criptam.

 

Demnach wäre die Krypta, die obendrein durch einen Blitzschlag im Jahre 1159 geschädigt wurde, und das Portal im Laufe von drei Jahren fertig gewesen: eine sehr kurze Bauzeit, selbst wenn man mit dem Neubau im Westen und Osten gleichzeitig begann.

 

Gegen so frühe Ansetzung erregt der fortgeschrittene Portaltypus Bedenken. B. Meier datiert die frühesten sächsischen Säulenportale um 1180 1) und selbst wenn Paulinzella schon um 1160 anzusetzen ist‚ 2) so kann man das gewißlich entwickeltere Freisinger Portal nicht ebenso früh datieren. Die Entwicklung in Bayern geht der Entwicklung in Sachsen sicher nicht voraus.

 

Walderbach, das formal von Freising abhängig ist, war für regulierte Chorherren gestiftet und wurde 1143 mit Cisterzienser Mönchen besetzt. 3) Der Zusammenhang seines Portals mit dem Freisinger Dom würde für eine Entstehungszeit um 1180 sprechen. In dieselbe Zeit gehört der Schmuck an der Apsis. Später - Dehio meint um 1200 4) - ist dann die Kirche mit ihren fortgeschrittenen Wölbungen entstanden. Hager 5) nimmt an, Walderbach sei um 1170 errichtet; er gewinnt diesen Termin aus der Vergleichung der Wölbungstechnik mit der Westempore von St. Jakob in Regensburg, die fortgeschrittener sei. Doch auch St. Jakob ist erst um 1190 vollendet und steht in gar keinem Zusammenhang mit Walderbach. Zu der Ansetzung des Portals in die achtziger Jahre stimmt auch Hemmerles Annahme, daß die Kirche von Bergen ebenfalls von Freising abhängig, unter Bischof Otto, der von 1182 bis 1195 regierte, entstanden ist. 5) -

 

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1) B. Meier: Die romanischen Portale zwischen Weser und Elbe. Zeitschrift der Geschichte der Architektur 1911. Beiheft 6.

2) Hans Christ: ebenda 1913.

3) F. A. Oefele: Rerum boicarum scriptores II, 503: Anonymi Farrago Historia Rerum Ratisponensium.

4) Dehio: Handbuch d. Kunstdenkmale Bd. III.

5) Kunstdenkmale des Königreichs Bayern: Oberpfalz und Regensburg Bez. Roding.

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Erscheint nun die Festsetzung der bayerischen Bauten in das letzte Drittel des XII. Jahrhunderts gesichert, so ist nicht zu begreifen, wie die italienischen Bauten, von denen sie abhängen, schon zu Beginn des Jahrhunderts entstanden sein können: der Hof von S. Ambrogio, meist um 1120 angesetzt, sechzig Jahre vor Straubing, Ferrara-Verona fast ebenso lange vor Regensburg und immer noch durch vierzig Jahre von Freising getrennt. Die Frage ist zu lösen, wenn man beweisen könnte, daß die italienischen Bauten wesentlich später anzusetzen sind, als meist angenommen wird. - Über S. Ambrogio stehen genaue Untersuchungen noch aus. Daß die Ferrareser Portale und das Domportal in Verona nicht vor 1150 entstanden sind, kann der Ferrareser Portalinschrift zum Trotz bewiesen werden. Noch später wird Piacenza anzusetzen sein.

 

tl_files/Fotos/Anna-Landsberg/Piacenza-Duomo-di-Santa-Maria-Assunta-e-Santa-Giustina-facciata-IMG-5490.jpg

 

So wird der zeitliche Abstand zwischen Regensburg und den Bauten der Nicolaus-Wiligelmus-Schule auf ein normales Maß, auf etwa zwanzig Jahre reduziert. Der Abstand von S. Ambrogio von Straubing-Altenstadt bleibt auch dann noch erstaunlich groß, wenn, wie noch unveröffentlichte Forschungen ergeben haben sollen, der Vorhof erst um die Jahrhundertmitte entstanden ist. Daß der Dekorationsstil sich dreißig Jahre auf gleicher Stufe gehalten habe ist um so weniger wahrscheinlich, als auch in Straubing-Altenstadt italienische Bauhandwerker tätig waren. Bis jetzt ist nicht abzusehen, wie diese Frage sich lösen läßt.

 

 

 

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Zusammenfassung.

 

Ordnet man die erwähnten Bauten nach der Übereinstimmung ihrer Ornamente, so ergeben sich in schematischer Darstellung folgende Gruppen:

 

I. Freising.

II. Regensburg, St. Jakob.

a) der ältere Stil (Kirche und Portal.)

b) der jüngere Stil. (Südportal und Kreuzgang.)

III. Straubing.

Gruppe I umfaßt:

1. die Krypta rund das Portal in Freising,

2. das Portal und die Apsis der Kirche von Walderbach,

3. das Portal in Bergen.

Gruppe IIa:

1. Isen

2. Nürnberg, Burgkapelle.

3. Biburg

Gruppe IIb:

1. das Kreuzgangsportal von St. Emmeram.

Gruppe IIa und b:

1. Moosburg

2. Niedernburg bei Passau.

3. Mallersdorf.

4. die Galluskapelle.

5. Salzburger Hof.

Gruppe III:

1. die Kirche in Altenstadt.

2. Aiterhofen?

 

 

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IV. Zusammenströmen verschiedener Einflüsse.

 

Gruppe I mit Einflüssen von Schwaben her:

1. Ainau.

2. Tolbath.

3. Münchsmünster.

 

Gruppe I, IV und IIa:

Weissendorf.

 

Gruppe II und III:

Windberg.

 

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Seite

 

A. Freising

a) Portal. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

b) Krypta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

A1: Die abhängigen Bauten

a) Walderbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

b) Bergen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

B. Die Schottenkirche in Regensburg . . 27

B1. Die abhängigen Bauten

a)Isen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

b) Die Burgkapelle in Nürnberg und das Bamberger Karmeliter-Portal

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

c) Die Kirchen im Donautal

I. Biburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

II. 1) Tolbath . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

2) Ainau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

3) Weissendorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4) Münchsmünster . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

d) Einzelne Werke romanischer Plastik in Regensburg . . . .72

Anhang: Bauwerke ohne Beziehung zu Regensburg

a) Im Donautal: Gögging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

b) In Regensburg: St. Emmeram und Niedermünster . . . . . . 74

C. St. Peter in Straubing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75

C1. Die abhängigen Bauten

a) Die Spitalkirche in Straubing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

b) St. Michael in Altenstadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

c) Aiterhofen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

d) Windberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

D. Der Kreuzgang der Schottenkirche . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

D1. Die abhängigen Bauten

a) Moosburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

b) Niedernburg in Passau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

c) Mallersdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

d) Galluskapelle und Salzburger Hof in Regensburg . 103

Die zeitliche Ansetzung der Bauten Südbayerns . . . . 106

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

 

 

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Lebenslauf.

 

Ich, Anna Landsberg, evangelischer Konfession, bin geboren in Breslau den 30. Juli 1883 als Tochter des Stadtrats Ludwig Landsberg und seiner Frau Helene, geb. Stenzel. Ich bestand im

Jahre 1907 die Reifeprüfung am Realgymnasium zum Heiligen Geist in Breslau, studierte Kunstgeschichte in München, Berlin, Breslau, Halle und Freiburg. Ich hörte Vorlesungen zumeist bei den Herren Professoren Goldschmidt, Vöge,Voll‚ Förster, Robert, Thiersch und Hönigswald. promovierte im März 1916 an der Universität Frankfurt a. M.

 

Für die Förderung bei meiner Arbeit sage ich vor allem Herrn Geheimrat Kautzsch und meinen Lehrern Herrn Geheimrat Goldschmidt und Herrn Professor Vöge herzlichen Dank.

 

Herrn Dr. Werner Noack, dem ich die Anregung zu dieser Arbeit und stetige Förderung verdanke, und allen anderen Kollegen, die mir mit ihrem Rat zur Seite standen, spreche ich auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus.

 

 

 Quelle:

Anna Landsberg: Die Romanische Bau-Ornamentik in Südbayern. Dissertation München 1917. K. Hof- und Universitätsdruckerei Dr. C. Wolf  Sohn, München

Hinweis: Die eingefügten Fotos und Zeichnungen sind nicht Bestandteil dieser Dissertation. Sie entstammen Studienreisen von Otto Kruggel. Die Zeichnungen wurden der Arbeit von Jan Fastenau über Romanik in Schwaben entnommen.